30.07.2014, 10:55 Uhr

UBA nimmt Fracking-Probebohrungen in Kauf

Berlin - Das Umweltbundesamt (UBA) drängt auf eine rasche Regulierung der Fracking-Technologie: "Fracking ist und bleibt eine Risikotechnologie – und braucht daher enge Leitplanken zum Schutz von Umwelt und Gesundheit", erklärte UBA-Präsidentin Maria Krautzberger. Aus den Empfehlungen des UBA wird gleichzeitig klar, dass die Behörde Probebohrungen grundsätzlich akzeptiert.

Zwar empfiehlt das UBA beim Fracking enge Grenzen und Auflagen, doch von einem absoluten Verbot auch für Probebohrungen ist nicht die Rede. Dies kritisiert u.a. der NRW-Klimaschutzminister Johannes Remmel (Grüne) via Twitter. Krautzberger erklärte bei der Vorstellung des über 600 Seiten starken Fracking-II-Gutachtens des UBA, dass es in Deutschland kein Fracking zur Förderung von Schiefer- und Kohleflözgas geben soll, solange die Vorhersage und Beherrschung wesentlicher Risiken dieser Technologie noch nicht sicher ist. Für ein absolutes und Probebohrungen einschließendes Fracking-Verbot sieht Krautzberger offenbar rechtliche Probleme.

Krautzberger verlangt nach Fracking-Gesetz

Die UBA-Chefin unterstrich, dass die von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel und Bundesumweltministerin Barbara Hendricks vorgelegten Eckpunkte jetzt schnell in ein Gesetz münden müssten: "Wir haben bisher keine klaren gesetzlichen Vorgaben für die Fracking-Technologie. Diesen äußerst unbefriedigenden Zustand sollte der Gesetzgeber schnell beenden. Zentraler Bestandteil der vorgesehenen Gesetzesänderungen muss ein Verbot der Gasförderung aus Schiefer- und Kohleflözgestein über eine Novelle des Wasserhaushaltsgesetzes sein, ferner eine Umweltverträglichkeitsprüfung und ein Verbot in Wasserschutzgebieten, und zwar für jede Form des Frackings." Krautzberger wies daraufhin, dass es lediglich ein von Politik und Wirtschaft getragenes Moratorium gebe, Fracking derzeit aber nicht verboten sei. Auch das UBA geht auf die Rahmenbedingungen für mögliche Fracking-Vorhaben ggf. im Rahmen von Probebohrungen ein. Remmel kommentiert dazu im Kurznachrichten-Portal Twitter: "UBA spricht sich also für Fracking-Bohrungen aus." Damit sei der Risikotechnologie Tür und Tor geöffnet, so der für Umwelt- und Klimaschutz zuständige NRW-Minister.

UBA: Erprobungsmaßnahmen nur mit UVP

Das Umweltbundesamt empfiehlt eine umfangreiche Risikobewertung sämtlicher Fracking-Vorhaben zur Gas- und zur Erdölförderung. Dies gilt auch für alle Erprobungsmaßnahmen. Diese Bewertungen sollten unerlässlicher Bestandteil einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) sein, die nach den Eckpunkten von Bundeswirtschafts- und Bundumweltministerium (BMWi bzw. BMUB) gesetzlich normiert werden soll. Das UBA hält wie BMWi und BMUB auch weiter daran fest, jede Form des Frackings in Wasserschutz- und Heilquellschutzgebieten aber auch in anderen sensiblen Gebieten wie im Einzugsgebieten von Seen und Talsperren, Naturschutzgebieten und FFH-Gebieten ausnahmslos zu verbieten.

Flowback-Frage: Was geschieht mit den Chemikalien, Giften und Schwermetallen?

Die Aufbereitung des so genannten Flowback (Rückflusswasser) ist laut UBA-Gutachten bislang ungelöst. Unter Flowback versteht man die Spülungsflüssigkeit, die während des Bohrens und Frackens und kurz danach wieder oberirdisch austritt. Dieser Flowback enthält neben den zum Fracken verwendeten und eingebrachten Chemikalien weitere, zum Teil giftige Substanzen aus dem Untergrund, etwa Schwermetalle, aromatische Kohlenwasserstoffe oder örtlich sogar radioaktive Substanzen. Am besten für die Umwelt wäre es, diesen Flowback nach gezielter Aufbereitung wiederzuverwerten. Die Gutachter empfehlen, hierzu einen Anhang in der Abwasserverordnung zu entwickeln, der die Verfahren detailliert regelt. Für Krautzberger steht fest: "Bei der Entsorgung des Flowback und des Lagerstättenwassers besteht noch erheblicher Forschungs- und Entwicklungsbedarf. Ein tragfähiges Entsorgungskonzept hat bislang kein Unternehmen vorlegen können."

UBA empfiehlt Überwachungsmonitoring des Grundwassers

Zum Schutz des Wassers rät das UBA, ein sogenanntes Baseline-Monitoring durchzuführen. Sollte ein Fracking-Vorhaben genehmigt werden, müsste ein Unternehmen bereits vor Beginn des Fracking-Prozesses den Zustand des Grundwassers analysieren und diese Einschätzung den Behörden vorlegen. Während des gesamten Fracking-Vorgangs würde dann engmaschig geprüft, ob sich der Zustand des Grundwassers in irgendeiner Form verändert. Auch während der Gasgewinnung und des Rückbaus müssten die Firmen solche Daten erheben. Das Überwachungsmonitoring kann über Grundwasser-Messstellen erfolgen, die es ohnehin flächendeckend in Deutschland gibt.

Nachvollziehbares Fracking-Kataster im Internet

Das UBA empfiehlt zudem ein bundesweit rechtlich verbindliches Fracking-Chemikalien-Kataster bei einer Bundesbehörde zu führen. Dieses Kataster soll für die Bürger im Internet einsehbar sein. So kann nachvollzogen werden, wo Stoffe eingesetzt wurden und ob diese Schäden in der Umwelt anrichten können. "Die Industrie versucht ja zunehmend auf gefährlich eingestufte Stoffe zu verzichten oder zumindest mit nur schwach wassergefährdenden Stoffen zu arbeiten. Ein behördlich geführtes Kataster würde es erlauben, die von der Industrie behaupteten Fortschritte transparent nachzuvollziehen.", sagte Krautzberger.

Fracking kein Heilsbringer für den Klimaschutz

Das UBA beurteilt den US-amerikanischen Fracking-Boom auch aus Klimaschutzgründen kritisch. Krautzberger: "Die Fracking-Technik ist kein Heilsbringer für den Klimaschutz, der uns den Umstieg auf die erneuerbaren Energien erleichtern kann. Es wäre besser, unser Land konzentrierte sich stärker auf nachweislich umweltverträgliche Energieformen wie die erneuerbaren Energien. Außerdem sollten wir unsere Gebäude, in denen Fracking-Gas ja zum Heizen zum Einsatz kommen könnte, langfristig energieeffizienter machen und dadurch den Gasverbrauch senken. So brauchen wir gar kein Fracking-Gas."

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