16.04.2013, 14:43 Uhr

EU-Parlament löst Preissturz bei CO2-Zertifikaten aus

Straßburg, Frankreich – Die Mitglieder des EU-Parlaments haben heute mit einer knappen Mehrheit gegen eine Verknappung der CO2-Zertifikate gestimmt. Damit wird der Antrag zurück an den Umweltausschuss des EU-Parlaments gegeben und neue Verhandlungen mit den Mitgliedsstaaten müssen aufgenommen werden. An der Börse ist der CO2-Zertifikatepreis daraufhin um rund 35 Prozent eingebrochen. 334 EU-Abgeordnete haben den Antrag abgelehnt, der eine solche Verknappung der Zertifikate, auch Backloading genannt, befürwortet. 315 Parlamentarier stimmten für das Backloading und 63 enthielten sich. In einer Erklärung des Parlaments heißt es, dass die Mehrheit das Gefühl habe, dass durch die beantragte Verknappung das Vertrauen in das europäische Emissionshandels-System schwinden werde. Um wieder Preise für die Verschmutzungsrechte zu erzielen, die einen wirksamen Klimaschutz versprechen, hatte der Umweltausschuss einen Vorschlag unterstützt, nach dem etwa 900 Millionen CO2-Zertifikate erst später als ursprünglich geplant auf den Markt gegeben werden sollten. Gespalten wie das EU-Parlament war zu dieser Frage auch die deutsche Regierung. Während sich Umweltminister Peter Altmaier (CDU) dafür aussprach, lehnte Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) diese Option ab.

CO2-Zertifikate-Preis rauscht um 35 Prozent in den Keller

An der Börse ist der Preis für CO2-Zertifikate nach der Entscheidung im heutigen Handel extrem eingebrochen. Aktuell notiert er am Sekundärmarkt, an dem die bereits ausgegebenen Zertifikate gehandelt werden, bei nur noch 3,10 Euro je Tonne CO2. Das ist gegenüber dem Vortages-Schlusskurs (4,73 Euro/t CO2) ein Absturz um knapp 35 Prozent und bedeutet einen neuen Tiefststand. Die Preise für die Zertifikate pro Tonne emittiertes CO2 liegen bereits seit Jahren deutlich unter den ursprünglich erwarteten 17 bis 20 Euro. Am Sekundärmarkt für Zertifikate der Handelsperiode 2013 bis 2020 ist bislang noch nie ein Preis von mehr als 10 Euro erzielt worden. Grund dafür ist eine Überausstattung mit Emissionszertifikaten, die zum einen durch wenig ambitionierte EU-Emissionsgrenzen im Krisenjahr 2009 sowie durch eine Schwemme von Zertifikaten aus Drittstaaten erklären lässt. Aufgrund der geringen Preise lohnt sich auch der Betrieb klimaschädlicher Kohlekraftwerke. Hocheffiziente Gaskraftwerke stehen in Folge dessen zunehmend still. Auch die Strompreise fallen am Terminmarkt. Aktuell kostet Strom für das Lieferjahr 2014 weniger als vier Cent je Kilowattstunde.

Energiewirtschaft sieht verpasste Chance

Die Energiewirtschaft in Deutschland bedauert die Ablehnung des Parlaments zum Backloading. Hildegard Müller, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), erklärte, dass das europäische Parlament mit dem Beschluss die Chance verpasst habe, das Emissionshandelssystem zu stärken. Müller weiter: "Die einmalige Verknappung dieser Emissionsberechtigungen hätte dafür sorgen können, dass sich der Überschuss an CO2-Zertifikaten verringert und das Preisniveau auf einem - wenn auch niedrigem Niveau - stabilisiert worden wäre. Darüber hinaus hätte es sich auch nicht um einen generellen Freibrief für weitere Eingriffe in den CO2-Markt gehandelt. Nach den Vorstellungen des Parlaments war geplant, nur einmalig in den Markt einzugreifen, um die Planungssicherheit der Unternehmen nicht zu gefährden. Der BDEW hatte sich für ein solches einmaliges "Backloading" ausgesprochen. Nach dieser negativen Entscheidung zu "Backloading" ist es aus Sicht des BDEW nun umso wichtiger, dass sich die EU auf eine grundlegende Reform des CO2-Zertifikate-Handels in Europa verständigt."

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