26.05.2014, 10:59 Uhr

AKW Grohnde leidet an Altersschwäche: sechs gebrochene Federn entdeckt

Münster – Bei der Revision des Atomkraftwerks (AKW) Grohnde in Niedersachsen bei Hameln treten immer mehr Defekte zutage. Zunächst wurde ein Generatorschaden festgestellt, dann ein Fremdkörper im nuklearen Teil des Reaktors identifiziert und nun werden auch noch kaputte Federn gemeldet. Landesumweltminister Stefan Wenzel (Grüne) ist in Alarmbereitschaft.

Laut Wenzel handelt es sich dabei nicht um einen Einzelfehler. Bislang sind insgesamt sechs defekte Federn gefunden worden. Diese Federn sind Teil der sogenannten Drosselkörper, die für einen gleichmäßigen Kühlkreislauf der Brennelemente sorgen sollen. Während Wenzel laut NDR erklärt hat, dass es sich um ein Teil handelt, das nicht brechen dürfe, heißt es beim Betreiber E.ON, dass die gebrochenen Druckfedern keine Auswirkung auf die Durchströmung des Reaktorkerns und damit auf die Kühlung des Reaktors hätten.

Bericht des Betreibers angefordert

Wenzels Ministerium hat inzwischen einen Fragenkatalog an den Betreiber geschickt mit Fragen zum Befund, zu Auswirkungen von Federbrüchen, zur Ursachenermittlung, zur Übertragbarkeit auf andere vergleichbare Bauteile und nicht zuletzt zur sicherheitstechnischen Bewertung. Ein Bericht des Betreibers soll nun erfolgen. Die Prüfung der Federn war am vergangenen Donnerstag (22.05.2014) noch nicht komplett abgeschlossen. E.ON hatte erklärt, dass bisher 105 Drosselkörper inspiziert worden seien. An sechs von insgesamt 132 Drosselkörpern wurden Befunde an den Druckfedern festgestellt.

Abschaltzeit verlängert sich

Das AKW in Grohnde ist im Jahr 1985 ans Netz gegangen und gehört zu gut 83 Prozent E.ON Kernkraft und zu knapp 17 Prozent den Stadtwerken Bielefeld. Es verfügt über eine Nettoleistung von 1.360 Megawatt (MW). Die Revision war am 26. April 2014 gestartet und eigentlich sollte das AKW bereits am 11. Mai wieder ans Netz gegangen sein. Doch die festgestellten Unregelmäßigkeiten und deren Behebung verlängern den Abschaltzeitraum erheblich. Kraftwerksleiter Walter Böwing: „Nach derzeitigem Stand gehen wir davon aus, dass sämtliche Arbeiten in der bisher veranschlagten Revisionsdauer abgearbeitet werden können. Demnach ist geplant, die Kraftwerksrevision am 20. Juni zu beenden.“

Ersatz des weltweiten AKW-Parks geht in die Billionen

Das AKW in Grohnde ist seit 29 Jahren am Netz. Der Betrieb von AKWs ist auf einen Zeitraum von rund 40 Jahren veranschlagt. Für diese Betriebszeit sind die AKW ohne Sicherheitsabstriche ausgelegt. Zwar können Komponenten teilweise länger eingesetzt werden, aber die physikalische Alterung (Werkstoffeigenschaften) von Großkomponenten stellt ein Risiko dar. Eine vom IWR im Jahr 2012 vorgenommene Analyse der Altersstruktur der weltweiten AKWs hat gezeigt, dass viele Staaten wegen des Erreichens der Altersgrenze schon bald vor großen politischen Herausforderungen stehen. Einer IWR-Hochrechnung zufolge müssen die Staaten bei einem rechtzeitigen Ersatz der Altanlagen durch neue Kernkraftwerke mit Kosten in Höhe von rd. 1,1 Billionen Euro bis 2030 rechnen.

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