05.10.2012, 08:13 Uhr

EU-Stresstest zu Atomkraftwerken: Ziemlich sicher

Brüssel - Die Sicherheitsstandards der Kernkraftwerke in Europa sind im Allgemeinen hoch, doch werden weitere Verbesserungen bei den sicherheitstechnischen Merkmalen nahezu aller europäischen Kernkraftwerke empfohlen. Die nationalen Sicherheitsbehörden sind bei den Untersuchungen zu dem Schluss gekommen, dass nichts für eine Abschaltung von Kernkraftwerken spreche. Dies ist die zentrale Aussage einer Mitteilung der europäischen Kommission über die Ergebnisse der Stresstests kerntechnischer Anlagen in Europa.

Oettinger: Situation zufriedenstellend

Diese Tests haben ergeben, dass nicht alle von der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) empfohlenen Sicherheitsstandards und nicht alle international als beste Praxis anerkannte Methoden in den Mitgliedstaaten angewandt werden. Die Kommission wird die Umsetzung der Empfehlungen intensiv verfolgen und gleichzeitig Rechtsvorschriften vorschlagen, um die nukleare Sicherheit in Europa weiter zu erhöhen. Energiekommissar Günther Oettinger erklärte dazu: "Die Stresstests haben gezeigt, wo unsere Stärken liegen und was wir noch verbessern müssen. Die Tests waren gründlich und erfolgreich. Generell ist die Situation zufrieden stellend, zufrieden geben sollten wir uns damit aber nicht. Alle beteiligten Behörden müssen darauf hinwirken, dass in jedem einzelnen Kernkraftwerk in Europa die höchsten sicherheitstechnischen Standards eingehalten werden. Um der Sicherheit unserer Bürger willen."

Bedarf an mehr Sicherheit bei Erdbeben und Überflutungen

Die aktuellen Standards für die Risikoeinschätzung werden bei 54 (für die Erdbebengefahr) bzw. bei 62 (für die Überflutungsgefahr) von den insgesamt 145 geprüften Reaktoren angewandt. Bei der Risikoberechnung sollte ein Zeitraum von 10 000 Jahren anstatt der zuweilen verwendeten deutlich kürzeren Zeiträume zugrunde gelegt werden.In jedem Kernkraftwerk sollten seismische Messinstrumente vorhanden sein, um eventuelle Erdbeben zu messen und anzukündigen. Diese Instrumente sollten

bei 121 Reaktoren installiert bzw. nachgerüstet werden.

Abluftsysteme und Ausrüstung bei schweren Unfällen

Sicherheitsumschließung vorhanden sein, um bei einem Unfall den Druck im Reaktorbehälter gefahrlos ablassen zu können. 32 Reaktoren sind noch nicht mit diesen Systemen ausgestattet.

Die Ausrüstung zur Bekämpfung schwerer Unfälle sollte an Orten gelagert werden, die selbst bei einer weitreichenden Verwüstung unversehrt bleiben und von denen aus sie rasch geholt werden kann. Dies ist bei 81 Reaktoren in der EU nicht der Fall. Es sollte für den Fall, dass der Hauptkontrollraum nicht mehr betreten werden kann, ein Ersatzkontrollraum vorhanden sein. Solche Räume gibt es bei 24 Reaktoren noch nicht.

Aktionspläne bis zum Jahresende

Die Aufsichtsbehörden der Mitgliedstaaten stellen nationale Aktionspläne mit Zeitplänen für die Umsetzung auf, die zum Jahresende 2012 veröffentlicht werden. Anfang 2013 werden die Aktionspläne gegenseitigen Überprüfungen (Peer Reviews) unterzogen, um festzustellen, ob die sich aus den Stresstests ergebenden Empfehlungen in ganz Europa auf einheitliche und transparente Weise umgesetzt werden. Die Kommission beabsichtige, in umfassender Abstimmung mit den nationalen Aufsichtsbehörden im Juni 2014 über die Umsetzung der Stresstestempfehlungen Bericht zu erstatten.


© IWR, 2012