09.09.2015, 10:51 Uhr

Neues Strommarktgesetz kommt wohl ohne Kapazitätsmarkt aus

Münster – Ein wichtiger Punkt im zukünftigen Strommarkt in Deutschland wird sein, ob auch die reine Vorhaltung von Erzeugungskapazitäten vergütet werden soll (Kapazitätsmärkte) oder ob es bei dem Grundsatz bleibt, dass nur die tatsächliche Bereitstellung von elektrischer Energie entlohnt wird (Energy-only-Markt). Ein neuer Gesetzentwurf soll nun keinerlei Regelungen für einen Kapazitätsmarkt beinhalten.

Über die Ausgestaltung des zukünftigen Marktdesigns und des Ordnungsrahmen für den Stromsektor ist in den vergangenen Jahren viel und intensiv diskutiert worden. Die Energiewirtschaft forderte dabei mit Vehemenz die Einführung von Kapazitätsmärkten, doch die Politik ist weitgehend skeptisch geblieben. Im Rahmen eines von der Regierung initiierten Konsultationsprozesses wurde in den letzten Monaten aus einem Grün- ein Weißbuch zum zukünftigen Strommarkt. Nun liegt offenbar auch bereits ein Entwurf für das neue Strommarktgesetz vor. Angeblich soll dieser Entwurf keine Regelungen für einen Kapazitätsmarkt enthalten.

Gesetzentwurf: Kapazitätsmärkte führen sehr häufig zu Überkapazitäten

Auch bereits im Weißbuch, das im Juli 2015 von der Regierung veröffentlicht wurde, wird von der Einführung eines Kapazitätsmarktes abgesehen. Demnach sichert die Kapazitätsreserve den Strommarkt 2.0 ab, laut Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) wie „der Hosenträger einen Gürtel“. Allerdings dürfe diese Reserve nicht am Markt teilnehmen. BMWi-Staatssekretär Rainer Baake hatte dabei erklärt, dass der Strommarkt 2.0 Versorgungssicherheit gewährleiste und kostengünstiger sei als ein Kapazitätsmarkt. Zudem ermögliche er die Integration hoher Anteile erneuerbarer Energien.

Laut dpa enthält nun auch der Entwurf zum Marktdesign-Gesetz oder Strommarktgesetz keine Sonderprämien für die reine Vorhaltung konventioneller Kraftwerke. Kapazitätsmärkte führen laut dem Gesetzentwurf sehr häufig zu Überkapazitäten, würden eine hohe Komplexität sowie eine erhebliche Gefahr von Regulierungsversagen aufweisen.

E-ON-Chef Teyssen im Januar: Kapazitätsmärkte kommen sowieso

Noch zu Beginn dieses Jahres hatte E.ON-Chef Johannes Teyssen erklärt, dass Kapazitätsmärkte „sowieso“ kommen. Hinter ihm stehen die Verbände der Energiewirtschaft. Der Verband kommunaler Unternehmen e.V. argumentierte: Sich nur auf den Energy-Only-Markt und zufällige Preisspitzen zu verlassen, greife zu kurz. Nur der technologieoffene, dezentrale Leistungsmarkt biete verlässlich Versorgungssicherheit unter marktwirtschaftliche Rahmenbedingungen und damit zu volkswirtschaftlich geringen Kosten. Doch die Politik blieb in dieser Sache zurückhaltend. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte zu Beginn des Jahres vor Vertretern der Erneuerbare-Energien-Branche: „Ich teile Ihre Skepsis zu Kapazitätsmärkten.“ Nun verdichten sich die Anzeichen, dass Teyssens Vorhersage vorerst nicht zutrifft.

Quelle: IWR Online

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