08.10.2014, 16:10 Uhr

Desertec vor dem Aus? Streit um Finanzierung

Münster – Das Wüstenstromprojekt Desertec wurde einst mit der Mondlandung verglichen. Europa sollte danach langfristig einen erheblichen Anteil seiner Energie aus Solar- und Windenergie-Anlagen in den Wüsten Afrikas beziehen. Doch nun steht die Gesellschaft hinter der Desertec-Idee vor dem Aus. Grund ist offenbar die unsichere Finanzierung.

Dem von mehreren namhaften Unternehmen aus der Energie-, Technologie-, und Finanzbranche im Rahmen der Desertec Industrial Initiative(Dii) GmbH organisierten Projekt droht noch vor Ende des Jahres die Abwicklung. Wie die Süddeutsche Zeitung (SZ) online berichtet, werden die internationalen Gesellschafter am kommenden Montag (13.10.2014) über die Zukunft der Dii GmbH verhandeln.

Langfristige Gesellschaftsverträge

Die Dii GmbH finanziert sich über die Jahresbeiträge ihrer Gesellschafter. Diese Gesellschafterverträge waren jedoch befristet. Darum bekam Paul von Son, der Geschäftsführer der Dii GmbH, noch vor wenigen Monaten den Auftrag, ein Konzept zu erarbeiten, um diese kurzfristigen in langfristige Verträge umzuwandeln. Nach SZ-Informationen wären jedoch nur wenige Unternehmen bereit gewesen, sich langfristig und im größeren Umfang an diesem Projekt zu beteiligen.

Die beteiligten Unternehmen versuchen laut SZ schon seit Monaten, ein Zukunftskonzept zu verhandeln, aber ohne Erfolg. Ihnen laufe die Zeit davon, da die Verträge mit Gesellschaftern und assoziierten Partnern Ende des Jahres auslaufen. Die Gesellschaft benötige eine verbindliche Zusage für einen neuen Etat in Höhe von rund zwei Millionen Euro.

Geschäftsführer van Son wechselt zu RWE

Inzwischen ist zudem klar, dass auch van Son selbst zum Ende des Jahres aus der Gesellschaft ausscheidet. Er wechselt zu RWE. Wie es in der Erklärung zum Wechsel von van Son im September heißt, bleibe er „der Wüstenstromidee weiter eng verbunden und wird für RWE in einer leitenden Position von Dubai aus in der Mena-Region unter anderem das Geschäft mit erneuerbaren Energien und Energieeffizienz voranbringen.“ In einem Interview hatte van Son zudem erklärt, dass es bei der Dii GmbH jetzt um Gesetzgebungen gehe, die konkrete Projekte erleichtern sollen. Dafür sei ein Geschäftsführer mit arabischen Wurzeln besser geeignet.

Unterstützung der Desertec-Idee lässt nach

Im Jahre 2009 wurde die Dii GmbH gegründet. Diese war zunächst ein Zusammenschluss aus der Desertec Foundation, Gesellschaftern und assoziierten Partnern. Mit dabei waren bzw. sind auch eine Reihe deutscher Unternehmen wie die Deutsche Bank, E.ON, Munich RE, Bosch, E.ON oder RWE. Die Mission der Dii besteht darin, einen Markt für Strom aus Solar- und Windenergie der Wüstenregionen für den lokalen Bedarf im Nahen Osten, in Nordafrika und langfristig für auch den Export nach Europa auf den Weg zu bringen, heißt es auf der Internetseite der Dii GmbH.

Dabei ist die Dii GmbH nicht für den konkreten Bau von regenerativen Kraftwerke zuständig, sondern sie soll Partnerschaften in der Region aufbauen und „als Experte, Katalysator und Koordinator bei der Marktentwicklung mitwirken.“ Im Jahr 2013 kündigte jedoch die Desertec Foundation ihre Mitgliedschaft bei der Dii GmbH aufgrund von unüberbrückbaren Meinungsverschiedenheiten. Große Gesellschafter wie Bosch, Siemens oder Bilfinger sind im Laufe der Zeit ebenfalls aus dem Projekt ausgeschieden. Auch E.ON kündigte an, zum Ende des Jahres 2014 aus dem Projekt auszusteigen. Nun steht möglicherweise das Ende der Gesellschaft in der bisherigen Form bevor. Zuletzt hat die Dii GmbH am Hauptsitz München rund 20 Mitarbeiter beschäftigt.

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Rückschlag für Wüstenstrom-Projekt: Desertec-Stiftung steigt bei Dii aus


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