23.06.2015, 11:42 Uhr

Showdown um Prokon: EnBW-Übernahme oder Genossenschafts-Lösung?

Münster – Am 2. Juli entscheidet sich, wie es mit dem insolventen Windkraft-Betreiber Prokon weitergehen soll. Im Raum steht eine Übernahme durch den Energieversorger EnBW oder die Weiterführung der Gesellschaft in Form einer Genossenschaft. Die jeweiligen Befürworter reklamieren für sich, die bessere Lösung anzustreben und liefern sich einen öffentlichen Schlagabtausch. Sogar von Betrugsversuchen ist die Rede.

Etwa 74.000 Anleger hatten dem Unternehmen aus Itzehoe für die Finanzierung von regenerativen Projekten insgesamt 1,4 Milliarden Euro über Genussrechte zur Verfügung gestellt. Es winkten hohe Renditen. Doch das Unternehmen hatte Mitte Januar 2014 ein Insolvenzverfahren beantragt. Insolvenzverwalter Dr. Dietmar Penzlin versucht seither, dem Unternehmen wieder auf die Beine zu helfen.

Genossenschaft oder Übernahme?

Kurz vor der Zielgeraden wird es noch einmal spannend um Prokon. Insolvenzverwalter Penzlin hat den Genussrechteinhabern zwei Möglichkeiten zur Abstimmung gegeben. Die erste Variante sieht die Umwandlung der Prokon Regenerative Energien GmbH in eine Genossenschaft um. Demnach sollen alle Genussrechteinhaber 34,5 Prozent des Nennwerts ihrer Genussrechte in Form von Genossenschaftsanteilen zurückbekommen und langfristig von der Erholung Prokons profitieren. Auf der anderen Seite steht die Möglichkeit der Übernahme durch den Energieversorger EnBW. Im Falle einer Übernahme garantiert EnBW den Mitarbeitern von Prokon eine Perspektive mit guten Wachstumsmöglichkeiten. Die Genussrechtsinhaber von Prokon würden wie die anderen Gläubiger auch "zeitnah, sicher und fair einen substanziellen Betrag in bar" erhalten, so der EnBW-Vorstandsvorsitzende Frank Mastiaux nach Verkündung des offiziellen Angebots.

Wettstreit um Prokon geht los

Nachdem nun beide Möglichkeiten öffentlich zur Diskussion stehen, geht das Werben um die eigene Lösung los. Als Verfechter der Genossenschaftslösung hat sich der Verein „Freunde von Prokon“ herauskristallisiert. Dieser sammelt momentan in einem Treuhandverfahren weiteres Geld zur Stärkung des Eigenkapitals ein. Genügend Eigenkapital ist Voraussetzung für die Genossenschaftslösung. Auch EnBW wirbt bei seinen Anlegern und den Genussscheininhabern um Zustimmung. Mit groß angelegten Videobotschaften und öffentlichen Auftritten will man eben jene auf seine Seite ziehen.

Freunde von Prokon sehen in EnBW-Werbung Anlegerbetrug

Den Freunden von Prokon gefällt das Auftreten von EnBW gar nicht. Sie sehen sich von EnBW öffentlich diskreditiert. Der Vorwurf: EnBW unterschlage in der öffentlichen Darstellung Liquiditäten von Prokon, um für die eigenen Übernahmelösung zu werben. Konkret geht es um die Aussage von EnBW: „Folgen der Liquiditätssituation: Niedrige Liquidität verhindert Investitionen in neue Windparks; gleichzeitig Alterung des Bestands und sukzessive Stilllegung nach Erreichen des Betriebsendes, Leistung und Erzeugung der in Betrieb befindlichen Windparks über die Zeit stark rückläufig…“.

Laut „Freunde von Prokon“ beziehe sich EnBW dabei auf die Seite 99 des Insolvenzplans und habe absichtlich die letzten Zeilen ausgelassen, in der „renommierte Experten des Insolvenzverwalters aufzeigen, dass im Jahre 2030 nach vollständiger Tilgung und Zahlung der Anleihezinsen ausschließlich aus dem Betrieb der zur Besicherung der Anleihe verwendeten Bestandswindparks ein kumulierter Cash Flow in Höhe von ca. 98,7 Mio. Euro erwirtschaftet wird“, so „Freunde von Prokon“.

Wolfgang Siegel, der Vorsitzende des Vereins „Die Freunde von Prokon e. V.“ ist entsetzt: „Diese Methoden der Werbung sind nicht nur unfair, sondern ich frage mich, ob dies nicht als Betrugsversuch an den Anlegern zu werten ist.“

Insolvenzverwalter: Beide Möglichkeiten tragfähig

Geht es nach Insolvenzverwalter Dr. Penzlin, so sind beide Varianten unter den nötigen Voraussetzungen tragfähig. „Beide Planvarianten ermöglichen nach meiner und der Einschätzung meines Beraterteams eine stabile Sanierung von Prokon, einen langfristigen Fortbestand des Unternehmens und eine nachhaltige Weiterentwicklung des Unternehmens. Aus denselben Gründen wie der Gläubigerausschuss gebe ich als Insolvenzverwalter kein Votum für einen der beiden Insolvenzpläne ab…“

Welche der beiden Methode am Ende das Rennen macht, wird auf der Gläubigerversammlung am 2. Juli in Hamburg entschieden.

Quelle: IWR Online

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