22.06.2016, 15:27 Uhr

Gesetzentwurf: Bundesländer können selbst über Fracking entscheiden

Berlin – Die Bundesregierung will noch in dieser Woche ein Gesetz zum umstrittenen Fracking auf den Weg bringen. Demnach sollen die Bundesländer entscheiden, ob Fracking-Probebohrungen gemacht werden dürfen. Die Grünen sind dagegen und vermuten, die Regierung wolle das Paket im Windschatten von Brexit-Abstimmung und Fußball-EM noch schnell verabschieden.

Ein Gesetzentwurf des Bundesumweltministeriums wurde bereits im Frührjahr 2015 vorgelegt, doch aufgrund erheblicher Widerstände auch innerhalb der Regierungkoalition ist es bislang dabei geblieben. Nun nimmt die Debatte um das Frackinggesetz erneut Fahrt auf. Union und SPD haben sich offenbar geeinigt. Der Opposition geht das zu schnell, sie fordert ein uneingeschränktes Fracking-Verbot.

Koalition spricht von Quasi-Fracking-Verbot

Der neue Kompromissvorschlag sieht für unkonventionelles Fracking zwar die Möglichkeit der Erlaubniserteilung von vier Probebohrungen zu wissenschaftlichen Zwecken vor. Diese bedürfen aber zwingend der Zustimmung der jeweiligen Landesregierung. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks: "Mit der Einigung wird eine lange Kontroverse zu einem wichtigen Gesetzesvorhaben zu einem guten Abschluss geführt. Der Gesetzentwurf beinhaltet ein unbefristetes Verbot des sogenannten unkonventionellen Frackings. Kommerzielle unkonventionelle Fracking-Vorhaben sind in Deutschland damit bis auf weiteres nicht zulässig."

Die Entscheidung einer Landesregierung über Fracking-Probebohrungen erfordere eine Abwägung mit den geologischen Besonderheiten der betroffenen Gebiete und sonstigen öffentlichen Interessen, erklärte die SPD-Bundestagsabgeordnete Nina Scheer. Sie betonte, dass durch diese Neuregelung in Schleswig-Holstein somit zukünftig unkonventionelles bzw. Schiefergesteins-Fracking umfassend verboten sein werde. Konventionelles Fracking, das seit den 60er Jahren insbesondere in Niedersachsen Anwendung findet, wird nur nach weitergehend verschärften Umweltschutzanforderungen möglich sein. Scheer dazu: "Auch wenn ich grundsätzlich für ein Verbot von auch konventionellem Fracking eintrete, erachte ich die nun vereinbarte Neuregelung für notwendig, um endlich zu einem Verbot des wesentlich rohstoffreicheren und flächenintensiveren unkonventionellen Fracking zu gelangen." Der NRW-Landeschef der CDU Armin Laschet erklärte, dass dieser Kompromiss Fracking in Deutschland quasi ausschließe.

Grüne wollen absolutes Verbot – VKU freut sich über "Wasserschutzgesetz"

Bei der Opposition ist die Einschätzung aber eine andere. Anton Hofreiter, Bundestags-Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90 / Die Grünen, und seine Julia Verlinden, Grünen-Sprecherin für Energiepolitik betonten: "Was die Regierung uns als Verbot von Fracking verkaufen will, ist in Wahrheit eine Fracking-Erlaubnis. Im Sandstein darf weiterhin das Fracking-Verfahren angewendet werden und sogar Probebohrungen nach Schiefergas sollen mit Zustimmung der Länder ermöglicht werden. Mit diesem Gesetz bekommt die Erdgas-Industrie genau das auf dem Silbertablett serviert, was sie erst letzte Woche wieder gefordert hat: Rechtssicherheit, um noch die letzten Reste Erdgas aus dem Boden zu pressen." Fracking, egal welcher Art gehe auf Kosten von Umwelt, Gesundheit und Klimaschutz. Die Verlängerung des fossilen Zeitalters durch Fracking stehe im krassen Widerspruch zu den Klimabeschlüssen von Paris, so beiden Grünen-Politiker.

Positiv sieht der Verband kommunaler Unternehmen (VKU), der die kommunale Wasserwirtschaft in Deutschland vertritt, die Einigung: Es sei gut, dass sich die Koalitionsfraktionen beim Thema Fracking auf ein "Wasserschutzgesetz" geeinigt hätten. Der derzeitige Rechtsrahmen habe den Schutz der Trinkwasserressourcen in Deutschland nicht gewährleistet.

Giftiges Frac-Gemisch bereitet Sorgen

Beim sogenannten Fracking wird in großen Tiefen gebohrt, um an die Gesteinsschichten zu gelangen, welche Erdgas oder auch Erdöl einlagern. Größere Vorkommen werden beispielsweise im Münsterland vermutet, die durch Fracking erschlossen werden könnten. Mittels eines Frac-Gemischs, welches unter hohem Druck in das Bohrloch gepumpt wird, werden die Gesteinsschichten aufgesprengt, um so das darin eingeschlossene Erdgas freizusetzen und zu fördern. Zusätzlich zu dem so gewonnenen Erdgas kommt auch der „Flowback“ (Rückflusswasser) wieder an die Oberfläche, der möglicherweise giftige Substanzen enthalten kann. Gegner befürchten Verunreinigungen des Grundwassers.

Quelle: IWR Online

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