26.05.2014, 15:50 Uhr

Weniger Jobs durch erneuerbare Energien – Solarsektor bricht ein

Köln – Der Jobmotor „erneuerbare Energien“ stockt: Im Jahr 2013 haben in Deutschland 371.400 Menschen im Bereich der regenerativen Energien gearbeitet. Das sind etwa sieben Prozent weniger als noch im Vorjahr (2012: 399.800 Beschäftigte). Zu dieser Entwicklung hat insbesondere der Solarsektor beigetragen.

Mehrere Forschungsinstitute haben im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums eine Abschätzung zu den Beschäftigtenzahlen in der Regenerativen Energiewirtschaft in Deutschland abgegeben. Im Solarsektor sprechen die Institute dabei von einem regelrechten Einbruch der Beschäftigtenzahlen. Über eine Zunahme konnte dagegen in der Windenergie berichtet werden. Die Abschätzung wurde vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) gemeinsam mit dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), dem Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW), der Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung (GWS) und der Prognos AG auf Basis einer sogenannten Input-Output-Analyse vorgenommen. Das bedeutet, dass keine Zählung der Arbeitsplätze erfolgt, sondern eine Berechnung auf Basis der Umsätze und der Produktivität.

Zahl der Beschäftigten im PV-Sektor sinkt um 44 Prozent

Obwohl die erneuerbaren Energien 2013 bereits mit über 25 Prozent zum deutschen Stromverbrauch beitragen konnten, sind sowohl die Investitionen in Deutschland als auch die Umsätze der deutschen Unternehmen zum zweiten Mal in Folge rückläufig gewesen. Verantwortlich für diese Entwicklung war im Jahr 2013 vor allem der Rückgang des Photovoltaik-Marktes. In Deutschland wurden Anlagen mit einer Leistung von 3,3 Gigawatt (-57 Prozent) neu errichtet. Im Vergleich zum Vorjahr sind die Investitionen in diesem Bereiche in Summe um 62 Prozent zurückgegangen. "Der Rückgang der Installationen führte dazu, dass insbesondere Dienstleister wie Projektierer, Systemhäuser und Installateure, die den Aufbau der Anlagen übernehmen, Stellen abbauen mussten oder sich gar nicht mehr am Markt halten konnten", beobachtet Marlene O’Sullivan, Autorin der Studie beim DLR-Institut für Technische Thermodynamik. Im Bereich Photovoltaik führte dies zu einem Rückgang der Beschäftigtenzahlen von 100.300 auf 56.000, also um 44 Prozent. Weniger stark ging die Zahl der Arbeitsplätze in den anderen Bereichen der Solarenergie, der Solarthermie und bei den solarthermischen Kraftwerken, zurück.

Windenergie: Beschäftigung erreicht einen neuen Rekord

Die Windenergie hatte hingegen allen Grund zur Zufriedenheit: Der deutsche Markt hat - im Vergleich zur weltweiten Entwicklung - mit einem Zubau von knapp drei Gigawatt an seine besten Jahre anknüpfen können. Gleichzeitig ist es den deutschen Unternehmen gelungen, ihre Exporterfolge aufrechtzuerhalten. Dementsprechend arbeiteten mit insgesamt 137.800 Menschen mehr denn je in diesem Bereich. Die Studie hat neben der Wind- und der Solarenergie auch die Entwicklungen im Bereich Wasserkraft, Geothermie, Biomasse sowie öffentlichen Forschungsaufträge untersucht. Für die meisten dieser weiteren Sparten der erneuerbaren Energien beobachteten die Forscher Schwankungen im einstelligen Prozentbereich. "Interessant ist hierbei, dass die teilweise negative Entwicklung auf dem deutschen Markt in allen betroffenen Sparten durch erhöhte Exportaktivitäten abgemildert werden konnte", erläutert O’Sullivan.

Anlagenbau bleibt größter EE-Arbeitsmarkt

Der größte Teil der 371.400 Personen, die im Jahr 2013 direkt wie indirekt im Bereich der erneuerbaren Energien arbeiteten, ist weiterhin im Anlagenbau für das In- und Ausland beschäftigt (62 Prozent). Mittlerweile arbeiten jedoch bereits 36 Prozent im Anlagenbestand, das heißt sie kümmern sich um den Betrieb und die Wartung von Anlagen sowie um die Brennstoff- und Kraftstoffbereitstellung. Der größte Teil der Arbeitsplätze war 2013 erstmals der Windenergie zuzuordnen. Der Bereich Biomasse hatte den zweiten Rang vor der Solarenergie inne. 70 Prozent der Beschäftigten konnten 2013 auf die Wirkung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) zurückgeführt werden, was auch Exporterfolge der Sektoren mit einschließt, die ohne das EEG nicht entstanden wären.

Kurzfristige Perspektive ist uneinheitlich

Die Aussichten der erneuerbaren Energien-Branche in Deutschland sind in den kommenden Jahren eher schwierig einzuschätzen. "Die anvisierte Revision der Förderung sowie eine mögliche Neugestaltung des Marktes lassen vermuten, dass vorerst kein nennenswertes Beschäftigungswachstum zu beobachten sein wird. In vielen Firmen werden Themen wie die Stärkung der Exportaktivitäten sowie die Entwicklung von neuen Geschäftsmodellen im Vordergrund stehen", blickt O’Sullivan in die Zukunft. Wachstum im Bereich der erneuerbaren Energien erwarten die Forscher in den kommenden Jahren vor allem im Ausland. Dabei nimmt die Relevanz von Regionen außerhalb Europas für die Erneuerbaren Energien ständig zu. In den kommenden Jahren werden insbesondere China, Japan sowie die USA die weltweite Entwicklung anführen. O’Sullivan geht davon aus, dass aber auch neue Zukunftsmärkte in Lateinamerika, Afrika sowie dem nahen Osten besondere Exportmöglichkeiten für die deutsche Industrie bieten werden.

Solarbranche und Opposition rechnen mit weiteren Einschnitten

Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft, befürchtet weitere Stellenstreichungen, in der Solarbranche: „Die Bilanz ist bitter und größtenteils Resultat überzogener Fördereinschnitte in den letzten Jahren. Die Solarjobs werden sich nochmals halbieren, wenn die Politik jetzt nicht das Ruder rumreißt. Nur eine schnelle Rückkehr zu verlässlichen Rahmenbedingungen und ein Verzicht auf die geplante „Sonnensteuer“ kann den derzeit anhaltenden Markteinbruch stoppen.“

Auch Oliver Krischer, Energieexperte von Bündnis 90 / Grünen und Bundestagsabgeordneter, sieht keine rosige Zukunft: „Die Ausbaubremse bei den Erneuerbaren der abgewählten schwarz-gelben Bundesregierung schlägt sich nun auch voll auf den Arbeitsmarkt nieder. Und noch schlimmer: Durch die aktuelle EEG-Reform von Union und SPD wird die innovative und junge Erneuerbaren-Branche weitere Arbeitsplätze verlieren. Noch vor wenigen Jahren war die Erneuerbaren-Branche das Jobwunder Deutschlands. Nun ist von alldem nichts mehr übrig.“ Krischer glaubt, dass durch die geplante EEG-Reform von Schwarz-Rot weitere mittelständische Handwerksbetriebe und innovative Start-up Unternehmen in ihrer Existenz gefährdet sind.

:


© IWR, 2014