28.04.2016, 14:09 Uhr

Nach Kommissions-Vorschlag: Atomkonzerne stöhnen – Aktionäre feiern

Berlin / Münster – Für die Aktien der Atomkonzerne RWE und E.ON wirkte der Vorschlag der Atomkommission zur Überprüfung der Finanzierung des Kernenergieausstieg s (KFK) wie ein Turbo. 23 Milliarden Euro sollen die AKW-Betreiber in einen Fonds einzahlen, doch die lehnen den vorgeschlagenen Deal ab.

Die vier Atomkraftwerks-Betreibe in Deutschland, EnBW, E.ON, RWE und Vattenfall, haben in einer gleichlautenden Mitteilung erklärt, dass der Vorschlag der KFK die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit überfordere. Anders sehen die Anteilseigner den vorgeschlagenen Kompromiss. Die Aktie von RWE kletterte am Mittwoch um 6,3 Prozent, das Wertpapier von E.ON um 3,2 Prozent. Im Handel am Donnerstag geben die Papier einen Teil der Vortagesgewinne aber wieder ab.

KFK-Vorschlag: E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall zahlen 23,3 Mrd. Euro für Endlagerung

Nach den einstimmig beschlossenen Plänen der parteiübergreifend besetzten Kommission sollen die Finanzierungsrisiken und die entsprechenden Mittel für Aufgaben der Zwischen- und Endlagerung des radioaktiven Abfalls an den Staat übergehen. Zu diesem Zweck sollten die Konzerne etwa 23,3 Mrd. Euro in einen neu zu errichtenden öffentlich-rechtlichen Fonds einbringen. Sie bleiben zudem für den Rückbau der Atomkraftwerke (AKW) verantwortlich. Die Summe von 23,3 Mrd. Euro enthält auch einen Risikozuschlag in Höhe von rund 35 Prozent (ca. 6 Mrd. Euro), der offenbar zum Stein des Anstoßes geworden ist.

Konzerne: Risikoausschlage übersteigt Grenze der Leistungsfähigkeit

Die vorgelegten Vorschläge mit einem hohen Risikoaufschlag belasten die betroffenen Energieunternehmen über ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit hinaus, so E.ON, RWE und Co. Dies könnten sie schon aus Verantwortung gegenüber ihren Mitarbeitern, Kunden und Eigentümern so nicht akzeptieren. Vor einer abschließenden Bewertung werde man den Bericht aber zunächst eingehend analysieren.

Die AKW-Betreiber seien in den Gesprächen mit der KFK im Sinne einer gemeinsamen Lösung bereit gewesen, einen darüber hinaus gehenden Risikozuschlag in Kauf zu nehmen. Im Interesse einer solchen Verständigung habe man wirtschaftlichen Hintergründe offen und transparent dargelegt und angeboten, bis an die äußerste Grenze ihrer Leistungsfähigkeit zu gehen. Doch diese Grenze sei mit dem Kommissionsvorschlag zur Höhe des so genannten Risikoaufschlages allerdings überschritten worden

BUND enttäuscht wegen zu geringem Risikoaufschlag

Die Aktionäre haben aber offenbar mit härteren Konsequenzen für die Konzerne gerechnet. Auch bei den Umweltverbänden klingt die Einschätzung anders. Für Hubert Weiger, den Vorsitzenden des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), ist das Ergebnis der KFK ernüchternd. Die Vorschläge der Trittin-Kommission würden das Verursacherprinzip aufweichen. Weiger: "Obwohl gesetzlich klar geregelt ist, dass die AKW-Betreiber die Folgekosten der Atomkraftnutzung tragen, werden sie jetzt aus der umfassenden Haftung entlassen. Der im Gegenzug vereinbarte Risikoaufschlag ist viel zu gering.“

Liquide Mittel für Fonds-Einzahlungen müssen erst geschaffen werden

Ein weiteres Thema ist die Finanzierung der 23,3 Milliarden Euro. Die in vielen Medien zitierte "Übertragung von Rückstellungen in einen Fonds" ist gar nicht möglich. Bei Rückstellungen handelt es sich in der Bilanzsprache nicht um zurückgelegtes Geld, wie vielfach suggeriert wird, das man einfach in einen Fonds übertragen kann. Bei Rückstellungen handelt es sich nur um einen Bilanz-Merkposten über die Höhe der noch zu zahlenden Verbindlichkeiten. Im Klartext: Die AKW-Betreiber haben nur die Schulden gebucht. Woher das Geld in Cash für die Einzahlung in den Fonds kommt, ist weiter völlig unklar.

Quelle: IWR Online

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