07.03.2017, 08:30 Uhr

Stromkunden stürzen bei Zahlungsverzug ins Gebührenchaos

Düsseldorf - Die Verbraucherzentrale NRW hat das Kleingedruckte bei Stromverträgen verschiedener Stromanbieter unter die Lupe genommen. Das Ergebnis: Gerade wenn es zu einem Zahlungsverzug kommt, wird die Lage verwirrend. Das Vorgehen der Anbieter ist alles andere als transparent und einheitlich.

Hintergrund ist ein Check des Projekts "NRW bekämpft Energiearmut" der Verbraucherzentrale NRW. Der vom Land Nordrhein-Westfalen finanzierte Verein hat Preisblätter, ergänzende Vertragsbedingungen und Angaben im Internetauftritt der 109 Grundversorger in NRW genauer betrachtet, sofern dies überhaupt möglich war.

Hohe Spannen bei Gebühren für Stromsperre und Wiederanschluss

Obwohl die Unternehmen verpflichtet sind, allgemeine Bedingungen und Preise zu veröffentlichen, sperrte sich ein Dutzend der Grundversorger bei diesen Informationen. Auffällig ist nach Angaben der Verbraucherzentrale NRW, dass enorme Preisspannen je nach Versorger und Wohnort zu finden sind. So müssen säumige Stromkunden für eine Mahnung per Post zwischen 1,50 bei den Stadtwerken Kleve und 7 Euro bei den Stadtwerken Lippstadt zahlen. Für per Brief angekündigte Stromsperren variieren die Entgelte zwischen 2,50 und 30 Euro. Für Sperre und Wiederanschluss nehmen die Versorger nach Angaben der Verbraucherzentrale NRW mindestens rund 30 Euro. Dieser Betrag kann aber bis in den dreistelligen Bereich ansteigen. Eine Erklärung, wie diese Preisdifferenzen für den gleichen Vorgang zu erklären sind, hat die Verbraucherschutz-Einrichtung in NRW nicht gefunden.

Zusatzkosten sind "Buch mit sieben Siegeln"

Fehlende Transparenz bei den untersuchten Entgelten bemängelt Wolfgang Schuldzinski, Vorstand der Verbraucherzentrale NRW: "Was on top zu zahlen ist und warum, bleibt bei vielen Grundversorgern ein Buch mit sieben Siegeln". Die aktuelle Untersuchung zeige ein Wirrwarr an Kostenpositionen mit breiten Spannen und zum Teil überhöhten Entgelten, so Schuldzinski. Wer seine Strom- oder Gasrechnung nicht bezahlen kann, dem drohen nicht nur Entgelte für Mahnungen, Sperrandrohung und -ankündigung, Unterbrechung und Wiederanschluss an die Versorgung, sondern auch für Forderungsaufstellungen, Ratenvereinbarungen, Nachinkasso und Sperrkontrollen. Die Verbraucherzentrale NRW hat bei ihrem Check von Kleingedrucktem und Preisverzeichnissen nicht nur eine Vielzahl möglicher Kostenpositionen entdeckt, sondern ist auch auf überhöhte Entgeltforderungen gestoßen. Nur 15 der 109 Versorger verlangten für eine Mahnung mit 2,50 Euro genau den Betrag, den die Verbraucherzentrale NRW für ein solches Schreiben für akzeptabel hält. Die Mehrzahl berechnete bis zu 4,50 Euro. Zwölf Unternehmen berechneten für Mahnkosten pauschal 5 Euro, was laut Verbraucherzentrale NRW auch nach Auffassung des Bundesgerichtshofs unzulässig ist. Fünf Versorger hätten sogar diesen Betrag überschritten.

Stadtwerke Kleve mit der günstigsten Stromsperre

Die günstigste Stromsperre weist laut der Untersuchung das Preisverzeichnis der Stadtwerke Kleve mit 12,50 Euro aus, während bei lekker Energie in Heinsberg dafür 95,20 Euro zu Buche schlagen. Wie lekker Energie gegenüber IWR Online erklärt, ist diese Summe jedoch als Pauschale sowohl für die Unterbrechung als auch für die spätere Wiederherstellung der Stromversorgung zu verstehen. Im NRW-Durchschnitt verlangen Versorger laut Verbraucherzentrale NRW 44,95 Euro fürs Sperren. "Die großen Unterschiede verwundern. Denn die Kosten, die für Sperrung und Entsperrung an die Kunden weitergegeben werden, werden vom Netzbetreiber für das jeweilige Netzgebiet festgelegt. Auch wenn es regionale oder strukturelle Unterschiede bei deren Aufwand geben mag: Solche Preisdifferenzen für die wohl überall gleichen notwendigen Tätigkeiten rechtfertigt das nicht", erläutert Schuldzinski.

Quelle: IWR Online

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