10.12.2014, 09:43 Uhr

Windenergie-Skandal: Wie sich polnische Versorger ihren Verpflichtungen entziehen

Warschau – Eine Tochtergesellschaft des polnischen Energieversorgers Tauron hat Insolvenz angemeldet. Eigentlich ist die Gesellschaft PE PKH für die Abnahme des Windstroms aus polnischen Windparks zuständig. Ein Windpark-Betreiber vermutet hinter der Insolvenz eine gezielte Masche, um sich unvorteilhafter Altverträge zu entledigen. Die Windbranche ist alarmiert.

Die fragwürdige Insolvenzanmeldung eines polnischen Versorgers sorgt für Unruhe in der Windbranche. Für den betroffenen Betreiber in.ventus steckt hinter den Plänen Taurons eine gezielte und rechtlich fragwürdige Aktion. Der Verdacht: Mit der Insolvenz will sich der polnische Versorger von unvorteilhaften Altverträgen lösen.

Sind polnische Windenergie-Verträge nur Makulatur?

Die in.ventus sp. z o.o. sp.k. ist ein Windenergie-Unternehmen mit einem deutsch-polnischen Management-Team. In.ventus betreibt u.a. einen Windpark in Zentralpolen mit 34 Megawatt (MW) Leistung. In 2009 schloss in.ventus mit dem polnischen Energieversorgungsunternehmen Tauron langfristige Strom- und Zertifikate-Abnahmeverträge ab. Doch plötzlich meldet das für die Abnahmeverträge zuständige Tochterunternehmen von Tauron jetzt Insolvenz an. Sollte das zuständige Gericht dem Insolvenzantrag stattgeben, würden die langfristigen Verträge aufgelöst. Laut in.ventus versuche Tauron, seine ungeliebte Tochter loszuwerden, um sich der zu teuer gewordenen Windenergie-Verträge zu entledigen.

Vorwurf: Wirtschaftlicher Vertrauensverlust und Vetternwirtschaft

Ende Oktober 2014 hatte Tauron verkündet, dass ein Insolvenzantrag für die Tochtergesellschaft PE PKH am Amtsgericht in Tarnow eingereicht wurde. Der Grund dafür sei, dass die zukünftigen Forderungen gegen die PE PKH den aktuellen Vermögenswert des Unternehmens übersteigen würden. Diese Begründung ist für den deutsch-polnischen Betreiber in.ventus nicht nachvollziehbar. In.ventus sieht keine Grundlage für eine Insolvenz. Der Insolvenzantrag sei laut in.ventus "rechtlich und ethisch sehr bedenklich."

"Der Insolvenzantrag ist insofern nicht nachvollziehbar, da sich PE PKH in finanziell stabiler Lage befindet. Dies wurde von den zuständigen Liquidatoren bestätigt, und wird auch durch die aktuellen Geschäftszahlen untermauert", so Sebastian Willmund, Prokurist bei in.ventus gegenüber IWR Online. Um trotzdem eine Insolvenz einreichen zu können, hätte die PE PKH ihren Geschäftssitz kürzlich nach Tarnow verlegt. Dort würden Tauron gute Beziehungen zum Gericht nachgesagt. Daher habe man Angst, dass das Gericht dem Insolvenzantrag trotz stabiler finanzieller Lage stattgegeben werde, so Willmund weiter.

Ministerium verweist auf begrenzten Einfluss

In.ventus hat sich nach den Ankündigungen des Energieversorgers Tauron gemeinsam mit anderen betroffenen Investoren in einem offenen Brief an den Wirtschaftsminister Polens und an den Aufsichtsrat von Tauron zu der momentanen Situation gewandt. Tauron antwortete darauf, dass die Handlungen im Einklang mit dem Gesetz stünden und man die Grundsätze von Loyalität und Moral beachte. Eine direkte Antwort aus den Ministerien habe man nicht erhalten. „Über die Medien haben wir erfahren, dass das zuständige Ministerium auf seine „nur“ 30-prozentige Anteilseignerschaft und seinen damit verbundenen begrenzten Einfluss auf das Unternehmen verweist“, erklärte Willmund. Die Möglichkeiten der Einflussnahme des Ministeriums sind jedoch so groß, dass Tauron nach wie vor als staatlicher Energieversorger gilt.

Auf die Frage von IWR Online zu den weiteren Plänen erklärte Willmund, man werde zunächst die Entscheidung des Gerichts über den Insolvenzantrag abwarten. „Unter normalen Umständen wird dieser abgelehnt. Da Tauron aber weiterhin das Ziel haben wird, seine Tochter PE PKH loszuwerden, gehen wir davon aus, dass es früher oder später zu Gesprächen mit Tauron kommen wird. Dann muss besprochen werden, auf welche Weise die Verträge von der Muttergesellschaft übernommen werden.“

Quelle: IWR Online
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