Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 10.05.1996

Internationales Wirtschaftsforum Regenative Energien (IWR)

Landgericht Karlsruhe
Urteil
In Sachen ... Kläger ... gegen ... Beklagte ... wegen Forderung
hat die II. Zivilkammer des Landgerichts Karlsruhe im schriftlichen Verfahren aufgrund der bis zum 15. April 1996 eingegangenen Schriftsätze durch Vorsitzenden Richter am Landgericht Dr. Fischer-Antze - als Vorsitzenden - Richter am Landgericht Horn und Richterin Bastian - als beisitzende Richter - für Recht erkannt:

  1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 26.319,90 nebst 7,75 % Zinsen aus DM 13.527,65 vom 20.04.1995
    bis 07.06.1995 und aus DM 26.319,90 seit 08.06.1995 zu zahlen.
  2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtssteits.
  3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von DM 34.000,-- vorläufig vollstreckbar.
  4. Die Sicherheitsleistung kann auch durch Vorlage einer unbedingten, unbefristeten und selbstschuldnerischen Bürgschaft eines im Inland als Zoll- und Steuerbürge zugelassenen Kreditinstituts erbracht werden.

    
    

Tatbestand:

Der Kläger verlangt von der Beklagten für gelieferten Strom für die Monate April und Mai 1995 eine höhere als die bisher gezahlte Vergütung. Der Kläger betreibt in ..... eine kleine Wasserkraftanlage und speist den erzeugten Stron in das Netz der Beklagten ein, die im dortigen Bereich das Monopol für die Verteilung und den Verkauf elektrischer Energie an den Verbraucher besitzt.

Gemäß § 2 des Gesetzes über die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien in das öffentliche Netz vom 07.12.1990 (Stromeinspeisungsgesetz) ist die Beklagte verpflichtet., den in ihrem Versorgungsgebiet erzeugten Strom aus erneuerbaren Energien abzunehmen und den eingespeisten Strom nach § 3 des Stromeinspeisungsgesetzes zu vergüten. Nach Artikel 5 Nr. 2 des Gesetzes zur Sicherung des Einsatzes von Steinkohle in der Verstromung und zur Änderung des Atomgesetzes und des Stromeinspeisungsgesetzes vom 19.07.1994 i.V.m. § 3 des Stromeinspeisungsgesetzes beträgt die Höhe der Vergütung für Strom aus Wasserkraft mindestens 80 % des Durchschnittserlöses je kWh aus der Stromabgabe von Elektrizitätsversorgungsunternehmen an alle Letztverbraucher. Danach beläuft sich seit 01.01.1995 das Entgelt für die Stromeinspeisung auf 15,36 Pfennig/kWh.

Mit Schreiben vom 20.04.1995 teilte die Beklagte dem Kläger mit, daß sie der Auffassung sei, daß die Vergütungsregelung im Stromeinspeisungsgesetz eine unzulässige Sonderabgabe darstelle und sie lediglich noch bereit sei den vom Kläger erzeugten Strom entsprechend einer Verbändevereinbarung vom 27.09.1994 zu bezahlen.

Für den Monat April 1995 stünde dem Kläger auf der Grundlage des Stromeinspeisungsgesetzes ein Lieferpreis von DM 20.375,59 und für den Monat Mai 1995 von DM 25.176,66 zu. Für April 1995 ist zwischen den Parteien umstritten, ob die Beklagte dem Kläger DM 8.802,94 oder nur DM 6.847,94 überwiesen hat. Auf die Rechnung vom Mai 1995 erhielt der Kläger unstreitig DM 12.384,41. Seit Juni 1995 bezahlt die Beklagte unter Vorbehalt wieder die im Stromeinspeisungsgesetz vorgesehene Vergütung an den Kläger.



Der Kläger vertritt folgende Auffassung:

Die Beklagte sei an die Mindestpreisregelung im Stromeinspeisungsgesetz gebunden. Die Vorschrift sei nicht verfassungswidrig. Die vom Bundesverfassungsgericht in der Kohlepfennigentscheidung vom 11.10.1994 (NJW 1995, 381 ff.) bestätigten Grundsätze zu den verfassungsrechtlichen Voraussetzungen der Zulässigkeit einer Sonderabgabe seien auf die Vergütungsvorschrift im Stromeinspeisungsgesetz nicht übertragbar. Der Gesetzgeber habe eine Preisregelung und keine Sonderabgabe eingeführt, da es an einem von der öffentlichen Hand eingerichteten Sonderfonds fehle, in dem das Geld angesammelt werde, um davon dann die Erzeuger von regenerativer Energie zu subventionieren.

Die Vergütungsregelung im Stromeinspeisungsgesetz verstoße weiterhin nicht gegen Artikel 12 oder 14 GG. Die Beklagte werde durch die festgelegte Höhe der Gegenleistung nicht belastet. Zum einen lege sie die Kosten auf den Endverbraucher um, zum anderen koste sie die gleiche Ware aus einem von ihr selbst betriebenen Kleinwasserkraftwerk mehr als die vorgegebenen 15,36 Pfennig/kWh.

Schließlich könne keine Verletzung des Gleichheitssatzes gemäß Artikel 3 Abs, 1 GG angenommen werden. Ein Verstoß gegen das Willkürverbot, wonach wesentlich Gleiches nicht ungleich und wesentlich Ungleiches ohne sachlichen Grund nicht gleich behandelt werden dürfe, sei unter Berücksichtigung der gesetzgeberischen Intention, regenerative Energieerzeuger zum Zwecke des Klimaschutzes und der Ressourcenschonung zu fördern, nicht erkennbar.



Der Kläger beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 26.319,90 nebst 7,75 % Zinsen aus DM 13.527,65 vom 20.04.1995 bis 07.06.1995 und aus DM 26.319,90 seit 08.06.1995 zu zahlen. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.



Die Beklagte behauptet:

Für den Monat April 1995 habe der Kläger von ihr DM 8.802,94 erhalten. Neben der Vergütung von teilweise 6,0 Pfennig/kWh während der Hochtarifzeiten und teilweise 3,8 Pfennig/kWh während der Niedertarifzeiten sei ihm entsprechend der Verbändevereinbarung vom 27.09.1994 ein zusätzlicher Betrag von DM 1.700,-- vergütet worden. Im übrigen werde bestritten, daß der Kläger Bankkredit in Anspruch nehme und daß er hierfür die beantragten Zinsen jährlich aufwenden müsse.

Darüber hinaus vertritt die Beklagte die Ansicht, daß die Vergütungsregelung im Stromeinspeisungsgesetz verfassungswidrig sei und deshalb der vorliegende Rechtsstreit gemäß Artikel 100 Abs. 1 Satz 1 GG auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen sei.

Die in § 3 des Stromeinspeisungsgesetzes getroffene Regelung, daß die Energieversorgungsunternehmen den in ihr Netz eingespeisten Strom aus regenerativen Energiequellen nach Mindestsätzen zu vergüten hätten, die deutlich über den vermiedenen Kosten und den Tarifen nach der Verbändevereinbarung lägen, sei keine Preisvorschrift, sondern in Wirklichkeit als Sonderabgabe zu bewerten. Zwar habe der Gesetzgeber keine öffentliche Stelle eingerichtet, an welche die Abgabe geleistet werden müsse und die die Verteilung der Gelder an die Begünstigten übernehme. Indem das Stromeinspeisungsgesetz aber vorschreibe, daß auch der subventionierende Teil der Vergütung unmittelbar an die Erzeuger von Strom aus erneuerbaren Energien geleistet werden müsse, handle es sich um eine öffentlich-rechtliche Abgabe, die nur formal wie eine Preisregelung gefaßt worden sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts komme es nicht entscheidend auf die formale Ausgestaltung, sondern auf die materielle Belastungs- und Begünstigungswirkung an, wobei es weder für die Subventionsempfänger noch für die Energieversorgungsunternehmen oder die Endverbraucher einen Unterschied mache, ob ein öffentlicher Sonderfonds vorhanden sei, der die Gelder erhalte und verteile, oder die Subvention unmittelbar an die Erzeuger regenerativer Energien geleistet werde. Die vom Bundesverfassungsgericht für die Zulässigkeit einer Sonderabgabe aufgestellten Kriterien der Gruppenhomogenität, der Gruppenverantwortung und der gruppennützigen Verwendung des Aufkommens seien nicht erfüllt, gleichgültig, ob auf die Energieversorgungsunternehmen oder die Endverbraucher als Belastete abgestellt werde.

Die Vergütungsvorschrift im Stromeinspeisungsgesetz verstoße ferner gegen die Berufsfreiheit gemäß Artikel 12 Abs. 1 Satz 2 GG. Als Regelung der Berufsausübung entspreche sie nicht den Grundsätzen der Erforderlichkeit und Zumutbarkeit. Zudem fehle es an der notwendigen Doppellegitimation, die erfüllt sein müsse, da das Stromeinspeisungsgesetz zusätzlich zum festgelegten Entgelt eine Abnahmepflicht vorsehe.

Schließlich sei § 3 des Stromeinspeisungsgesetzes mit dem Gleichheitssatz (Artikel 3 Abs. 1 GG) unvereinbar. Angesichts der regional sehr unterschiedlichen Verbreitung von Stromerzeugern aus regenerativen Energien falle die wirtschaftliche Belastung der einzelnen Energieversorgungsunternehmen und ihrer Kunden sehr verschieden aus.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. Der Kläger, der ursprünglich seinen Anspruch im Urkundenprozeß geltend gemacht hatte, hat mit Schriftsatz vom 30.04.1996 vom Urkundenverfahren Abstand genommen.


Entscheidungsgründe:



Die Klage ist begründet.



I.

Der Kläger hat gegen die Beklagte Anspruch auf Zahlung von DM 26.319,90 gemäß § 3 des Stromeinspeisungsgesetzes. Zwischen den Parteien besteht Einigkeit, daß dem Kläger bei einer Abrechnung auf der Grundlage der Vergütungsregelung des Stromeinspeisungsgesetzes für April 1995 DM 20.375,59 und für Mai 1995 DM 25.176,66 zustehen. Für April 1995 hat die Beklagte für die von ihr aufgestellte Behauptung, DM 8.802,94 entrichtet zu haben, keinen Beweis angeboten und ist daher beweisfällig geblieben, so daß von der vom Kläger eingeräumten Zahlung von DM 6.847,94 auszugehen ist und sich damit für diesen Monat eine Differenz von DM 13.527,65 errechnet. Für den Monat Mai 1995 hat die Beklagte unstreitig an den Kläger DM 12.384,41 bezahlt, so daß ein Unterschiedsbetrag von DM 12.792,25 verbleibt.



II.

Das Gericht vermag sich der Auffassung der Beklagten, § 3 des Stromeinspeisungsgesetzes verstoße gegen finanzverfassungsrechtliche Grundsätze und sei mit Artikel 3 Abs, 1 und 12 Abs, 1 GG unvereinbar, nicht anzuschließen. Vielmehr hält die Kammer in ihrer jetzigen Besetzung die Regelung für verfassungsgemäß.

  1. Die in § 3 des Stromeinspeisungsgesetzes enthaltene Vergütungsregelung unterliegt nicht den Voraussetzungen, die das Bundesverfassungsgericht für die Zulässigkeit einer Sonderabgabe aufgestellt und zuletzt in der Kohlepfennigentscheidung vom 11.10.1994 nochmals bestätigt hat. Eine Sonderabgabe hat der Gesetzgeber nicht eingeführt. Hierfür wäre Voraussetzung, daß die öffentliche Hand durch einen Sonderfonds eine einmalige oder laufende Geldleistung erhebt und dieser die Einnahmen an den vorgesehenen Kreis der Begünstigten verteilt. An der Einschaltung eines solchen Sonderfonds fehlt es indes bei der im vorliegenden Fall gewählten Gesetzeskonstruktion. Nach Auffassung der Kammer können die Grundsätze für die Zulässigkeit einer Sonderabgabe entgegen der von Arndt (RdE 1995, 43) und Friauf (vgl. dessen Rechtsgutachten zur Verfassungsmäßigkeit der Vergütungspflicht nach §§ 2 und 3 des Stromeinspeisungsgesetzes vom 31.07.1995, Seite 72 bis 93) vertretenen Meinung nicht auf die Vergütungsregelung im Stromeinspeisungsgesetz übertragen werden. Zutreffend ist sicherlich, daß der Gesetzgeber mit der gleichen Begünstigungs- und Belastungswirkung beim Kläger und der Beklagten bzw. deren Kunden den Weg der Sonderabgabe hätte wählen können, der nach der Kohlepfennigentscheidung des Bundesverfassungsgerichts verfassungsrechtlich allerdings bedenklich gewesen wäre. Dadurch, daß der Gesetzgeber sein Ziel, die Stromerzeugung aus regenerativen Energien aus Gründen der Ressourcenschonung und des Klimaschutzes zu fördern, auf andere Weise zu erreichen versucht, läßt sich aber nicht zwingend folgern, daß damit auch die tatsächlich gewählte Gesetzeskonstruktion den identischen Voraussetzungen unterliegen muß, die für die Sonderabgabe aufgestellt wurden.
  2. Wenn der Gesetzgeber als Finanzierungsmittel für eine Öffentliche Aufgabe die Sonderabgabe wählt, weicht er von grundlegenden Prinzipien der Finanzverfassung ab. Er beansprucht zur Auferlegung von Abgaben eine Gesetzgebungskompetenz außerhalb der Finanzverfassung und stellt damit einen der tragenden Eckpfeiler der bundesstaatlichen Ordnung des Grundgesetzes in Frage. Außerdem gefährdet er durch den haushaltsflüchtigen Ertrag der Sonderabgabe das Budgetrecht des Parlaments und den Grundsatz der Vollständigkeit des Haushaltsplans (vgl. BVerfG NJW 1995, 381, 381). Diese Verfassungsgrundsätze werden aber bei der vom Gesetzgeber beim Stromeinspeisungsgesetz gewählten preisrechtlichen Lösung nicht berührt. Hinzu kommt, daß staatliche Preisregelungen stets in die Vertragsfreiheit zu Lasten eines Beteiligten eingreifen und damit zu einer "Subventionierung" eines Privaten durch einen anderen Privaten führen können, ohne daß solche Regelungen etwa bei der eingeschränkten Möglichkeit, beim Wohnraummietrecht einen einmal vereinbarten Mietzins beliebig zu erhöhen, als Sonderabgabe eingestuft würden (vgl. Hucko, RdE 1995f 141, 142).

  3. Die Vergütungsvorschrift des Stromeinspeisungsgesetzes, die eine teilweise Subventionierung Privater durch Private durch die Einführung der Mindestpreisregelung vorsieht, muß sich danach nicht an finanzverfassungsrechtlichen Grundsätzen, sondern an den grundrechtlichen Positionen der betroffenen Rechtssubjekte messen lassen.
    a) § 3 des Stromeinspeisungsgesetzes verstößt nach Auffassung der Kammer nicht gegen Artikel 12 Abs. 1 Satz 2 GG. Dabei kann offen bleiben, ob die Beklagte an der .... ..... mit über 50 % beteiligt ist, gemäß Artikel 19 Abs. 3 GG Grundrechtsfähigkeit als sogenanntes gemischt-wirtschaftliches Unternehmen genießt (vgl. hierzu ausführlich: Friauf a.a.O. Seite 131-136; Ossenbühl, Rechtsgutachten zu verfassungsrechtlichen Fragen des Stromeinspeisungsgesetzes, Seite 27 - 30).
  4. Durch die Vergütungsvorschrift des Stromeinspeisungsgesetzes wird in die Preis- und Vertragsfreiheit der Beklagten eingegriffen, so daß der Schutzbereich der Berufs- und Gewerbefreiheit betroffen ist. Nach der vom Bundesverfassungsgericht entwickelten sogenannten Stufentheorie unterliegen Eingriffe in die Berufs- und Gewerbefreiheit unterschiedlich starken Legitimationsanforderungen, je nachdem, auf welcher Stufe (Berufswahl oder Berufsausübung) sie in das Grundrecht einwirken (vgl. BVerfGE 7, 377, 405). Die Abnahmepflicht verbunden mit der Preisregelung betrifft lediglich die Berufsausübung der Beklagten. Diese wird nicht in der Führung des Unternehmens insgesamt bedroht, vielmehr wird nur ein kleiner Teilbereich ihrer gewerblichen Tätigkeit reglementiert.

    Eingriffe in die Berufsausübung sind zulässig, wenn vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls die Regelung zweckmäßig erscheinen lassen und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Geeignetheit, Erforderlichkeit und Zumutbarkeit des Eingriffs) gewahrt bleibt.

    Das Stromeinspeisungsgesetz dient nach der Gesetzesbegründung dem Ausbau des Anteils der regenerativen Energien an der allgemeinen Stromerzeugung im Interesse der Ressourcenschonung und des Klimaschutzes. Dabei handelt es sich um ein wichtiges Allgemeininteresse. Um den Gesetzeszweck zu erreichen, erscheint es vernünftig, die Energieversorgungsunternehmen bzw. deren Kunden geringfügig finanziell zu belasten.

    Der Preisvorschrift im Stromeinspeisungsgesetz kann auch die Geeignetheit nicht abgesprochen werden. Ein zur Berufsausübung eingesetztes Mittel ist geeignet, wenn mit seiner Hilfe der vom Gesetzgeber angestrebte Zweck substantiell gefördert werden kann. Durch die finanziellen Zuwendungen, die durch § 3 des Stromeinspeisungsgesetzes zugunsten der Erzeuger von Strom aus regenerativen Energien erzielt werden, wird sicherlich ein Anreiz zur Fortführung, zur Ausweitung und zur Neugründung derartiger Anlagen geschaffen.

    Die Regelung ist weiterhin erforderlich. Dem Grundsatz der Erforderlichkeit einer Maßnahme wird Rechnung getragen, wenn der Gesetzgeber unter mehreren geeigneten Mitteln dasjenige einsetzt, das den einzelnen am wenigsten belastet (vgl. BVerfGE 25, 1, 18). Zwar ließe sich daran denken, daß durch eine direkte Subventionierung oder die Gewährung von Investitionszuschüssen bzw. zinsgünstigen Darlehen das angestrebte Ziel ebenfalls erreicht werden könnte. Dadurch würde die Beklagte aber nicht spürbar weniger belastet. Sie hat die Möglichkeit, die erhöhten finanziellen Aufwendungen, die § 3 des Stromeinspeisungsgesetzes ihr aufbürdet, an ihre Kunden weiterzugehen. Die Kammer hat keinen Zweifel daran, daß hiervon die Energieversorgungsunternehmen Gebrauch machen oder machen werden, so daß letztlich die Endverbraucher durch geringfügig höhere Strompreise betroffen sind.Für diese Gruppe macht es aber keinen Unterschied, ob sie durch erhöhte Steuern oder die Weitergabe des Subventionsanteils bei der Vergütungsregelung des Stromeinspeisungsgesetzes von den Energieversorgungsunternehmen in Anspruch genommen werden.

    Wegen der fehlenden oder nur geringfügigen Auswirkung der Preisregelung im Stromeinspeisungsgesetz ist auch deren Zumutbarkeit für die Beklagte zu bejahen. Im übrigen wird der Umfang der Mehrkosten, der durch § 3 des Stromeinspeisungsgesetzes anfällt, mit lediglich DM 50.000,000,-- bis DM 150.000.000, jährlich für alle Energieversorgungsunternehmen in Deutschland angegeben und erreicht damit gerade einmal 0,l bis 0,3 % der Gesamterlöse der Energieversorgungsunternehmen aus Stromlieferungen an Endverbraucher. Unter Berücksichtigung des mit dem Stromeinspeisungsgesetz verfolgten wichtigen energie- und umweltpolitischen Ziels der Ressourcenschonung und des Klimaschutzes steht diese Belastung nicht außer Verhältnis zum Gesetzeszweck.

    Schließlich fehlt. es nicht an der von Ossenbühl in seinem Rechtsgutachten (a.a.O. Seite 33 - 38) unter Bezugnahme auf Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts geforderten Doppellegitimation der Regelung im Hinblick auf die Kumulierung von Abnahmepflicht und Mindestvergütung. Zum einen erweist sich die Vergütungsregelung als keine zusätzliche Belastung für die Beklagte, da sie die Mehrkosten auf die Endverbraucher abwälzen kann. Zum anderen erscheint es der Kammer nicht fernliegend, daß die Energieversorgungsunternehmen eine besondere Gruppenverantwortung für die umweltschonende Erzeugung von Strom haben.

    b) Weiterhin ist § 3 des Stromeinspeisungsgesetzes auch mit Artikel 3 Abs. 1 GG vereinbar. Weder die im Einzelfall betroffenen Energieversorgungsunternehmen noch die jeweiligen Endabnehmer unterliegen einer sachfremden Ungleichbehandlung.

    Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verlangt der Gleichheitssatz, daß Gleiches gleich und Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln ist. Der Gesetzgeber hat die Grenzen der ihm zustehenden weiten Gestaltungsfreiheit - mit der Folge einer Verletzung des Artikel 3 Abs. 1 GG - überschritten, wenn die ungleiche Behandlung der geregelten Sachverhalte mit Gesetzlichkeiten, die in der Natur der Sache selbst liegen, und mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise nicht mehr vereinbar ist, mit anderen Worten, wo ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung fehlt, es sich also um Regelungen handelt, die unter keinem sachlich vertretbaren Gesichtspunkt gerechtfertigt erscheinen, so daß die Unsachlichkeit der getroffenen Regelung evident ist (vgl. BVerfGE 71, 39, 58).

    Eine derartige evidente Unsachlichkeit kann die Kammer derzeit in der Preisregelung des Stromeinspeisungsgesetzes nicht erkennen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß das Stromeinspeisungsgesetz dem Schutz der Umwelt und damit einem der wichtigsten Gemeinschaftsinteressen dienen soll. Andererseits ist die Mehrbelastung, die auf die Energieversorgungsunternehmen im Verhältnis zu ihren Gesamtumsätzen und letztlich auf die Endverbraucher zukommt, bei der gegenwärtigen Verbreitung von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus regenerativen Energien nicht erheblich.

    Im übrigen werden die Energieversorgungsunternehmen durch die Härteklausel in § 4 des Stromeinspeisungsgesetzes zusätzlich vor unbilligen Belastungen geschätzt.

    
    

    III.

    
    
    

    Die Zinsentscheidung beruht auf §§ 286 Abs. 1, 284 Abs. 1, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die Beklagte befindet sich mit dem offenen Rechnungsbetrag von DM 13.527,65 für April 1995 seit 20.04.1995 ohne weitere Mahnung in Verzug, nachdem sie durch Schreiben vom gleichen Tag unmißverständlich zu erkennen gegeben hat, daß sie nicht mehr bereit sei, die höhere Vergütung gemäß § 3 des Stromeinspeisungsgesetzes, sondern nur noch die Sätze gemäß der Verbändevereinbarung zu bezahlen. Aus dem gleichen Grund trat spätestens mit dem Zugang der Abrechnung am 07.06.1995 bei der Beklagten für die Stromlieferungen für Mai 1995 für den offenen Restbetrag von DM 12.792,25 Verzug ein. Zur Zinshöhe hat der Kläger durch Vorlage einer Bankbestätigung der ... vom 20.06.1995 nachge- wiesen, daß er in forderungsübersteigendem Umfang Finanzierungsmittel in Anspruch nimmt und hierfür 7,75 % Zinsen jährlich aufwenden muß.

    Die Kostenentscheidung ergibt sich aus S 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus SS 709 Satz 1, 108 ZPO. Der Streitwert beträgt DM 26.319,90.Die nach dem 15.04.1996 - Schriftsatzfrist gemäß § 128 Abs. 2 Satz 2 ZPO - eingegangenen Schriftsätze geben keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.

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