20.08.2015, 16:26 Uhr

AKW Hinkley Point C: Wer zahlt mögliche Baukosten-Explosion?

Münster – Beim Bau eines Milliardenprojektes wie der Errichtung des britischen Atomkraftwerks Hinkley Point C können die Kosten das urspüngliche Limit deutlich übersteigen. Gegenwärtig ist die drastische Überschreitung des Budgets um ein Vielfaches bei vergleichbaren AKW-Projekten eher die Regel. Doch wer kommt für diese Mehrkosten im Ernstfall auf?

Vor dem Bau für das Großprojekt Hinkley Point C, das der französische Energiekonzer EDF im Südwesten von Großbritannien plant und das mit Milliarden-Beträgen subventioniert wird, machen sich die Briten Sorgen, wer denn für die möglichen Zusatzkosten im Falle von Bau-Verzögerungen oder Pannen aufkommt. Ein EDF-Sprecher hat dazu nun Stellung bezogen.

Französische statt britische Steuerzahlen könnten für AKW-Mehrkosten aufkommen

Wie das britische Magazin "Power Engineering International" berichtet, habe ein Sprecher von EDF Energy nun klargestellt, dass die britischen Steuerzahler nicht für die möglichen Zusatzkosten für den Bau des Druckwasserreaktors vom französischen Hersteller Areva aufkommen müssen. Die britischen Steuerzahler seien davon nicht betroffen. Von Beginn an sei in den Verhandlungen klar gewesen, dass die Energie-Unternehmen und deren Investoren das Baurisiko für das Kernenergie-Projekt übernehmen. Das werde ausdrücklich auch bei Hinkley Point C sowie bei zukünftigen Projekten so sein. Allerdings ist der Lieferant des Atomrekators vom Typ "Evolutionary Power Reactor" (EPR) der angeschlagene französische Energietechnik- und Industrie-Konzern Areva und dieser gehört inzwischen dem französischen Staat. In letzter Konsequenz könnte also nicht der britische, sondern der französische Steuerzahler an den Kosten beteiligt werden. Dass gewaltige Probleme beim Bau der Druckwasserreaktoren, bei Hinkley Point C ist eine gemeinsame Bruttoleistung von 3.260 Megawatt (MW) vorgesehen, auftreten können, zeigen die Beispiele aus Finnland und Frankreich.

Finnland: Olkiluoto 3 wird wohl mindestens 8,5 Mrd. Euro kosten

Auch in Finnland und Frankreich werden derzeit Kernreaktoren des gleichen Typs gebaut. In beiden Fällen sind die ursprünglich geplanten Kosten bereits jetzt um hohe Milliarden-Beträge übertroffen worden. In Finnland wird beispielsweise seit 2005 im Südwesten des Landes am Block III des Kernkraftwerks Olkiluoto mit einer geplanten Leistung von 1.600 MW gebaut. Die Fertigstellung hatte der französische Atomkonzern Areva zunächst für 2009 zugesagt, der Festpreis sollte etwa drei Mrd. Euro betragen. Eingehalten wurde beides nicht. Mittlerweile haben sich die Kosten nach Medienberichten auf mindestens 8,5 Milliarden Euro nahezu verdreifacht und ein Ende ist noch nicht in Sicht. Der letzte genannte Termin der Inbetriebnahme ist nun 2016, mehr als zehn Jahre nach Baubeginn.

Frankreich: Flamanville 3 kostet eher neun statt 3,3 Mrd. Euro

Ähnliches ist in Flamanville in Frankreich zu beobachten. 2004 gab EDF die Errichtung des dritten Reaktors am Standort im Nordwesten Frankreichs am Ärmelkanal bekannt. Auch hierbei hat Areva zusammen mit Siemens den Auftrag für den EPR-Reaktor erhalten. EDF prognostizierte ursprünglich eine Fertigstellung im Jahr 2012 und plante mit Baukosten in Höhe von 3,3 Mrd. Euro. Inzwischen soll die Inbetriebnahme erst im Jahr 2017 erfolgen. Die Kosten werden dabei allerdings auf neun Mrd. Euro beziffert. Diese Probleme haben Areva in eine tiefe Unternehmenskrise geführt und inzwischen ist der Konzen verstaatlicht worden. Daher müssen die Steuerzahler in Frankreich wohl darauf hoffen, dass der Bau von Hinkley Point C wie geplant von statten geht und damit also komplett anders als in den bisherigen Beispielen.

Quelle: IWR Online

© IWR, 2015