28.08.2013, 08:19 Uhr

Angst vor Anbieterwechsel: Verbraucher nehmen höhere Stromrechnung in Kauf

Berlin – Viele deutsche Verbraucher scheuen den Wechsel zu einem günstigeren Stromanbieter und bleiben oft in der relativ teuren Grundversorgung. Dabei gibt es genug konkurrierende Tarife, die um ein vielfaches günstiger sind.

Ist es Bequemlichkeit oder eher das Festhalten an Gewohnheiten, warum viele Verbraucher in Deutschland unnötig zu viel für ihren Strom berappen? Umfragen des Verbraucherzentralen-Bundesverbandes (VZBV) zufolge, beziehen noch knapp 44 Prozent der Privathaushalte ihren Strom aus der Grundversorgung, obwohl es zahlreiche günstige Alternativen am Markt gibt. Dabei hätten laut VZBV die Konsumenten die größte Angst vor einem Ausfall der Stromversorgung und fehlendes Vertrauen in den Markt, was wohl auch den Pleiten einiger Billigstromanbieter wie Flexstrom geschuldet sein dürfte. "Unsere Umfragen haben ergeben, dass viele Verbraucher kein Vertrauen in den Markt haben", sagte sagte der VZBV-Energieexperte, Holger Krawinkel, jetzt der "Wirtschaftswoche".

Stadtwerke fangen Kunden im Notfall auf

Die Grundversorgung stellt ein Muss der Versorgung der Bevölkerung mit bestimmten Dienstleistungen und Infrastrukturen dar, die auch bereitgestellt werden müssen, auch wenn sich dies wirtschaftlich nicht lohnt. Die Grundversorger mit Strom sind in der Regel die Stadtwerke. Aus der Grundversorgung heraus können Stromkunden stets in andere Tarife und zu anderen Stromanbietern wechseln, wobei gegen ein Entgelt weiterhin das gleiche Stromnetz benutzt wird wie zuvor. Im Notfall fallen Stromkunden automatisch in die Grundversorgung zurück, was somit auf jeden Fall die Stromversorgung sicherstellt, wie Kunden der insolventen Stromanbieter Flextrom oder Teldafax, aber auch Kunden die aufgrund zu geringer Bonität keinen anderen Vertrag bekommen, erleben durften. Hildegard Müller, Chefin des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft, vermutet sogar einen „bewussten Verzicht“ auf Wechsel.

Die Grundversorgung ist erheblich teurer – und lukrativer

Das Problem bei der Grundversorgung ist, dass sie um einiges teurer ist als andere Sondertarife, was für Stadtwerke und andere regionale Grundversorger ein lukratives Geschäft darstellt. Laut Informationen der „Wirtschaftswoche“ hat die Berliner Energie-Beratungsgesellschaft LBD errechnet, dass die Marge der Grundversorgung für einen Durchschnittshaushalt im Juni 2013 bei etwa 128 Euro im Jahr lag und damit 19 Euro höher war als zeitgleich 2012.

Greenpeace forderte kürzlich, dass die Kartellbehörden untersuchen, ob Energiekonzerne oder Stadtwerke mit ihren Grundversorgungstarifen eine marktbeherrschende Stellung missbrauchen. Recherchen des Beratungsunternehmens Energy Brainpool legen laut Greenpeace den Schluss nahe, dass die Stromanbieter in den Grundversorgungstarifen ihre Gewinnmargen seit dem Jahr 2009 um mehr als 70 Prozent steigern konnten. In den weiteren Wettbewerbstarifen seien die Gewinne gesunken.

Wettbewerb funktioniert nicht

Es wird folgerichtig damit argumentiert, dass Stadtwerke und andere Grundversorger den Strom günstig an der Strombörse einkaufen, diesen aber trotzdem teurer an die Verbraucher weitergeben. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass zum einen die Versorger selbst bestimmen können, wie viel sie für die Versorgung kassieren und zum anderen ist es die bequeme Situation aufgrund der Vielzahl der wechselscheuen oder nicht wechselfähigen Kunden, wodurch die Grundversorger stets einen gesunden Kundenstamm aufweisen können.

Der Verband Kommunaler Unternehmen (VKU) führte laut einem Bericht der „Welt“ gleich mehrere Gründe für die im Vergleich höheren Kosten an. Neben dem „deutlich höheren“ Verwaltungsaufwand sei es die zweiwöchige Kündigungsfrist, die ein planerisches Risiko darstelle. Bei den Wettbewerbern müssten sich die Kunden deutlich länger binden.

Sondertarife und Anbieterwechsel bieten neben Kosten- auch weitere Vorteile

Anders sieht es da bei den Anbietern der Sondertarife aus, die im Wettbewerb zu anderen Anbietern stehen und um Neukunden werben müssen. Neben den günstigeren Tarifen bieten diese ihren Kunden noch weitere Vorteile wie bspw. die Wahl zwischen dem Bezug von Öko- oder konventionellem Strom, aber auch die Wahl zwischen langen oder kurzen Vertragslaufzeiten mit und ohne Preisgarantie. Das Verbraucherportal Verivox, mit dessen Hilfe ein Strompreisvergleich verschiedener Anbieter mühelos möglich ist, spricht davon, dass sich durch einen Wechsel jährlich mehrere Hundert Euro einsparen lassen und dieser an sich auch einfach und unkompliziert erfolgen kann.

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