22.05.2017, 08:13 Uhr

Windenergie: Wie die Branche die erste Onshore-Ausschreibung bewertet

Berlin/Hamburg/Bremerhaven – Bei der ersten Ausschreibung für die Windenergie an Land hat sich die Bürgerenergie durchgesetzt und der Preis ist deutlich gefallen. Aus Branche und Politik kommt daher viel Lob, doch auch Mahnungen und erste Änderungswünsche werden laut.

In der ersten Ausschreibungsrunde nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) 2017 wurden 807 Megawatt (MW) zu einem durchschnittlichen Zuschlagswert von 5,7 Cent je Kilowattstunde (kWh) vergeben. 96 Prozent des Zuschlagsvolumens gingen dabei an Bürgerenergie-Projekte.

Wab sieht geglückten Systemwechsel

Die Windenergie-Branche begrüßt das Ergebnis der ersten EEG-Ausschreibung für die Onshore-Windenergie überwiegend. „Die Ergebnisse der ersten Ausschreibungsrunde für Wind an Land zeigen, dass die Windenergie die fossile Konkurrenz abgehängt hat“, so Andreas Wellbrock, Geschäftsführer der norddeutschen Windenergie-Agentur Wab. Jetzt müssten die gemeinsamen Anstrengungen auf den Netzausbau, die Sektorkopplung und die Entwicklung von Speichern fließen. Das Abschneiden der Bürgerenergie bewertet die Wab verhalten optimistisch. „Die Auswirkungen des Systemwechsels auf die Akteursvielfalt lassen sich zwar nicht abschließend beurteilen, der Kahlschlag blieb aber aus“, so Wellbrock.

Greenpeace Energy warnt vor falscher Bürgerenergie

Weitaus kritischer sieht dies der Ökoenergieversorger Greenpeace Energy, der sich während der Reform stark für Ausnahmeregeln bei kleinen Akteuren engagiert hatte. „Dass in der ersten Ausschreibungsrunde für Windenergie an Land zahlreiche Bürgerenergie-Gesellschaften einen Zuschlag erhalten haben, ist zunächst einmal begrüßenswert“, so Marcel Keiffenheim von Greenpeace Energy, der auch Aufsichtsratsmitglied im Bündnis Bürgerenergie e.V. ist. „Das Ergebnis der Ausschreibungen muss jetzt allerdings genau darauf geprüft werden, ob hier Gesellschaften zum Zug kamen, in denen tatsächlich engagierte Bürger die Zügel in der Hand halten – oder in wie vielen Fällen am Ende doch versteckte Großinvestoren dahinterstecken.“

BDEW und VDMA fordern weniger Ausnahmen

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) sieht sich derweil mit seinem Ruf nach Ausschreibungen aus dem Jahr 2013 bestätigt. „Die Ergebnisse der Ausschreibung für Windenergie an Land belegen: Die Einführung von Auktionen zur Ermittlung der Förderhöhe für Erneuerbare Energien war richtig“, so Stefan Kapferer, Vorsitzender der BDEW-Hauptgeschäftsführung. Der hohe Anteil der Bürgerenergie zeige zugleich, dass die Angst vor einer Verringerung der Akteursvielfalt unbegründet gewesen sei. „Es ist nun die Aufgabe des Bundeswirtschaftsministeriums und der Bundesnetzagentur, das Ergebnis zu analysieren und die Vielzahl an Ausnahmeregelungen im Hinblick auf ihre Angemessenheit zu bewerten“, so Kapferer.

Ähnlich sieht es auch der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) Fachverband Power Systems, der vor Realisierungs-Risiken durch die Bürgerenergie warnt. Das Übergewicht von Bürgerenergieprojekten, die ohne Genehmigungen in die Ausschreibungen gehen konnten, sei in dieser extremen Form nicht erwartet worden. Dieses Modell sei eigentlich als Ausnahme angelegt worden, so der VDMA. „Das Neubauvolumen 2019 ist daher extrem schwer absehbar, sollte sich bei den nächsten Ausschreibungen hier ein Trend zeigen, muss die Regelung überprüft werden“, forderte Matthias Zelinger, Energiepolitischer Sprecher des VDMA.

Grünen-Energieexpertin Verlinden fordert Ende des Ausbaudeckels

Kritik am Ausschreibungssystem bleibt auch von der energiepolitischen Sprecherin von Bündnis90/Die Grünen, Julia Verlinden, aus. Sie fordert stattessen die Abschaffung des Ausbaudeckels. „Das Ergebnis ist einer klarer Beleg, dass die Windenergie längst wettbewerbsfähig mit den alten, schmutzigen Energieträgern ist“, so Verlinden. „Die schwarz-rote Koalition will die Windkraft immer noch bremsen, um Kohlekraftwerken eine Verlängerung zu geben.“

Quelle: IWR Online

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