13.10.2015, 17:55 Uhr

E.ON und RWE: Analysten nach Gutachten zu AKW-Rückstellungen im Bewertungsstress

Münster – Am vergangenen Wochenende hat das Bundeswirtschaftsministerium das Gutachten zur Überprüfung der Kernenergie-Rückstellungen veröffentlicht. Das daraus gezogene Fazit, wonach die Atomkonzerne wie RWE und E.ON in der Lage sind, die Finanzierung des Rückbaus der Kernkraftwerke und der Entsorgung der radioaktiven Abfälle zu meistern, hat am Montag zu kräftigen Kursgewinnen geführt. Das Echo bei Analysten und Kommentatoren fällt jedoch uneinheitlich aus.

Auch die Aktienkurse der beiden Versorger kühlen am Dienstag wieder deutlich ab. Sowohl die Papiere von RWE (-5,4 Prozent, 12,67 Euro) also auch von E.ON (-4,3 Prozent, 9,16 Euro, beide Stand 15:50 Uhr, Kurs Xetra) geben am Dienstag die Vortagesgewinne (RWE: +9,3 Prozent; E.ON: +5,0 Prozent) zu einem erheblichen Teil wieder ab. Zahlreiche Analysten haben die Bewertungen für die beiden Versorger-Titel angepasst. Auch die Medien kommentierten den Stresstest.

Analysten korrigieren ihre Bewertungen für E.ON und RWE teilweise nach oben

Die Aktienanalysten haben sich intensiv mit den Ergebnissen des Stresstests beschäftigt. Es liegen jeweils elf Analysten-Kommentare für die E.ON- bzw. die RWE-Aktie vor. Bei RWE haben sechs Analysten das Rating „hold“, „neutral“ oder „market perform“ gewählt. Immerhin vier Experten haben die Aktie zum Kauf empfohlen. Lediglich die Analysten von Kepler Cheuvreux empfehlen, die RWE-Aktie zu verkaufen.

Fünf der elf Analysten haben zudem ihre Bewertung für die RWE-Aktie nach oben angepasst. UBS-Analyst Alberto Gandolfi hat z.B. die Bewertung von "sell" auf "neutral" hochgestuft. Er gehe nun nicht mehr vom Schlimmsten aus, da die Rückstellungen für den Atomausstieg für ausreichend befunden worden seien. Das kurzfristige Risiko einer Kapitalerhöhung falle weg, glaubt Gandolfi. Als einziger Analyst hat Werner Eisenmann von der DZ Bank RWE von "kaufen" auf "halten" herabgestuft. Nach der deutlichen Kurserholung infolge der Stresstest-Ergebnisse senke er nun sein Anlageurteil. Das fundamentale Umfeld sei unverändert schlecht für den Versorger. Immherin hat Eisenmann den fairen Aktienwert von 13 auf 14 Euro erhöht.

Bei E.ON raten zwei der elf Analysten zum Verkauf der Aktie. Neben Kepler Cheuvreux lautet auch das Urteil durch die Experten der DZ Bank „reduce“. Zum Kauf empfehlen sechs Analysten die E.ON-Aktie, das sind zwei Kaufempfehlungen mehr als bei RWE. Drei Mal lautet das Votum für die Aktie von E.ON „halten“.

Börsen-Zeitung: Politik will Versorger nicht weiter schwächen

Bei der Börsen-Zeitung heißt es, die Bewertung des Stresstests zu den Atomrückstellungen durch die Bundesregierung sei „auf den ersten Blick erstaunlich positiv ausgefallen“. Da offensichtlich auch innerhalb der Regierung niemand ein Interesse habe, E.ON, RWE und Co. weiter zu schwächen, haben die Politik die Samthandschuhe angezogen.

Doch die Wirtschaftsprüfer hätten selbst betont, dass die Rückstellungen Schulden seien, die hinsichtlich ihrer Höhe und Fälligkeit ungewiss seien. Diese Ungewissheit spiegele sich laut dem Kommentar der Börsen-Zeitung in den unterschiedlichen Szenarien mit einer Spannbreite der erforderlichen Rückstellungen (29 bis 77 Mrd. Euro) wider. Diese Spannbreite mache die Risiken deutlich, die auf die Konzerne zukommen könnten.

Quelle: IWR Online

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