02.07.2014, 16:24 Uhr

EEG und Ausschreibungen: Gabriel setzt FDP-Modell um

Münster - Viele Jahre hat die FDP vergeblich versucht, das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) mit den festen Vergütungssätzen abzuschaffen und ein Mengenmodell mit Ausschreibungen einzuführen. Ausgerechnet Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel von der SPD setzt nun diese FDP-Position um, und das soll offenbar schneller geschehen als von vielen erwartet wird.

In einem vom Wirtschaftsministerium (BMWi) veröffentlichten 10-Punkte-Plan sind die Schritte zur Umsetzung der Ausschreibungs-Strategie mit Terminen dargestellt. Danach wird bis zum Jahresende 2014 an einer Verordnung für ein Ausschreibungs-Pilotprojekt gefeilt. Diese Pilotausschreibung soll dann ab Januar 2015 in die Tat umgesetzt werden. Dabei ist ein Wechsel des Förderregimes von Seiten der EU gar nicht zwingend notwendig oder gefordert. Die Richter am Europäischen Gerichtshof (EuGH) haben in ihrem jüngsten Urteil vom 01.07.2014 klargestellt, dass der Umwelt- und Klimaschutz selbst Vorrang vor dem freien Warenverkehr hat und dass jedes EU-Land seine eigenen nationalen Ökostrom-Regelsysteme (das EEG, Grünstrom-Zertifikate, feste Vergütungen, etc.) einsetzen kann. Eine EU-Vorgabe nach einem bestimmten oder einheitlichen Ökostrom-Regelsystem für alle EU-Länder haben die Richter auch nicht gefordert oder angemahnt.

Gabriel mit Vollgas zum Ausschreibungs-Regime

Obwohl offenbar von niemandem in der EU gefordert, will Wirtschaftsminister Gabriel (SPD) das deutsche Ökostrom-Regelsystem EEG ändern, und zwar schnell. Wenn es nach dem Zeitplan des Wirtschaftsministeriums geht, dann läuft bereits ab 2016 der gesamte Ausbau der erneuerbaren Energien im Rahmen von Ausschreibungen nach dem ursprünglichen FDP-Plan. Die Pilotphase soll im Oktober 2015 abgeschlossen sein. In den darauffolgenden zwei Monaten bis zum Jahresende ist bereits ein Erfahrungsbericht zum Pilotprojekt vorgesehen. Dass es sich aber offensichtlich nur um ein Alibi-Pilotprojekt handelt, zeigt der weitere Fahrplan: Bis zur Sommerpause 2016 soll die Politik auf dieser Basis das neue Ausschreibungs-EEG auf den Weg bringen, welches im vierten Quartal 2016 in Kraft treten soll. Das BMWi nennt es das "EEG 3.0": Wörtlich heißt im 10-Punkte-Plan des Ministeriums: "Das EEG 3.0 soll den rechtlichen Rahmen dafür schaffen, ab Ende 2016 die Förderhöhe für erneuerbare Energien bei allen Technologien grundsätzlich durch wettbewerbliche Ausschreibungen zu ermitteln."

Ökostrom Urteil: EuGH-Richter stärken nationale Ökostrom-Regelungen und festigen Vorrang für EE-Ausbau und Klimaschutz

Das jüngste Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu den Ökostrom-Regelungssystemen der EU-Mitgliedsstaaten (Ökostrom-Urteil) spricht jedoch eine andere Sprache: Für die Richter am EuGH hat das im Allgemeininteresse liegende Ziel, die Nutzung erneuerbarer Energiequellen zu unterstützen, um die Umwelt zu schützen und die Klimaänderungen zu bekämpfen, Vorrang vor dem freien Warenverkehr. Gleicheitig stärken die EuGH-Richter mit dem Urteil die eigenständigen nationalen Ökostrom-Regelungen innerhalb der europäischen Staatengemeinschaft.

Dass ein Instrument mit festen Einspeisevergütungen, wie das EEG, erfolgreich ist, wird bei einem Blick auf das Ausbautempo der erneuerbaren Energien deutlich. Nicht ohne Grund wurde dieses Erfolgsmodell nicht nur in der EU häufig kopiert. Das Instrument der Ausschreibungen bleibt diesen Beweis bisher schuldig. So hat dieses System in Großbritannien nicht funktioniert, die britische Regierung wechselte auf feste Vergütungen. Auch Experten und Forscher haben Zweifel an der Wirksamkeit und Kosteneffizienz: So wird nach Einschätzung von Prof. Uwe Leprich vom Institut für Zukunftsenergiesysteme (izes) in Saarbrücken bei Ausschreibungen die theoretisch höhere Kosteneffizienz des Instruments durch deutlich höhere Transaktions- und Finanzierungskosten konterkariert und kann sogar in ihr Gegenteil umschlagen.

10-Punkte-Pläne für die Energiewende beliebt

Gabriels 10-Punkte-Plan oder genauer "10-Punkte-Energie-Agenda des BMWi" steht in einer Tradition: Die für die Energiewende zuständigen Minister in Deutschland scheinen besonders gerne derartige Pläne aufzustellen. Peter Altmaier (CDU) hatte als Umweltminister in seinem 10-Punkte-Papier besonderen Wert auf Energieeinsparungen gelegt und wollte so verhindern, dass die Energiekosten zu sozialen Verwerfungen führen. Auch Altmaiers Amtsvorgänger Norbert Röttgen (CDU) hatte sich 2012 eines Plans mit der gleichen Anzahl von Spiegelstrichen bedient. Zur Umsetzung seines Energieplans sollte vor allem die Offshore-Windenergie mit einem Milliarden schweren Kreditprogramm zu einem guten Start verholfen werden. Ein weiterer Fokus lag bei Röttgen auf dem Ausbau zukunftsfähiger Energienetze. Auch in Gabriels aktuellem Plan sind die erneuerbaren Energien nur ein Aspekt neben zahlreichen weiteren Energiethemen wie Klimaschutz, Effizienzsteigerung, Strommarktdesign etc. Doch das auf Ausschreibungen gerichtete EEG 3.0 steht an Position Nummer eins.

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