27.02.2015, 14:22 Uhr

Bayern: Steuerbonus für Gebäudesanierung doch nicht tot

Münster – Horst Seehofer und die Energiewende: Zunächst scheint es so, als hätte der bayerische Ministerpräsident durch seine erneute Blockadehaltung mit der geplanten Steuererleichterung für Maßnahmen zur energetischen Gebäudesanierung einen weiteren wichtigen Baustein der Energiewende verhindert. Doch entgegen einer dpa-Nachricht von Mitte der Woche sieht die bayerische Staatskanzlei auf Anfrage von IWR Online diesen Steuerbonus "mitnichten gestoppt".

Im Dezember 2014 hatte die Bundesregierung ihren Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz (NAPE), der auch milliardenschwere Steuererleichterungen für die Gebäudedämmung vorsieht, groß angekündigt. In dieser Woche folgte die Nachricht, dass daraus doch nichts werde. Schuld sei Seehofer, der nicht mit der Finanzierung einverstanden ist. So lautet der Tenor einer dpa-Meldung von Mittwoch, in der auf einen Brief des SPD-Bundestags-Fraktionschefs Thomas Oppermann Bezug genommen wird. Doch wie IWR Online nun aus der bayerischen Staatskanzlei in München erfahren hat, geht man dort weiter vom Erfolg des Gebäudesanierungs-Programms aus.

Steuerbonus noch nicht tot – Gegenfinanzierung aus Sicht von Bayern unnötig

Zankapfel bei dem Steuerbonus für Wärmedämmung und Co. ist die Finanzierung: Seehofer ist nicht damit einverstanden, dass im Zusammenhang mit den neuen Abschreibemöglichkeiten für energetische Sanierungsarbeiten im Gegenzug der Handwerkerbonus reduziert werden soll. Es sollten hier nur noch Leistungen oberhalb von 300 Euro von der Steuerschuld abziehbar bleiben. Ein Sprecher der Staatskanzlei in Bayern bestätigte gegenüber IWR Online, dass dieser Punkt strittig ist. Für die Bayern ist nämlich eine Gegenfinanzierung "nicht erforderlich und nicht sachgerecht". Die angestoßenen Investitionen würden die Steuerausfälle von alleine wieder ausgleichen, so das Kalkül der Bayern. Ein Ende des Steuerbonus sehe man deswegen aber "mitnichten", so der Sprecher weiter. Diese Eckpunkte werden demnach nun in einer Arbeitsgruppe weiter verhandelt. Wann es weitere Ergebnisse geben soll, ist jedoch unklar.

Simone Peter: "Kamikaze-Horst" schlägt wieder zu

In der Politik, der Energiebranche sowie im Handwerk löste die Meldung über das Aus für den Dämm-Steuerbonus heftige Kritik aus. Mit zu den harmlosesten Kommentaren zählt die Einschätzung von der Bundestagsabgeordneten Dr. Nina Scheer, die in der SPD-Bundestagsfraktion federführende Berichterstatterin für Energieeffizienz ist: „Es ist bedauerlich, dass es in den Verhandlungen des Koalitionsasschusses keine Einigung zur Gegenfinanzierung gegeben hat.“

Heftiger fällt das Urteil der Opposition aus, u.a. von Grünen-Chefin Simone Peter bei Twitter: "Kamikaze-Horst" habe erneut zugeschlagen, so Peter. Völlig überraschend habe die Koalition den Steuerbonus bei der Gebäudesanierung wieder gestoppt.

BEE: Alle wollen dieses Instrument

Auch der Bundesverband Erneuerbare Energien reagierte empört auf die vermeintliche Meldung. Bei der „schwarzen Null“ sei das Programm kein Problem, vor allem weil es alle wollen: „Alle wollen dieses Instrument: Bund, Länder, Verbraucher und Unternehmen. Es ist geradezu absurd, dass es in Zeiten, in denen der Gesamtstaat zweistellige Milliardenüberschüsse erwirtschaftet, an Finanzierungsfragen scheitern soll. Der Vertrauensverlust in die energiepolitische Handlungsfähigkeit der Politik wäre enorm“, so Karl-Heinz Stawiarski, Sprecher der AG Wärme im BEE. Zudem verunsichere diese Entscheidung die Haushalte. „Die Menschen im Land wollen in Klimaschutz investieren. Die wiederholte Ankündigung von steuerlichen Förderungen für Sanierungsmaßnahmen im Gebäudesektor, die dann doch nicht kommen, führt zu einer deutlichen Verunsicherung der Hauseigentümer. Die Schrumpfung des Heizungsmarktes im vergangenen Jahr verdeutlicht dies“, sagt Dr. Hermann Falk, Geschäftsführer des BEE.

DUH sieht schwarzen Peter bei Seehofer

Für die Deustche Umwelthilfe (DUH) sind die Verhandlungen am Widerstand Bayerns gescheitert. Sascha Müller-Kraenner, DUH-Bundesgeschäftsführer: "Seehofer erweist sich nun auch bei der Wärmewende so wie schon beim Netzausbau als Bremser beim Klimaschutz. Der bayrische Ministerpräsident hat in der Koalitionsrunde am vergangenen Dienstag verhandelt wie auf einem Basar. Der Klimaschutz wurde rücksichtslos geopfert, weil CDU und SPD nicht bereit waren, auf die bayerische Forderung nach einem finanziellen Kompensationsgeschäft einzugehen."

BDEW sieht "Trauerspiel" - Handwerker sehen kein Finanzierungs-Problem

Für Hildegard Müller vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft sei dies der nächste Akt eines Trauerspiels. „Die Politik dokumentiert ihr klares Scheitern, bei den Bemühungen im Wärmemarkt Fortschritte zu erzielen. Hier werden erhebliche CO2- Einsparpotentiale verschenkt“, so Müller.

Auch die Handwerker aus Bayern sind empört. "So können wir die Energiewende in der Pfeife rauchen", kommentiert der Präsident des Bayerischen Handwerkstages (BHT), Georg Schlagbauer. "Die Energiewende ist ohne energetische Sanierungsmaßnahmen nicht zu schaffen", betont der BHT-Präsident. Schlagbauer erinnert daran, dass rund 40 Prozent des Energieverbrauchs in Deutschland in Raumheizung und -helligkeit fließt. Bis zu 80 Prozent des Gebäudeenergieverbrauchs könnten durch fachgerechtes Sanieren und moderne Gebäudetechnik eingespart werden. Der BHT ging auch auf die Finanzierung ein. Dass es zu keiner Einigung im Koalitionsausschuss kam, sei umso unverständlicher, so Schlagbauer, als sich eine steuerliche Förderung absolut rechnet. Pro Euro an Steuern, auf die der Staat verzichte, würden acht bis zehn Euro Investitionen ausgelöst, die wiederum Steuern und Sozialabgaben in die Staatskasse spülten.

Quelle: IWR Online
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