17.03.2014, 10:04 Uhr

Klimawandel bedroht UNESCO Weltkulturerbe

Potsdam – Der Klimawandel ist nicht nur eine Gefahr für die Bevölkerung in vielen Siedlungsgebieten rund um den Globus. Auch zahlreiche Stätten des UNESCO Weltkulturerbes wie die Freiheitsstatue in New York, der Tower of London bis hin zum Opernhaus in Sydney sind vom Anstieg des Meeresspiegels betroffen.

Wie sich diese Gefahr entwickelt und auswirkt, zeigt eine neue Studie von Wissenschaftlern der Universität Innsbruck und vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK).

Erwarteter Meeresspiegelanstieg in den nächsten 2.000 Jahren

Standen bisher vor allem die vom Klimawandel verursachten Veränderungen der Natur und die Folgen z.B. in der Landwirtschaft im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses, so haben sich Ben Marzeion (Uni Innsbruck) und Anders Levermann (PIK) in der Fachzeitschrift Environmental Research Letters erstmals auf das kulturelle Erbe der Menschheit konzentriert.

„Die physikalischen Prozesse, die den weltweiten Anstieg der Weltmeere erzeugen, sind langsam – aber werden noch sehr lange anhalten“, sagt der Klimaforscher Ben Marzeion von der Uni Innsbruck. „Davon wird auch das Weltkulturerbe betroffen sein.“ Für einen Zeitraum von 2.000 Jahren haben die Wissenschaftler den zu erwartenden Meeresspiegelanstieg am Computer modelliert. Das Ergebnis sollte zeigen, in welchen Regionen UNESCO Weltkulturstätten in den kommenden Jahrhunderten gefährdet sind.

136 von 700 gelisteten Kulturdenkmälern langfristig betroffen

Insgesamt umfasst die UNESCO-Liste des Welterbes über 700 Kulturdenkmäler. Wenn die globale Durchschnittstemperatur auf der Erde um ein Grad Celsius zunimmt, dann sind nach den Ergebnissen der Studie weltweit bereits 40 Kulturstätten unmittelbar vom Wasser bedroht. Bei einem Temperatur-Anstieg um drei Grad wäre rund ein Fünftel des Weltkulturerbes langfristig gefährdet. „136 Standorte würden dann auf lange Sicht unter dem Meeresspiegel liegen“, präzisiert Marzeion. „Dabei ist noch gar nicht berücksichtigt, dass Gezeiten und Sturmfluten schon sehr viel früher Folgen für diese Kulturstätten haben könnten.“ Zu den betroffenen Denkmälern und Bauwerken des Weltkulturerbes gehören etwa historische Stadtzentren in Brügge, Neapel, Istanbul und St. Petersburg sowie Stätten in Indien und China.

Regional stark unterschiedlicher Anstieg der Meere

Um zuverlässige Prognosen erstellen zu können, berücksichtigen die Klimaforscher auch den regional unterschiedlichen Anstieg der Meere. „Wenn große Eismassen abschmelzen und das Wasser sich über die Meere verteilt, beeinflusst das auch das Gravitationsfeld der Erde“, erklärt Levermann. „Regional kann der Meeresspiegelanstieg deshalb sehr unterschiedlich ausfallen.“ Die Wissenschaftler haben den zukünftigen Anstieg des Meeresspiegels für alle Weltregionen berechnet und die Prognosen mit den heutigen küstennahen Siedlungsgebieten und den Standorten des Weltkulturerbes verglichen. „Unsere Analyse zeigt, wie ernstzunehmend die langfristigen Folgen für unser kulturelles Erbe sind, wenn wir den Klimawandel nicht begrenzen“, so Levermann. Die globale Durchschnittstemperatur hätte sich bereits um 0,8 Grad gegenüber vorindustrieller Zeit erwärmt. Wenn die Treibhausgasemissionen weiter ansteigen wie bisher, dann müsse man bis zum Ende des Jahrhunderts mit einer globalen Erwärmung um bis zu fünf Grad rechnen, so der PIK-Wissenschaftler.

Archäologen der Zukunft werden unter Wasser suchen müssen

Neben den historischen Kulturdenkmälern wären auch die heutigen Siedlungsgebiete von Millionen von Menschen an den Küsten betroffen. Vor allem in Südostasien, wo viele Menschen an den Küsten leben, werde der Meeresspiegelanstieg sich besonders stark auswirken. Aber auch die Vereinigten Staaten, etwa der Bundesstaat Florida, gehörten zu den betroffenen Gebieten. „Diese langfristigen und gewaltigen Veränderungen an den Küsten werden auch das kulturelle Gefüge entscheidend verändern“, sagt Marzeion. „Wenn wir den Klimawandel nicht begrenzen, werden die Archäologen der Zukunft einen großen Teil unseres Kulturerbes in den Meeren suchen müssen.“

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