22.04.2015, 17:02 Uhr

Gabriels Klimaschutzabgabe in der Kritik

Berlin – Im Juni soll über Gabriels Vorschlag für weitere CO2-Einsparmaßnahmen im deutschen Kraftwerkspark entschieden werden. Die auch unter dem Stichwort "Klimabeitrag" firmierenden Maßnahmen würden in erster Linie ältere Braunkohle-Kraftwerke treffen. Die Diskussion um das Thema verschärft sich.

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) will bei den fossilen Kraftwerken zusätzlich 22 Mio. Tonnen Kohlendioxid bis zum Jahr 2020 einsparen. Die Braunkohle-Branche stöhnt auf. In der Argumentation wird mit dem Verlust von Arbeitsplätzen gedroht. Die Zahlen dazu klaffen auseinander. Auch aus den Reihen der CDU/CSU wird der Widerstand lauter.

Alte und schmutzige Kraftwerke sollen zusätzliche Zertifikate vorweisen

Nach den Plänen Gabriels sollen die älteren und bereits jetzt am EU-Emissionshandel teilnehmenden konventionellen Kraftwerke mit den höchsten CO2-Emissionen zusätzliche Emissions-Zertifikate vorweisen. Die Höhe der zusätzlich abzugebenden Zertifikate soll so festgelegt werden, "dass sich daraus eine ökonomische Lenkungswirkung ergibt, mit der das Minderungsziel erreicht wird." Demnach erhalten die Kraftwerke einen CO2-Freibetrag pro Gigawatt. Wenn die Anlage unter diesem Freibetrag bleibt, entstehen keine zusätzlichen Belastungen. Wenn die Grenze überschritten wird, müssen zusätzliche Zertifikate nach dem EU Emissions Trading System (ETS) abgegeben werden, die dann stillgelegt werden.

Kritik an Gewerkschafts-Zahl von 100.000 bedrohten Arbeitsplätzen

In der Diskussion um diese Maßnahmen, die wohl vor allem ältere Braunkohle-Kraftwerke treffen würde, führen die Gegner gerne die bedrohten Arbeitsplätze ins Feld. So hatte Ver.di-Chef Frank Bsirske Anfang April davon gesprochen, dass bis zu 100.000 Jobs auf dem Spiel stehen würden, 30.000 direkt und 70.000 indirekt. Ver.di nennt die Pläne Gabriels einen "Strafzoll" für ältere Braunkohle-Kraftwerke. Über die von der Gewerkschaft ins Spiel gebrachten Zahlen zu gefährdeten Arbeitsplätzen herrscht Uneinigkeit. Der Journalist und Erneuerbare-Energien-Befürworter Franz Alt stellt fest, dass in der Braunkohleindustrie nur noch knapp 20.000 Menschen arbeiten. Bsirske habe keine Erklärung für seine "mysteriösen Zahlen" nennen können. Alt wörtlich: "Fakten spielen offensichtlich keine Rolle, wenn es darum geht, die notwendige Energiewende madig zu machen." Andere Parteien und Institutionen hatten ähnlich auf die Gewerkschaftszahlen reagiert.

Unions-Fraktionschef Kauder findet Gabriels Kraftwerks-Pläne "so nicht umsetzbar"

Kritik schlägt Gabriel allerdings auch vom Koalitionspartner CDU/CSU in Berlin entgegen. Offenbar lehnt auch die Unions-Fraktion die geplante Abgabe ab. Deren Fraktionschef Volker Kauder (CDU) erklärte gegenüber der FAZ, dass man nicht einfach die "Kohle plattmachen" könne. Man habe nicht vor, den Ausstieg aus der Kohle zu organisieren, so Kauder. Zwar müssten die Klimaziele eingehalten werden, doch Gabriels Vorschlag sei "so nicht umzusetzen".

Die Diskussion um diesen Punkt der Energiewende dürfte noch intensiv werden. Franz Alt beschreibt das so: "Das Endspiel um die Kohle hat begonnen." Der Ausgang der Auseinandersetzung scheint derzeit völlig offen.

Quelle: IWR Online
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