03.09.2014, 10:00 Uhr

Tennet befürchtet zu hohen Offshore-Netzausbau in der Nordsee

Bayreuth – Der Übertragungsnetzbetreiber Tennet hat in den letzten Jahren immer wieder mit Problemen beim Anschluss von neuen Offshore-Windparks zu kämpfen gehabt. Dabei konnten teilweise fertige Windparks nicht rechtzeitig ans Stromnetz angeschlossen werden. Nun zeichnet das Unternehmen aber ein ganz anderes Bild für die Zukunft.

Demnach werde es in den nächsten Jahren mehr Anbindungskapazitäten für Offshore-Windparks geben, demgegenüber würden aber deutlich weniger Projekte realisiert, die einen Netzanschluss benötigen. Eine aktuelle Studie, die das Unternehmen in Auftrag gegeben hat ermittelte demzufolge einen Überhang an Anbindungskapazitäten von rd. 3.300 Megawatt (MW) in der deutschen Nordsee. Tennet hatte bereits im Mai 2013 auf diese Entwicklung hingewiesen.

Muss Tennet zu viele Anbindungen bauen?

Die entsprechende Untersuchung wurde von der Gesellschaft Offshore Management Resources durchgeführt und soll einen Überblick über den Umsetzungsstatus von Offshore-Windparkprojekten in der deutschen Nordsee und die tatsächliche Entwicklung der Offshore-Windenergie nach der Reform des EEG geben. Demnach habe die Novelle des EEG die Investitionssicherheit gesteigert. Ein Zeichen dafür seien die Finanzierungsentscheidungen für einige Projekte in den vergangenen Wochen. Dennoch sieht die Studie eine Diskrepanz zwischen Anbindungskapazität und tatsächlich finanzierten Windpark-Kapazitäten in der Nordsee in den kommenden Monaten.

Demnach verfügen aktuell rd. 3.800 MW Offshore-Windpark-Kapazität über eine Finanzierung, entsprechend der gesetzlichen Vorgaben entstünden jedoch derzeit rd. 6.540 MW Netzanbindungskapazität in der Nordsee. Weitere 900 MW Anbindungskapazität seien bereits ausgeschrieben. Der Umsetzungs- und Planungsstand der Offshore-Projekte lasse nach Angaben von Tennet keinen kurzfristigen, sprunghaften Anstieg der ‚Belegungsquote‘ der in der Nordsee entstehenden Netzanbindungen erwarten. So sei derzeit für Projekte mit einer Kapazität von rd. 2.900 MW eine kurzfristige Finanzierungsentscheidung denkbar, diese würden dann jedoch über eine gesicherte Netzanbindung verfügen. Tennet erwartet die entsprechenden Finanzierungsentscheidungen aber erst bis Ende 2015.

Tennet-Chef fordert Entzug der Netzanbindungszusagen

Lex Hartman, Mitglied der Geschäftsführung der Tennet TSO GmbH forderte in einem Statement: "Sollten Offshore-Windparkprojekte, die eine unbedingte Netzanbindungszusage besitzen, im Laufe des nächsten Jahres noch immer keine finale Investitionsentscheidung getroffen haben, erwarten wir, dass ihnen wie im EEG festgelegt die Netzanbindungszusage entzogen wird. So würde neuen Windparkprojekten eine Chance gegeben und zumindest die bereits entstehenden Anbindungskapazitäten könnten effektiv genutzt werden."

Tennet legt damit in der Debatte um den Ausbau der Offshore-Windenergie in der Nordsee nach. Bereits im Mai 2013 hatte das Unternehmen eine ähnliche Studie in Auftrag gegeben, in der ebenfalls eine Überversorgung mit Anbindungskapazitäten festgestellt wurde. Bereits damals zeigt sich ein deutlicher Gegensatz zum Offshore-Netzplan. Gleichzeitig hatte das Unternehmen in den letzten Jahre Probleme, die Netzanbindungen für fertige Projekte rechtzeitig bereitzustellen, zuletzt betraf dies den Offshore-Windpark Riffgat.

Das Unternehmen hat bis jetzt nach eigenen Angaben drei Netzanbindungen mit einer Gesamtkapazität von knapp 570 MW fertiggestellt. Weitere neun Anbindungssysteme (rd. 6.540 MW)befinden sich demzufolge im Bau; ein zehntes (900 MW) ist ausgeschrieben. Insgesamt erwartet TenneT daher, dass bis 2019 insgesamt rd. 8.010 MW Anbindungskapazität in der Nordsee verfügbar sein werden. Dies entspricht den Werten für das sog. Offshore-Startnetz im aktuellen Offshore-Netzentwicklungsplan. Die Bundesregierung plant derzeit mit einem Ausbau an in Betrieb befindlichen Offshore-Projekten auf rd. 6.500 MW bis 2020.

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