19.03.2019, 15:43 Uhr

Forscher entdecken neuen Biomasse-Reaktionsmechanismus


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Münster - Die Biomasse ist eine Alternative zur Nutzung fossiler Quellen wie Kohle oder Erdöl. Forscher der Universität Münster haben jetzt einen neuen Reaktionsmechanismus entdeckt, bei dem die Aufspaltung der Cellulose deutlich schneller verläuft als bisher bekannt.

Will man Biomasse für die Herstellung von Kraftstoffen und Grundchemikalien nutzen, dann führt kein Weg an dem Hauptbestandteil vorbei, der Cellulose. Für eine effiziente Nutzung müssen die langkettigen Kohlenstoffverbindungen aufgebrochen werden.

Mechano-kataytische Reaktion beschleunigt Umwandlung von Cellulose

Wissenschaftlern der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU) um Dr. Saeed Amirjalayer und Prof. Dr. Harald Fuchs und der Ruhr-Universität Bochum um Prof. Dr. Dominik Marx ist es nun gelungen, einen neuen Reaktionsmechanismus aufzuzeigen, mit dem Cellulose durch den Einsatz von mechanischer Kraft effizient umgewandelt werden kann. Diese sogenannte mechano-katalytische Reaktion könnte dazu führen, ein umweltfreundliches und kostengünstiges Verfahren für die Umwandlung von Biomasse zu etablieren. Die Studie, die die Deutsche Forschungsgemeinschaft und der Exzellenzcluster RESOLV der Ruhr-Universität Bochum unterstützt haben, ist in der Fachzeitschrift „Angewandte Chemie“ erschienen.

Der Hydrolyse-Reaktion Schritt für Schritt auf der Spur

Bei der Hydrolyse-Reaktion wird Cellulose aufgespalten. Es verbleiben einzelne molekulare Bausteine, die die eigentliche Basis bilden, um Treibstoffe oder chemische Grundstoffe herzustellen. Auf der Suche nach Möglichkeiten, um die Hydrolyse-Reaktion effizienter zu machen, fanden Forscher bereits in früheren Studien experimentelle Hinweise darauf, dass mechanische Kräfte den Prozess der Umwandlung beeinflussen können. Bisher war es noch nicht gelungen, auf atomarer Ebene zu zeigen, wie genau dieser Einfluss während der einzelnen Reaktionsschritte aussieht. In der nun veröffentlichen Arbeit zeigen die Wissenschaftler, dass der Einsatz von mechanischer Kraft auf die Cellulosemoleküle oberhalb einer Grenze einen signifikanten Einfluss auf die Reaktion hat.

Nanoforscher: Drastische Beschleunigung des Hydrolyse-Verfahrens durch mechanische Kräfte

Die Nanowissenschaftler führten atomistische Rechnungen durch, die es ermöglichen, die einzelnen Schritte der Hydrolyse-Reaktion im Detail zu verfolgen und gleichzeitig eine Zugkraft auf die Molekülstruktur auszuüben. Die Wissenschaftler erstellten sogenannte Energieprofile, die jeweils den Energieverlauf entlang des Reaktionswegs mit und ohne den Einfluss der mechanischen Kräfte darstellten. Es zeigte sich: Übten die Forscher mechanische Kraft auf das molekulare Gerüst der Cellulose aus, veränderte das stark die Hydrolyse-Reaktion. Zum einen war die benötigte Energie um ein Vielfaches geringer. Zum anderen machte eine erhöhte Zugkraft zwei von ursprünglich drei Reaktionsschritten sogar überflüssig. Die Wissenschaftler erhoffen sich, dass diese Arbeit nicht nur ein effizientes und umweltfreundliches Verfahren für die Umwandlung von Cellulose ermöglicht, sondern auch dazu führen kann, neuartige mechano-responsive Verbindungen zu entwickeln, zum Beispiel Kunststoffe. Diese könnten dann durch mechanische Kräfte nach ihrer Anwendung recycelt werden.

Quelle: IWR Online

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