15.12.2016, 15:56 Uhr

Bundestag entscheidet über Atommüll-Deal

Berlin – Der Bundestag hat die Finanzierung des Atomausstiegs neu geregelt. Der Bund übernimmt danach die Kosten für die Zwischen- und Endlagerung des Atommülls, der für eine Million Jahre sicher gelagert werden soll. Geht das überhaupt?

Der Deutsche Bundestag hat weitere Folgen des Atomausstiegs geregelt. Demnach bleiben die Atomkonzerne für den Rückbau der Atomkraftwerke (AKW) zuständig. Für die Zwischen- und Endlagerung des Atommülls übertragen sie über 23 Mrd. Euro an den Staat, der ihnen dafür diese Aufgabe abnimmt.

Bundestag folgt beim Atomausstieg der KFK-Kommission

Das Gesetzespaket soll die Finanzierung des Atomausstiegs bei Stilllegung, Rückbau und Entsorgung langfristig und verursachergerecht sicherstellen. Die Bundesregierung folgt damit den Empfehlungen der Kommission zur Überprüfung der Finanzierung des Kernenergieausstiegs (KFK) vom April 2016. Die Kommission hatte die Empfehlungen partei- und gesellschaftsübergreifend erarbeitet und einstimmig beschlossen. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel hält fest: „Das ist der eigentliche Schlussakt des Atomausstiegskonsenses, den für ein Endlager werden wir noch herbeiführen müssen.“ Anton Hofreiter, Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90 / Die Grünen: „Wir haben mit den Umweltverbänden und der breiten Mehrheit der Bevölkerung seit Jahrzehnten für ein geordnetes Ende der Atomkraft gekämpft. Das jetzige Gesetz ist ein weiterer sehr wichtiger Erfolg auf diesem Weg. Aber wir alle wissen: Wenn in sechs Jahren im letzten Atomkraftwerk das Licht ausgeht, haben wir trotzdem noch unendlich lange ein Atommüllproblem.“ Die gut 23 Milliarden Euro müssen nach dem 2013 beschlossenen Standortauswahlgesetz ausreichen, um den Atommüll in einem Endlager zu deponiern, das „die bestmögliche Sicherheit für einen Zeitraum von einer Million Jahren gewährleistet“.

AKW-Betreiber zahlen Grundbetrag bis Juli 2017

Das Entsorgungsfondsgesetz wurde mit den Stimmen der Koalition sowie der Grünen-Fraktion beschlossen. Lediglich die Linke-Fraktion hat mehrheitlich gegen das Gesetz gestimmt. Das Gesetz sieht einen Fonds als schlanke Stiftung des öffentlichen Rechts vor. Die AKW-Betreiber sind verpflichtet, einen Betrag von rund 17,4 Milliarden Euro in diesen Fonds einzuzahlen. Hinzu kommt ein Risikoaufschlag von rund 35 Prozent, vor allem für Kosten- und Zinsrisiken. Bis zum 1. Juli 2017 müssen die Konzerne den Grundbetrag in den Fonds einzahlen. Sollte ein Betreiber den zusätzlichen Risikoaufschlag bis Ende 2022 nicht zahlen, bleibt er in der Pflicht, bei Bedarf weiter einzuzahlen. Die bisherigen Zwischenlager sollen bis zum 1. Januar 2019 (teilweise auch 1. Januar 2020) auf den bundeseigenen Zwischenlagerbetreiber übertragen werden.

Die Linke kritisiert Verstaatlichung zu Lasten des Steuerzahlers

Kritik am neuen Gesetz kommt von den Linken. Hubertus Zdebel: „Wenn Atomkonzeren nichts mehr verdienen können oder hohe Kosten drohen, muss der Staat ran. Nach diesem Prinzip werde jetzt die Verstaatlichung der gesamten Atommüllentsorgung besiegelt und dem Steuerzahler die Risiken aufgebürdet. Das machen Die Linken nicht mit. Die Summe von 23 Mrd. Euro bezeichnet Zdebel als Schnäppchenpreis.

23 Mrd. Euro für sichere Atommülllagerung über eine Million Jahre

Mit dem Freikauf der AKW-Betreiber von der Atommüll-Endlagerung steigt das Kostenrisiko für den Steuerzahler. Laut Bundesamt für Strahlenschutz sind bis Ende 2011 bereits 14.460 Tonnen Atommüll in Form von abgebrannten Brennelementen angefallen, ungefähr 2.760 Tonnen Schwermetall abgebrannte Brennelemente werden bis zur Stilllegung der Kernkraftwerke noch anfallen. Für die rd. 17.000 Tonnen horchradioaktiven Atommüll muss ein sicheres Endlager erst gefunden werden. Niemand weiß, wie die Geologie in Deutschland in einer Million Jahren aussieht. Dass die 23 Milliarden Euro zur Finanzierung des nicht absehbaren Zeitraums der Atommüll-Zwischenlagerung und dann noch für einen Zeitraum von einer Million Jahre Endlager-Betreuung ausreicht, darf getrost bezweifelt werden.

Quelle: IWR Online

© IWR, 2016