27.11.2013, 16:39 Uhr

Atomausstieg: Wer zahlt die Zeche?

Münster – Der Atomausstieg wird teuer. Die Kosten für den Rückbau der Atommeiler sowie die Endlagerung des Atommülls werden Berechnungen zufolge in die Milliarden gehen. Daher haben die vier großen Energiekonzerne bereits Rückstellungen in Höhe von ingesamt knapp 40 Milliarden Euro gebildet.

Obgleich die Atomkonzerne zur Übernahme der Kosten gesetzlich verpflichtet sind, prüft die künftige Bundesregierung die Möglichkeit, einen öffentlich-rechtlichen Fonds zur Deckung der Kosten einzurichten. Grund: Die Rückstellungen der Konzerne gelten als nicht insolvenzsicher. Das Ausfallrisiko würde im Fall der Fälle der Bund tragen müssen.

Im Koalitionsvertrag, der am Mittwoch veröffentlicht wurde, erwarten CDU, CSU und SPD von den Atomkonzernen ihre Mitwirkung bei der Energiewende und beim geordneten Ausstieg aus der Atomenergie. Ziel sei es, den sicheren Restbetrieb zu gewährleisten und auch die Entsorgung finanziell abzusichern. Über die Realisierung der rechtlichen Verpflichtungen der Energieversorgungsunternehmungen werde die Bundesregierung mit diesen Gespräche führen, heißt es im Vertrag.

Politik hält Rückstellungen der Konzerne für nicht insolvenzsicher

Bei einer Pleite der Stromkonzerne sind die Rückstellungen allerdings nicht mehr verfügbar - dann würden Bund und damit Steuerzahler auf den Kosten sitzenbleiben. Durch eine Verpflichtung, in den Fonds einzuzahlen, erhofft sich die Politik eine sichere Einlage, die auch bei Zahlungsunfähigkeit der Konzerne zur Verfügung stünde. Durch den Atomausstieg stehen die Konzerne mittlerweile unter erheblichem finanziellem Druck. Der Begriff Rückstellungen kommt aus dem bestriebswirtschaftlichen Rechnungswesen und bezeichnet Passivpositionen in der Bilanz, die hinsichtlich ihres Bestehens oder der Höhe ungewiss sind, aber mit hinreichend großer Wahrscheinlichkeit erwartet werden. Abzugrenzen sind die Rückstellungen von den Rücklagen, die zum Eigenkapital zählen. Allerdings bedeutet das nicht, dass die Atomkonzerne von heute auf morgen auf diese Rückstellungen zurückgreifen können. Diese Mittel sind i.d.R. investiert und stehen nicht als liquide Mittel zur Verfügung. Wie riskant die Investitionen sind, ist dabei unklar.

E.ON hat bislang die höchsten Rückstellungen gebildet

Die Rückstellungen für den Rückbau der Atommeiler und die Endlagerung des Atommülls werden von den Konzernen bilanziell ausgewiesen. Die Rückstellungen der vier Konzerne E.ON, EnBW, RWE und Vattenfall belaufen sich aktuell auf 39,21 Milliarden Euro laut der Konzernberichte für das Jahr 2012. Diese unterteilen sich nach einer IWR-Online Umfrage folgendermaßen:

EnBW: 6,85 Mrd. Euro

E.ON: 18,56 Mrd. Euro

RWE: 10,20 Mrd. Euro

Vattenfall: 3,60 Mrd. Euro

Atomkonzerne werden bisher schon per Gesetz zur Zahlung verpflichtet

Nach dem Atomgesetz sind Kernkraftbetreiber entsprechend dem Verursacherprinzip dazu verpflichtet, die Kosten für die Endlagerung radioaktiver Abfälle zu tragen. Dies beinhaltet auch die Zwischenlagerung bis zur Ablieferung an ein Endlager. Zusätzlich verlangen die geltenden Bilanzierungsregeln, Rückstellungen für in der Zukunft liegende ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Dies gilt auch für die Kosten der Stilllegung der Kernkraftwerke.

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