18.11.2014, 09:43 Uhr

Fracking: Moratorium mit Hintertür

Berlin – Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) hat einen Gesetzentwurf zum umstrittenen Fracking vorgestellt. Demnach soll die unkonventionelle Förderung von Erdgas aus tiefen Gesteinsschichten verboten werden. Ausnahmen sind jedoch erlaubt.

Der Gesetzesentwurf zur unkonventionellen Förderung von Erdgas durch das sogenannte Fracking soll in Deutschland weiterhin verboten sein. Das verkündete Umweltministerin Hendricks am Montag im Interview mit dem Deutschlandfunk. Damit wird den Empfehlungen des Umweltbundesamtes (UBA), welches in zwei Gutachten vor den Folgen für das Grundwasser durch die hydraulischen Fracking-Verfahren gewarnt hatte, weitgehend gefolgt. „Die Fracking-Technologie kann zu Verunreinigungen im Grundwasser führen. Besorgnisse und Unsicherheiten bestehen besonders wegen des Einsatzes von Chemikalien und der Entsorgung des anfallenden Abwassers (Flowback)“, heißt es in einer Stellungnahme des UBA.

Behörden bleiben unabhängig

Hendricks betonte harte Regelungen beim Fracking, ein komplettes Verbot wurde jedoch ausgeschlossen. Sie erklärte, dass „Fracking unbefristet verboten ist und dass es nur in ganz seltenen Ausnahmefällen erlaubt werden kann.“

Ein komplettes Verbot sei nicht so einfach durchzusetzen, die Regierung könne nicht „einfach irgendwas für alle Zeiten verbieten, wir müssen schon den Rechtsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit einhalten“, so Hendricks. Über Ausnahmeregelungen zu wirtschaftlichen Zwecken gebe zunächst eine wissenschaftliche Expertenkommission nach Prüfung des Vorhabens eine Empfehlungen an die zuständige Behörde ab. Laut Hendricks habe diese Kommission, in der auch das Umweltbundesamt sitzen soll, aber keinen Einfluss auf die Vergabe der Ausnahmegenehmigung. Die Genehmigungsbehörden könnten der Empfehlung folgen, „sie müssen aber nicht." Die Behörden würden weiter unabhängig bleiben. Zuständig seien hier die Bergbau- und Wasserbehörden in den einzelnen Ländern. In sensiblen Gebieten wie Wasser- und Heilquellenschutzgebieten bleibe das Fracking aber weiterhin generell verboten. Auch tiefer als 3.000 Meter dürfe nicht gebohrt werden. Allenfalls zu wissenschaftlichen Zwecken.

Umweltverbände wollen auch gefragt werden

Von der Opposition und den Verbänden hagelte es Kritik: Grünen-Fraktionsvize im Bundestag Oliver Krischer kritisierte, die Einigung innerhalb der Regierung bedeute, dass Fracking unter Auflagen zulässig sein solle. "Die große Koalition schafft ein Fracking-Ermöglichungsgesetz." Damit setzen sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) über die breite Ablehnung in der Bevölkerung hinweg.

Den Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) ärgert, dass mit Einsetzung der Kommission "mehrheitlich gefasste Entscheidungen von sechs genehmen Personen aus dem Wissenschaftsbereich" an die Stelle rechtsstaatlicher und verwaltungsgerichtlich überprüfbarer Verfahren träten. Mit Festlegung der Akteure aus dem Wissenschaftsbereich solle verhindert werden, dass Vertreter der Zivilgesellschaft, beispielsweise aus Umweltverbänden oder Bürgerinitiativen, in dem Gremium vertreten seien und dieses kontrollieren könnten, erklärte der BBU.

Gefahren für das Grundwasser

Bei dem sogenannten Fracking wird in großen Tiefen gebohrt um an die Gesteinsschichten zu gelangen, welche das Gas einlagern. Mittels eines Frac-Gemischs, welches unter hohem Druck in das Bohrloch gepumpt wird, werden die Gesteinsschichten aufgesprengt, um so das darin eingeschlossene Erdgas freizusetzen und zu fördern. Zusätzlich zu dem so gewonnenen Erdgas kommt auch der „Flowback“ (Rückflusswasser) wieder an die Oberfläche. Dieser Flowback kann laut Umweltbundesamt „neben den zum Fracken verwendeten und eingebrachten Chemikalien weitere, zum Teil giftige Substanzen aus dem Untergrund, etwa Schwermetalle, aromatische Kohlenwasserstoffe oder örtlich sogar radioaktive Substanzen“ enthalten. Die Entsorgung dieser Gemische ist weiterhin ungeklärt.

Weitere News und Informationen zum Thema:

Fracking: UBA kontert "Panorama"-Vorwürfe

UBA-Studie Fracking: Hickhack um Gutachten-Interpretation


© IWR, 2014