09.01.2015, 10:51 Uhr

Was die Biokraftstoff-Branche am neuen "Bodenatlas" stört

Münster – Die Vereinten Nationen haben das Jahr 2015 zum internationalen Jahr der Böden erklärt. Dies nahm sich die Heinrich-Böll-Stiftung zum Anlass, einen Bodenatlas zu veröffentlichen. Auch Bioenergie spielt dabei eine wichtige Rolle. Die Biokraftstoff-Branche sieht sich jedoch falsch dargestellt.

Der am gestrigen Donnerstag veröffentlichte Bodenatlas bedarf – wenn es nach dem Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB) geht – einiger Korrekturen. Die kritische Auseinandersetzung des von der Heinrich-Böll-Stiftung in Zusammenarbeit mit dem BUND, dem Institute for Advanced Sustainability Studie (IASS)und Le Monde diplomatique herausgebrachte „Bodenatlas“ weise „schwere Fehler“ und grobe „Fehleinschätzungen“ auf, so der VDB.

Bodenatlas: Treibhausgaswirkungen unbekannt

Laut „Bodenatlas“ werden bei der treibhausgastechnischen Bewertung von Biomasse wichtige Faktoren systematisch vernachlässigt. So berücksichtige man die zusätzliche Energie, die für Wachstum, Ernte, Verarbeitung und Transport aufgebracht werden müssen, nicht. Zudem werden bei Gülle oder chemischen, stickstoffhaltigen Düngemitteln Treibhausgase wie Methan oder Stickstoff frei, die mit in die Rechnung eingehen müssten. Ein weiterer Aspekt ist die Umwidmung von Land und die Rodung von Wäldern, die zusätzlich auf dem Treibhausgas-Konto zu Buche schlagen, bislang aber nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt werden. Wie viele Emissionen durch indirekte und direkte Produktionsverfahren und Änderungen der Landnutzung wirklich entstehen, sei noch nicht sicher geklärt.

VDB: Gesetzeslage klar

Der VDB sieht dies jedoch ganz anders und bezieht sich dabei auf die geltende Gesetzeslage für Biodiesel und Bioethanol. Danach müssten bei der Berechnung der Treibhausgasbilanz die Emissionen des gesamten Produktionsprozesses einfließen. Diese würde entgegen der Meinung der Autoren des „Bodenatlas“ auch die Düngung, den Transport und die Verarbeitung mit einbeziehen.

„Es ist ernüchternd, dass der Öffentlichkeit hier unausgegorene, Behauptungen in wissenschaftlichem Gewand präsentiert werden“, sagte Elmar Baumann, Geschäftsführer des VDB dazu.

Bodenatlas: Wind und Sonne zehnmal effizienter

Wie in dem „Bodenatlas“ weiter aufgeführt wird, könnte die Fläche zum Anbau von Mais und Raps energetisch effizienter genutzt werden, wenn Wind- oder Solaranlagen installiert würden. Die „geerntete Energie“ pro Quadratmeter würde bei der Bioenergie nur einem Zehntel der von Wind- oder Solarenergie entsprechen, heißt es dazu. Auch die Entlastung des Klimas durch Biokraftstoffe und Biogas seien gering. Zudem würde bei ca. 800 Millionen hungernden Menschen weltweit durch den Anbau von Mais und Raps zur Gewinnung von Energie ein ethischer Konflikt entstehen, heißt es im „Bodenatlas“.

VDB: Mehr Hunger war vor den Biokraftstoffen

Auch hier widerspricht der VDB: Biodiesel und Bioethanol seien bei bisher nur rund 24.000 Elektrofahrzeugen auf Deutschlands Straßen „auf absehbare Zeit die einzige in größerem Umfang vorhandene Alternative zu immer schmutziger werdendem fossilem Öl“, so Baumann. Zudem seien mangelndes Einkommen, Kriege, Korruption und Naturkatastrophen Gründe für Hunger und nicht die Biokraftstoffe, so Baumann weiter. Vor der Produktion von Biokraftstoffen hätten weltweit mehr Menschen gehungert als in der Gegenwart.

Quelle: IWR Online
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