17.02.2022, 17:47 Uhr

Studie: Power-to-Gas mit Biogas und Windenergie bietet aussichtsreiche Perspektive


© FNR / O. Horn

Gülzow-Prüzen - Die Sektorenkopplung hat eine Schlüsselrolle bei der Umsetzung der Energiewende. Eine Variante der Sektorenkopplung für Post-EEG-Windenergieanlagen haben Forschende der Brandenburgisch Technischen Universität (BTU) Cottbus-Senftenberg und der Hochschule Flensburg jetzt in einem Forschungsprojekt geprüft.

In Nordhackstedt in Schleswig-Holstein betreibt ein Landwirtschaftsbetrieb eine 900 kW-Biogasanlage, zwei Satelliten-BHKW (je 400 kW), ein Nahwärmenetz und zwei Windkraftanlagen mit einer Leistung von 600 kW bzw. 1,5 MW Nennleistung. Mit dem Ziel, den Weiterbetrieb der Windenergieanlagen nach dem Auslaufen der EEG-Vergütung zu ermöglichen, haben Wissenschaftler im Rahmen eines Forschungsprojektes ein Power-to-Gas-Konzept für den Standort entwickelt.

Grünes Erdgas aus Windstrom und Biogas: Ansatz mit wirtschaftlichem Potenzial

Konkret sieht das von Forschenden der (BTU) Cottbus-Senftenberg und der Hochschule Flensburg entwickelte Power-to-Gas-Konzept vor, dass die Windenergieanlagen den Strom für einen Elektrolyseur liefern, der Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff (H2) zerlegt. Die Biogasanlage liefert wiederum Rohbiogas, dessen CO2-Anteil in einem Reaktor mit dem Wasserstoff zu Methan (CH4, erdgasäquivalent) reagiert. In diesem Fall handelt es sich um eine biologische Methanisierung in einem sogenannten Rieselbettreaktor, in dem spezialisierte Mikroorganismen (Archaeen) unter anaeroben Bedingungen Methan erzeugen und dabei auch Wärme freisetzen.

Im Gegensatz zur katalytischen Methanisierung ist das Verfahren apparatetechnisch weniger aufwändig, technologisch sehr robust und verbraucht relativ wenig Energie. Schließlich kann das Verfahren mit einer hohen Produktgasreinheit punkten. Für die Kopplung mit Biogasanlagen spricht nicht nur die Verwendung von Rohbiogas als Input, sondern auch, dass die Nährstoffversorgung der Mikroorganismen im Rieselbett über die flüssigen Gärreste der Biogasanlage erfolgen kann und die ausgekoppelte Reaktionswärme für eine Nutzung, z.B. für die Fermenterheizung, zur Verfügung steht.

In ihrer Durchführungsstudie legten die Forscher eine entsprechende Anlagenkombination für den Standort Nordhackstedt technisch aus und errechneten in verschiedenen Szenarien, zu welchen Kosten das Methan erzeugt werden könnte. Entscheidende Kenndaten dafür wurden in Testreihen in einem Rieselbett-Versuchsreaktor an der BTU ermittelt. Sie zeigten im kontinuierlichen Langzeitbetrieb, dass Rohbiogas als CO2-Quelle für die biologische Methanisierung geeignet ist. Die Forschenden erreichten eine dauerhafte und stabile Methanbildungsrate von 7 Nm3 CH4 pro m3 Reaktionsvolumen und Tag bei einer Methankonzentration im Produktgas von 95 Prozent. Die Untersuchungen zur Ökonomie deuten auf einen wirtschaftlichen Betrieb hin. Voraussetzung ist, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen und die Anlagentechnik weiter optimiert werden.

Das Vorhaben „Bedarfsgerechte Speicherung fluktuierender erneuerbarer (Wind-)Energie durch Integration der Biologischen Methanisierung im Rieselbettverfahren im Energieverbund in Schleswig-Holstein (WeMetBio)“ wurde vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) über den Projektträger Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) gefördert.

Pilotprojekt als Blaupause für Praxisanlagen

In Nordhackstedt wollen Landwirte und Forschende das beschriebene Konzept künftig praktisch erproben, die Errichtung eines Elektrolyseurs und eines Rieselbettreaktors sind geplant. Der Strom soll zunächst nur von der älteren der beiden Windkraftanlagen bezogen werden, die vorgesehene Anschlussleistung des Elektrolyseurs liegt bei 333 kWel. Damit kann ein Teil des Biogases aus der Biogasanlage methanisiert werden. In Nordhackstedt würde die weltweit erste kontinuierlich betriebene Pilotanlage dieser Art entstehen, mit der die biologische Methanisierung mit Rohbiogas unter Praxisbedingungen demonstriert werden könnte. Das Konzept und die Anlage könnten nach Einschätzung der FNR als Blaupause für Praxisanlagen dienen.

Quelle: IWR Online

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