02.09.2016, 16:43 Uhr

Norddeutsche Windbranche bangt um Bürgerenergie

Kiel – Auch wenn mit der Windenergie in Schleswig-Holstein weiterhin Geld verdient werden kann, werden die Bedingungen und der Wettbewerb härter. Größte Sorge der Branche im nördlichsten Bundesland ist die Zukunft der Bürgerwindparks.

Das wurde bei der Konferenz windwert 2016 in Kiel in dieser Woche (30.08.2016) deutlich. Die von der Netzwerkagentur Erneuerbare Energien Schleswig-Holstein (EE.SH) organisierte Windenergie-Veranstaltung mit etwa 160 Teilnehmern fand bereits zum sechsten Mal statt. Mit dabei war auch Schleswig-Holsteins Energiewendeminister Dr. Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen).

EEG-Sonderregelungen für Bürgerenergie-Gesellschaften reichen nicht

Habeck wies in seinem Eingangsreferat darauf hin, dass trotz des Ausbau-Moratoriums in Schleswig-Holstein weiterhin Windkraftanlagen genehmigt werden. Er geht davon aus, dass dies in diesem Jahr voraussichtlich für etwa 200 Turbinen zutrifft. Das Ziel, fossile Kraftwerke endgültig abzuschalten, werde mit der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) jedoch nur halbherzig angegangen, so Habeck. Er kritisierte insbesondere auch die aus seiner Sicht zu geringfügigen Sonderregelungen für Bürgerenergiegesellschaften im neuen EEG. Habeck: „Wir brauchen die Bürgerinnen und Bürger, um unsere Ziele für die Energiewende in Schleswig-Holstein zu erreichen. In Nordfriesland wurden die Bürgerwindparks quasi erfunden und haben sich von dort überall - auch als Solarparks – ausgebreitet. Ich habe große Sorge, dass diese Beteiligung und damit Akzeptanz aufgrund der neuen Regelungen ein jähes Ende nehmen wird.“

Banken bei Bürgerprojekten von Anfang an ins Boot holen

Nach dem EEG 2017, das im Juli 2016 beschlossen wurde und im Januar 2017 in Kraft tritt, müssen sich Windpark-Planer an Ausschreibungen beteiligen. Es gewinnen die Projekte, die für ihren produzierten Strom die geringste Vergütung verlangen. Eine Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutz-Gesetz (BImSchG) ist die Voraussetzung dafür, sich an einer Ausschreibung zu beteiligen. Zu den Sonderregelungen für Bürgerenergiegesellschaften gehört, dass diese für ihr Gebot 15 Euro pro Kilowattstunde an Sicherheit mitbringen müssen. Alle anderen Bieter benötigen eine Bonität von 30 Euro pro Kilowattstunde. Eine höhere Eigenkapitalausstattung sei also nötig, und die Bonität werde strenger geprüft, sodass es sinnvoll sei, die Banken von Anfang an in die Planung einzubeziehen, erläuterte Thomas Kals von der Deutschen Kreditbank AG in Schwerin.

Positiv: Anteile an der Betreibergesellschaft müssen Gemeinden angeboten werden

Bürgerenergiegesellschaften sollen nach dem EEG in Zukunft immer der betroffenen Gemeinde einen Anteil von mindestens zehn Prozent an der Betreibergesellschaft eines geplanten Windparks anbieten. Dies sei ein positiver Aspekt und eine Chance für die Akzeptanz, erklärte Dr. Ursula Prall von der Kanzlei Becker Büttner Held aus Hamburg. Andere Aspekte des neuen Gesetzes kritisierte sie jedoch als unzureichend: „Wir müssen jetzt damit arbeiten und der Politik zeigen, wo Bedarfe für weitere gesetzliche Regelungen liegen“, sagte die Juristin.

Zu den weiteren Themen der Veranstaltung zählten unter anderem der Konflikt zwischen Seeadlern und Windkraftanlagen, neue Logistikkonzepte sowie technische Neuerungen, unter anderem bedarfsgerechte Befeuerung oder die Forschung an Rotorblättern aus Holz.

Quelle: IWR Online

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