12.07.2017, 17:15 Uhr

Antarktis-Eisberg der siebenfachen Größe Berlins abgespalten

Bremerhaven/Münster - Ein riesiger Eisberg hat sich vor der Antarktis vom sogenannten Larsen-C-Schelfeis abgelöst. Der Gigant ist größer als das Saarland und die Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen zusammen.

Experten haben schon länger damit gerechnet, nun ist es tatsächlich geschehen: Ein Eisberg mit einer Gesamtfläche von rund 5.800 Quadratkilometern hat sich nach Angaben von Forschern vom Larsen-C-Schelfeis abgelöst. Der abgespaltene Eisberg kommt damit auf die siebenfache Fläche der Stadt Berlin.

Eine der größten je beobachteten Eisberg-Abtrennungen

Die Entstehung der Abspaltung vor der Antarktischen Halbinsel ließ sich nach Angaben des Alfred-Wegener-Instituts (AWI), Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven, auf Satellitenaufnahmen beobachten. Der Riss im Schelfeis bestand bereits seit langem und hat sich in den vergangenen Jahren immer weiter vorgearbeitet. Nach Angaben des AWI hat sich die Abspaltung gerade im letzten Jahr deutlich beschleunigt. Zuletzt hätten nur noch wenige Kilometer die Rissspitze von der Schelfeiskante getrennt. Über die möglichen Folgen für die Region und den Meeresspiegel wird nun spekuliert. Es handelt sich um eine der größten je beobachteten Eisberg-Abtrennungen.

Gleichgewicht im Bereich des Larsen-C-Schelfeises gestört

Schelfeise sind ein essentieller Teil der antarktischen Landschaft, so das AWI. Bei Schelfeisen handelt es sich um dicke, schwimmende Platten aus Eis, welche die Küste um die Antarktis säumen. Das Larsen-C-Schelfeis ist das viertgrößte Schelfeis der Antarktis. Es hat eine Fläche von fast 50.000 Quadratkilometern und ist damit etwa so groß wie Niedersachsen. Seine Dicke beträgt in der Nähe der Gründungslinie bis zu 700 Meter, nimmt aber zur vorderen Kante hin auf 200 Meter ab. Da es schwimmt, ragt das Schelfeis nur etwa mit einem Siebtel der Mächtigkeit über der Wasseroberfläche.

Schelfeise schieben sich langsam aber stetig vorwärts Richtung Meer. Die Kante des Larsen-Schelfeises rückt dabei etwa 700 Meter pro Jahr vor. Daher ist das Kalben von Tafeleisbergen etwa alle 15 bis 20 Jahre ein natürlicher Teil des Massenhaushaltes. Doch bei den nördlichen Nachbarn des Larsen-C-Schelfeises wurde dieses Gleichgewicht gestört, so das AWI: Statt des regelmäßigen Kalbens mit Zeitintervallen, in denen die Kante wieder vorstoßen konnte, begann sich die Front immer weiter zurückzuziehen. Dieser Prozess mündete schließlich in dem kompletten Zerfall der Schelfeise nördlich des Larsen-C-Schelfeises.

Gletscher der Antarktis fließen ohne Schelfeis direkt ins Meer ab

Ob das Larsen-C-Schelfeis nun komplett in Gefahr ist, ist derzeit nicht klar. Einiges spricht laut AWI dafür, denn es wurde noch nie zuvor beobachtet, dass sich die Kante des Schelfeises so weit zurückgezogen hat. Modellrechnungen zeigen außerdem, dass die neue Front instabil sein könnte. Die gesamte Eisplatte stehe demnach unter Spannung. Das Schmelzen von Schelfeisen und Eisbergen würde laut AWI zunächst nichts am Meeresspiegel ändern, da sie bereits im Wasser schwimmen. Allerdings führt der Verlust des Schelfeises dazu, dass die Gletscher direkt ins Meer münden und viel schneller abfließen können als vorher. Genau das sei bei den nördlichen Nachbarn von Larsen-C beobachtet.

Wohin der Eisberg nun treiben wird, erläutert AWI-Klimaforschers Dr. Thomas Rackow: „Wie weit der Eisberg treiben wird, hängt unter anderem von der Bodentopographie ab. Er könnte als ganzer Eisberg erhalten bleiben oder schnell in viele kleinere Stücke zerfallen. Im ersten Fall stehen die Chancen gut, dass er zunächst für etwa ein Jahr entlang der Antarktischen Halbinsel durch das Weddellmeer treiben wird. Dann dürfte er Kurs Richtung Nordosten nehmen. Das heißt, er würde in etwa Südgeorgien oder die Süd-Sandwichinseln ansteuern und hier verstärkt schmelzen.“

Quelle: IWR Online

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