16.04.2015, 16:47 Uhr

"Atom-Einstieg" der Türkei: Proteste begleiten Baustart für erstes AKW

Münster - Während Deutschland nach dem Reaktor-Unglück von Fukushima den Ausstieg aus der Atomenergie beschlossen hat und umsetzt, bleiben die Türken bei ihrem Entschluss, in diese Form der Stromerzeugung einzusteigen. Zwei Kraftwerke sind geplant, bei dem Kraftwerk Akkuyu wurde nun der Grundstein gelegt. Doch längst nicht alle Türken stehen hinter dem Atomeinstieg.

Während der türkische Energieminister Taner Yildiz und der Chef des russischen Atomkonzerns Rosatom, Sergey Kirienko, im Süden des Landes den Bau des 20 Milliarden Dollar Projektes Akkuyu offiziell starteten, haben Atomkraftgegner vor Ort und in der türkischen Hauptstadt Ankara gegen die Kernenergie-Nutzung protestiert. Medienberichten zufolge sei es den Protestanten vor Ort gelungen, die Delegation kurzzeitig auf der Baustelle einzuschließen.

Atomkraftgegner auch in der Türkei

Das erste Kernkraftwerk der Türkei soll in der Provinz Mersin im Süden der Türkei an der Mittelmeerküste gebaut werden. In dieser Woche ist der offizielle Startschuss für den Bau gefallen. Errichtet wird die Anlage vom russischen Atomenergie-Konzern Rosatom. Geplant sind vier Reaktoren mit je 1.200 Megawatt Leistung. Atomkraftgegner haben nun in Ankara sowie vor Ort gegen diese Pläne demonstriert. Sie warnen insbesondere vor den Gefahren im Falle eines Erdbebens. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hatte im Vorfeld zudem vergeblich versucht, den Bau der Anlage auf dem Rechtsweg zu verhindern. In der Klage wurde auf die aus Sicht von Greenpeace „völlig unangemessene“ behördliche Bewertung des Erdbebenrisikos abgehoben. Neben dem Kraftwerk Akkuyu soll im Norden der Türkei die Atomenergie-Anlage Sinop mit ähnlichen Ausmaßen entstehen.

Wie Atomkraftwerke zum Kostendesaster werden können

Beispiele aus anderen Ländern zeigen, dass der Bau eines Atomkraftwerkes schnell aus dem Zeitplan geraten und dann zum Kostendesaster werden kann. So wird beispielsweise in Finnland seit dem Jahr 2005 an dem Block III des Kernkraftwerks Olkiluoto mit einer geplanten Leistung von 1.600 MW gebaut. Die Fertigstellung hatte der französische Atomkonzern Areva in Kooperation mit Siemens zunächst für 2009 zugesagt, der Festpreis sollte etwa drei Milliarden Euro betragen. Eingehalten wurde beides nicht. Der letzte genannte Termin der Fertigstellung des Baus lautete 2016, doch die Reaktor-Inbetriebnahme soll zwei weitere Jahre in Anspruch nehmen. Im Jahr 2011 wurden die prognostizierten Baukosten bereits auf 6,6 Mrd. Euro angesetzt. Ende 2012 war bereits von 8,5 Mrd. Euro die Rede. Ähnliche Erfahrungen machen auch die Franzosen beim Bau des Atomkraftwerks im nordfranzösischen Flamanville.

Quelle: IWR Online
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