13.05.2015, 11:41 Uhr

EnBW oder Capital Stage? Wer Prokon im Verkaufsfall bekommt

Hamburg – Der Insolvenzverwalter des Projektierers und Betreibers von Windparks und anderen regenerativen Energieanlagen Prokon verfolgt derzeit parallel zwei Schienen für die Zukunft des Unternehmens. Auf der Verkaufs-Schiene ist nun eine Vorentscheidung getroffen worden.

An einer Übernahme von Prokon waren der Betreiber Capital Stage AG und der Energiekonzern EnBW im Vorfeld als Interessenten genannt worden. Capital Stage hat über das Angebot berichtet, EnBW hielt sich bedeckt. Weitere Namen von potenziell interessierten Käufern sind nicht bekannt. Nun hat Insolvenzverwalter Dr. Dietmar Penzlin erklärt, wer im Falle eines Verkaufs zum Zuge käme.

EnBW würde Prokon erwerben

Laut Penzlin befindet sich die Sanierung der Prokon Regenerativen Energien GmbH auf der Zielgerade. Penzlin werde dem Insolvenzgericht kurzfristig zwei Insolvenzpläne vorlegen, über die die Gläubiger auf einer Gläubigerversammlung Anfang Juli dieses Jahres entscheiden sollen. Die grundlegenden Strategien hinter den zwei Optionen stehen schon länger. Veräußerung des Unternehmens oder Umwandlung in eine Genossenschaft. Im Falle eines Verkaufs käme EnBW zum Zuge.

Gläubigerausschuss entscheidet für Angebot der EnBW Windkraft Beteiligungsgesellschaft mbH

Sollten sich die Gläubiger für eine Veräußerung entscheiden, dann wird das Angebot der EnBW Windkraft Beteiligungsgesellschaft mbH, einer 100-prozentigen Tochtergesellschaft der EnBW Energie Baden-Württemberg AG, ausgewählt. Das ist das Ergebnis des Ende 2014 zusammen mit dem Bankhaus M.M. Warburg & CO gestarteten Bieterprozess. Der Gläubigerausschuss hat aus den teilnehmenden Bietern heute diese Entscheidung getroffen. Im Vorfeld hieß es Medienberichten zufolge, dass EnBW-Angebot belaufe sich auf mindestens 500 Mio. Euro. EnBW selbst erklärte, der angebotene Kaufpreis umfasse einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag in Form einer Barzahlung.

Frank Mastiaux, EnBW-Vorstandsvorsitzender, erklärte: "Wir sind fest davon überzeugt, dass EnBW die beste Plattform bietet, um die langjährigen Erfahrungen und Kompetenzen von Prokon im Windkraftbereich und das Windpark-Portfolio selber langfristig optimal weiter zu entwickeln." Den Mitarbeitern von Prokon biete EnBW eine Perspektive mit guten Wachstumsmöglichkeiten. Die Genussrechtsinhaber von Prokon würden wie die anderen Gläubiger auch "zeitnah, sicher und fair einen substanziellen Betrag in bar" erhalten, so Mastiaux.

Alternative Genossenschafts-Lösung: Teilhabe am Prokon

Bei der alternativen Umwandlung der Prokon-Gesellschaft in eine Genossenschaft werden die Genussrechteinhaber zu Teilhabern am Unternehmen Prokon und können sich somit als Mitglied einer Genossenschaft unternehmerisch an Prokon beteiligen. Dabei kommt es laut Mitteilung des Insolvenzverwalters darauf an, ob mit den Erklärungen der Genussrechteinhaber die Eigenkapitalquote, die vom zuständigen Genossenschaftsverband als erforderlich angesehen wird, auch erreicht würde. Zudem sieht diese Variante die Ausgabe einer Anleihe an sämtliche Genussrechtsinhaber als weiteren Teil der Gläubigerbefriedigung vor. Lieferanten sowie Genussrechtsinhaber mit Forderungen bis zu 1.000 Euro erhalten im ersten Schritt eine Barauszahlung. Diese Gläubiger und die nicht wandlungswilligen Genussrechtsinhaber erhalten darüber hinaus eine Abgeltungskomponente, die jedoch erst und insbesondere nach Realisierung der Darlehen, die im Zusammenhang mit rumänischen Wäldern und dem Palettenwerk in Torgau gewährt wurden, ausgezahlt werden kann.

Bis zu 100.000 Gläubiger werden gefragt

Die Gläubigerversammlung wird Anfang Juli in der Hamburger Messe darüber zu entscheiden haben, welche der beiden Insolvenzplanvarianten umgesetzt werden soll. Beide Insolvenzpläne mit den darin jeweils vorgesehenen Befriedigungsquoten für die Gläubiger sollen dazu bis Anfang Juni an die fast 100.000 Gläubiger von Prokon versandt werden. Die Genussrechtsinhaber werden dann auch ein Formular für die rechtsverbindliche Erklärung erhalten, mit der sie sich für eine Beteiligung an einer Prokon-Genossenschaft entscheiden können.

Beide Planvarianten besser als Zerschlagung

"Ich freue mich sehr, dass es gelingen wird, den Gläubigern im Rahmen eines transparenten Prozesses zwei Angebote einer Insolvenzplansanierung zu unterbreiten", kommentiert Insolvenzverwalter Penzlin den aktuellen Verfahrensstand. "Die Pläne enthalten sehr unterschiedliche Konzepte der Gläubigerbefriedigung und voraussichtlich auch der Unternehmensfortführung. Die Entscheidung hierüber liegt bei der Gläubigerversammlung als dem zentralen Organ des Insolvenzverfahrens. Gläubigerausschuss und Insolvenzverwalter werden insoweit keine Empfehlung aussprechen. Beide Planvarianten erfordern Verzichte vonseiten der Gläubiger, werden aber in jedem Fall zu einem besseren Ergebnis als eine Zerschlagung des Unternehmens führen", so Penzlin weiter.

Quelle: IWR Online
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