20.03.2015, 16:00 Uhr

Greenpeace, MVV Energie, Naturstrom und Co. drängen Gabriel zu alternativer Ökostrom-Vermarktung

Berlin – Ein Bündnis mehrerer Energieversorger und Verbände setzt sich bei der Regierung für ein alternatives Direktvermarktungsmodell für Ökostrom ein: Das „Grünstrom-Markt-Modell“.

Dahinter stehen u.a. die Unternehmen Clean Energy Sourcing, EWS Schönau, Greenpeace Energy, MVV Energie AG und Naturstrom AG, die in Berlin auf einer gemeinsamen Pressekonferenz ihre Forderungen gebündelt haben: „Minister Gabriel hat ein Dreivierteljahr nach der jüngsten EEG-Reform noch immer nicht die dort vorgesehene Verordnung für ein Marktmodell erlassen, das es Verbrauchern ermöglicht, direkt Ökostrom aus konkreten Anlagen zu beziehen.“

EEG-Strom verliert ökologische Eigenschaft an der Börse – Alternative gesucht

Verbraucher können aufgrund geltender Vermarktungsregeln derzeit in der Regel nicht klar erkennen, woher der von ihnen bezogene Strom nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) stammt. Wegen der EEG-Vorschriften nimmt Strom aus Wind- und Solaranlagen momentan fast ausschließlich den Weg über die Strombörse. Allerdings verliert er dabei seinen grünen Herkunftsnachweis und wird quasi grau gewaschen. Denn an der Börse wird dieser Strom als so genannter „Graustrom“ unbekannter Herkunft weiterverkauft. „Der wertvolle Strom aus Windkraft- und Solaranlagen darf nicht an der Börse verramscht werden, sondern muss ohne Umwege an Kunden geliefert werden können“, sagt Sönke Tangermann, Vorstand bei Greenpeace Energy.

Grünstrom-Markt-Modell: Direkte Belieferung mit Ökostrom

Die Unternehmen haben ein alternatives Vermarktungsmodell entwickelt und fordern die Einführung des Grünstrom-Markt-Modells. Dieses sieht direkte Lieferbeziehungen zwischen Ökostrom-Anlagen, Versorgern und Kunden vor, ohne EEG-System und Strombörse zu nutzen. Der Verbraucher soll so klar erkennen können, dass er mit echtem Grünstrom aus konkreten Anlagen beliefert wird. Inzwischen unterstützen rund 30 Unternehmen und Verbände das Modell, das zudem nach Angaben des Bündnisses quer durch alle Bundestagsfraktionen Befürworter findet.

Verbraucher wollen wissen, woher der Ökostrom stammt

Auch eine große Mehrheit der Verbraucher befürwortet eine grüne Vermarktungsalternative für Ökostrom. Dies ist bei einer aktuellen Emnid-Umfrage im Auftrag von Greenpeace Energy herausgekommen. In der repräsentativen Erhebung geben 68 Prozent der befragten Verbraucher an, dass ihr Vertrauen in die Energiewende gestärkt werden würde, wenn sie sicher wüssten, woher von ihnen bezogener Ökostrom stammt. 60 Prozent wünschen sich zudem, mit dem eigenen Stromtarif direkt Erneuerbare-Energien-Anlagen in der Region fördern zu können. Beides erlaubt das GMM. „Um die Energiewende in Deutschland zum Erfolg zu führen, ist es unabdingbar“, so Tangermann, „die Akzeptanz in der Bevölkerung durch transparente Vermarktungswege zu steigern – denn das Vertrauen in der Bevölkerung kommt nicht von selbst.“ Laut Emnid-Umfrage identifizieren sich 32 Prozent der Befragten „stark“ bis „sehr stark“ mit den Zielen der Energiewende, 22 Prozent allerdings „wenig“ bis „gar nicht“.

Industrie- und Handelskammertag unterstützt Grünstrom-Markt-Modell

„Die Bundesregierung sollte Unternehmen eine Alternative zum Graustrom-Bezug über die Börse zu eröffnen“, sagt Dr. Sebastian Bolay, Referatseiter Strommarkt und erneuerbare Energien beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag, „umso mehr, da mit dem Grünstrom-Markt-Modell ein praktikables Modell für eine grüne Direktvermarktung bereits existiert.“ Der DIHK ist für eine schnelle Einführung einer alternativen Ökostromvermarktung, so Sebastian Bolay, „weil dieses eine direkte Grünstrombelieferung erlaubt, die für Unternehmen attraktiv ist.“

Gabriel muss jetzt handeln – nächste EEG-Reform 2017

Ob Stromkunden in Deutschland künftig tatsächlich über das Grünstrom-Markt-Modell direkt und nachvollziehbar mit Ökostrom versorgt werden können, darüber entscheiden die kommenden Wochen. „Die Zeit drängt, denn 2017 soll das EEG erneut reformiert werden“, sagt Dr. Holger Krawinkel, Leiter Customer Experience und Innovation bei der MVV Energie. Damit ein alternatives Marktmodell überhaupt noch seine Wirkung entfalten kann, so das Fazit des Branchenbündnisses für das Grünstrom-Markt-Modell, müsse Wirtschaftsminister Sigmar Minister Gabriel (SPD) „jetzt endlich Farbe bekennen – und die entsprechende, im EEG 2014 vorgesehene Verordnung in den nächsten Wochen unterschreiben.“

Quelle: IWR Online
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