18.02.2021, 16:41 Uhr

ZSW: PV-Anlagen können Strombedarf von Bürogebäuden zu großen Teilen decken


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Stuttgart - Fassadenintegrierte PV-Anlagen können in Bürogebäuden die Produktion von Dachanlagen ideal ergänzen und damit zur Erreichung der Klimaziele im Gebäudesektor beitragen. Das zeigt eine Studie des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW).

Büro- und Verwaltungsgebäude brauchen viel Strom für Beleuchtung, Lüftung und Klimatisierung sowie Elektrogeräte. Da Deutschland sich verpflichtet hat, bis 2050 einen klimaneutralen Gebäudesektor zu realisieren, muss dieser Energiebedarf künftig klimafreundlich gedeckt werden. Forscher am ZSW haben in einem aktuellen Projekt untersucht, wie hoch der Solarstromanteil sein kann, der über fassadenintegrierte PV-Anlagen bzw. Dach-PV_Anlagen erzeugt wird.

Stromerzeugung von Fassaden- und Dach-PV-Anlage für typischen Verwaltungsbau ermittelt

ZSW-Forscher sind im Rahmen des BMWi-Verbundvorhabens „CIGS-Fassade - Fassadenintegrierte Photovoltaik-Systeme in CIGS-Technologie“ (Förderkennzeichen 0324156A) der Frage nachgegangen, in welchem Umfang die Nutzung von Photovoltaik an der Fassade und auf dem Dach den Stromverbrauch von Bürogebäuden nachhaltiger gestalten kann. Dazu ermittelten sie im ersten Schritt am eigenen Institutsgebäude in Stuttgart die Solarstromerzeugung der CIGS-Dünnschichtsolarmodule an der Südost- und der Südwest-Fassade sowie der Anlage auf dem Dach. In einem zweiten Schritt rechneten die Forscher die Erzeugungsdaten am Institut auf einen typischen fünfstöckigen Verwaltungsbau hoch.

Ihre Annahme: Ein Viertel der Gesamtfassade und 30 Prozent der Dachfläche sind mit Photovoltaik belegt, was im Beispiel zu einer installierten Leistung von 131 Kilowatt führt. Die Solarmodule erzeugen dann zusammen rund 115.000 Kilowattstunden Strom im Jahr gegenüber 170.000 Kilowattstunden Strombedarf, der sich nach Messdaten des Landes BW für Verwaltungsgebäude ergibt.

Hoher Solaranteil von 39 Prozent ohne Batterie möglich

Im Ergebnis kommen die Forscher in ihren Analysen zu dem Ergebnis, dass Bürogebäude ihren Strombedarf zu einem guten Teil mit Solarstrom von der Fassade und dem Dach bestreiten können. „Allein die Fassaden lieferten über den Zeitraum von einem Jahr 29 Prozent des verbrauchten Stroms“, so ZSW-Projektleiter Dieter Geyer. 80 Prozent des erzeugten Solarstroms konnten hierfür genutzt werden, der Rest kann ins Netz eingespeist werden. In der Kombination Fassaden-PV und Dach-PV steigt der Eigenversorgungsanteil nach den ZSW-Analysen sogar auf 39 Prozent. Dafür konnten 58 Prozent des erzeugen Solarstroms eingesetzt und so lokal verbraucht werden. Der übrige Solarstrom wird wiederum eingespeist.

Da Bürogebäude vor allem tagsüber Strom benötigen, kann der erzeugte Solarstrom aufgrund der unterschiedlichen Erzeugungsschwerpunkte von Fassadenanlagen (Morgen- / Abendstunden) und Dachanlagen (Mittagsstunden) den ganzen Tag über zu einem guten Teil sofort verbraucht werden. Eine Speicherung des Stroms für einen späteren Verbrauchszeitpunkt in einem Batteriespeicher ist daher nicht nötig.

Auch über die Jahreszeiten hinweg passen Dach- und Fassadens-PV-Anlagen gut zueinander. Während die Dachanlage erwartungsgemäß die größten Leistungswerte in den Sommermonaten erreicht, ergänzt die PV-Fassade durch ihre höchste Leistungsabgabe während der Wintermonate das jährliche Erzeugungsprofil auf ideale Weise.

ZSW-Forscher sehen gute Perspektiven für stärkere Nutzung der Fassaden-PV

Bei der Nutzung von Dünnschichtmodulen mit einem Halbleiter aus Kupfer, Indium, Gallium und Selen (CIGS) kommen ästhetische Vorteile hinzu. Die Module bieten die gleichen Gestaltungsmöglichkeiten wie Glasfassaden. Das ermöglicht homogene Glasflächen in dezenten Farben. Variable Modulgrößen, Sonderformen und flexible Bauteile stehen ebenfalls zur Verfügung. Am ZSW arbeiten die Forscherinnen und Forscher an der Optimierung dieser Anwendungen. Angesichts der Vorteile, die sich ergeben, gehen Sie davon aus, dass Architekten und Gebäudeplaner auch die Fassadenphotovoltaikanlagen künftig verstärkt einsetzen werden.

Quelle: IWR Online

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