28.08.2015, 11:47 Uhr

Atomkraftwerk Greifswald – Milliarden Steuergelder für den Abriss

Münster – Der Rückbau der Atomkraftwerke und die Entsorgung des radioaktiv verseuchten Atommülls sind derzeit vieldiskutierte Themen. Aus gutem Grund, denn diese Vorhaben sind sehr aufwändig und teuer, auch für die Steuerzahler in Deutschland. Das zeigen die Erfahrungen aus dem Kernkraftwerk Greifswald in Mecklenburg-Vorpommern, das bereits seit zwei Jahrzehnten zurückgebaut wird.

Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) hat das im Rückbau befindliche Atomkraftwerk (AKW) in der Gemeinde Lubmin im Landkreis Kreis Greifswald-Land im Rahmen ihrer Sommerreise 2015 besucht. Die Kosten dieses Rückbaus werden aktuell mit 4,2 Milliarden Euro beziffert, finanziert aus deutschen Steuergeldern. Doch diese Kosten können durchaus noch weiter steigen, das räumt sogar die Umweltministerin ein.

Hendricks: AKW-Rückbaukosten können weiter ansteigen

Im Juli 1974 ging der erste AKW-Reaktorblock russischer Bauweise in Lubmin ans Netz, dem eigentlich noch sieben weitere Blöcke folgen sollten. Bis 1989 wurden vier weitere Blöcke fertiggestellt, drei befanden sich noch im Aufbau. Aus wirtschaftlichen Erwägungen wurde dann aber 1990 die Entscheidung getroffen, alle Reaktorblöcke abzuschalten. 1994 entstand am Rande des Geländes das Zwischenlager Nord, in dem die beim Rückbau der Kernkraftwerke Greifswald (KGR) und Rheinsberg (KKR) anfallenden radioaktiven Reststoffe und Abfälle sowie die Kernbrennstoffe zwischengelagert werden. Hendricks erklärte zur Finanzierung: „Das hier wird mit Steuermitteln bezahlt und angenommen werden jetzt schon etwa vier Milliarden Euro nach heutigen Preisen.“ Allerdings müsse man ehrlicherweise sagen, dass das Ganze auch teurer werden könne. Grund sei, dass der gesamte Rückbau sehr lange dauere. Zuständig für den Rückbau ist die Energiewerke Nord GmbH, die aus dem ehemaligen DDR-Kombinat Kernkraftwerke „Bruno Leuschner“ hervorgegangen ist. Hendricks hofft, dass der professionelle AKW-Rückbau zu einem deutscher Exportschlager werden.

Das Problem der AKW-Rückstellungen - wenn das Geld fehlt

Anders als in Lubmin liegt die Finanzierung der Rückbaukosten für die privat betriebenen Atomkraftwerke, die in Deutschland kürzlich vom Netz gegangen sind oder bis 2022 noch vom Netz gehen werden, bei den Betreibern. E.ON, RWE und Vattenfall sind dabei gefragt. Bislang haben diese allerdings lediglich Rückstellungen in ihren Bilanzen gebucht. Diese belaufen sich auf rund 38 Milliarden Euro. Doch wer glaubt, mit Begriff „Rückstellungen“ sei auch Geld auf die „hohe Kante“ verbunden, irrt sich gewaltig. Tatsächlich steht der bilanzrechtliche Begriff „Rückstellungen“ für eine bestimmte Art von Schulden und ist damit etwas ganz anderes als „Rücklagen“ (Eigenkapital). Inwieweit die Betreiber zur späteren Zahlung dieser Schulden tatsächlich in der Lage sein werden, ist eine ganz andere Frage. Dazu wäre beispielsweise ein funktionierendes operatives Energie-Geschäftsmodell hilfreich. Ein solches lassen die großen Energieversorger und AKW-Betreiber jedoch zunehmend vermissen, wie die Entwicklung der Quartals-Finanzen zeigt.

Quelle: IWR Online

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