16.11.2017, 08:32 Uhr

Merkel im Klimaschutz-Dilemma

COP23, UNFCCC, Merkel Macron, Guterres
© UNFCCC

Bonn – Der Klimaschutz bringt Bundeskanzlerin Angela Merkel in Bedrängnis. Im Rahmen der Jamaika-Gespräche streitet sie intensiv darum, wie die Erreichung der Klimaziele möglich ist und ob dazu ein schneller Kohleausstieg notwendig ist. Auf der anderen Seite spricht sie auf der Weltklimakonferenz über Vertrauen und Verlässlichkeit, um die es beim Klimaschutz geht.

Auf der Klimakonferenz in Bonn hat das sogenannte „high level segment“ begonnen. Es ist die entscheidende Phase der Konferenz, bei der Minister und Staatschefs Zusagen und Vereinbarungen treffen. Merkel, die sich eigentlich in Berlin um die Bildung einer möglichen neuen Jamaika-Regierung kümmert, sprach dort am Mittwochnachmittag neben dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und ließ durchblicken, in welchem Spannungsfeld das Thema Klimaschutz für sie steht.

Vertrauen und Verlässlichkeit beim Klimaschutz

Merkel bezeichnete den Klimawandel als Schicksalsfrage für die Welt. Es gehe darum, das Pariser Klimaabkommen gemeinsam umzusetzen. Die Konferenz in Bonn soll vor allem ein gemeinsames Regelwerk erarbeiten, Merkel betonte: „Es geht um Vertrauen und es geht um Verlässlichkeit!“ Merkel wiederholte das europäische Ziel, nach dem bis zum Jahr 2030 gegenüber dem Basisjahr 1990 mindestens 40 Prozent weniger Treibhausgase ausgestoßen werden sollen. Die EU-Mitgliedsstaaten müssten dazu entsprechende Beiträge leisten. In Deutschland gebe es den Klimaschutzplan 2050, der weitgehende Treibhausneutralität bis zur Mitte des Jahrhunderts vorsieht. Bezogen auf die anstehenden, konkreten Maßnahmen, räumte Merkel ein: „Ich will hier ganz offen sprechen: Das ist auch in Deutschland nicht einfach.“ Deutschland habe sich Ziele für 2020,2030 und 2050 vorgenommen. Das Ziel bis 2020, das eine Reduktion der Treibhausgasemissionen um 40 Prozent gegenüber 1990 vorsieht, sei ehrgeizig. Man wisse, dass bis dahin noch ein ganzes Stück fehlt, so Merkel.

Merkel: Braunkohle muss wesentlichen Beitrag leisten

Merkel bestätigte, dass die Frage dieses Klimaziels für 2020 in den anstehenden Gesprächen zur Bildung einer neuen Bundesregierung eine zentrale Rolle spielt. Da gehe es auf der einen Seite um die Erfüllung dessen, was sich Deutschland vorgenommen habe, so Merkel. Es gehe aber mit Blick auf die Reduktion der Kohlenutzung auch um soziale Frage und Arbeitsplätze. Zudem stehe die Wirtschaftlichkeit die Bezahlbarkeit von Energie im Fokus. Die Bundeskanzlerin betonte, dass auch in Deutschland erhebliche Konflikte damit verbunden seien, die es zu lösen gelte. Merkel stellte ausdrücklich fest, dass die Braunkohle einen wesentlichen Beitrag leisten muss, um die Klimaziele zu erreichen. „Aber wie genau das ist“, so Merkel, „das werden wir in den nächsten Tagen miteinander ganz präzise diskutieren müssen.“

Pariser Abkommen: Den Worten sollen und Taten folgen

Merkel wünscht sich, dass von der Klimakonferenz in Bonn ein Signal ausgeht, wonach den Worten von Paris 2015 auch Taten folgen. Zudem erklärte sie, dass man sich in Deutschland mühen werde, auch wenn es viele Kontroversen gebe. Die Bundeskanzlerin wolle auch nicht leichtfertig Forderungen an andere Staaten stellen, da sie weiß, wie schwer es auch im eigenen Land ist, das Erreichen der Klimaziele zu erkämpfen.

Macron will IPCC retten

Merkels französischer Amtskollege Macron sagte in seiner Rede zu, die Arbeit des wissenschaftlichen Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) finanziell zu retten. Diese Maßnahme ist notwendig, weil durch den Ausstieg der USA aus dem Pariser Abkommen eine Finanzierungslücke für den IPCC, der als wissnschaftliche Basis für der UN-Klimaschutz fungiert, entsteht. Zudem kündigte Macron an, dass Frankreich in den kommenden drei Jahren aus der Kohlenutzung aussteigt. Doch in Frankreich spielt die Kohleverstromung mit rund 3.000 MW Kraftwerksleistung im Vergleich zu Deutschland (etwa 58.000 MW) nur eine untergeordnete Rolle.

Quelle: IWR Online

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