Zur ökonomisch-ökologischen Implementierung von regenerativ erzeugtem Strom: Modellvorschlag "Verhandelbarer Ökostrom" (Nachfrageimpulsmodell)

von Norbert Allnoch
Vortrag: 24.06.1997 auf dem 7. Sommersymposium "Energie und Umwelt" der Westfälischen Wilhelms- Universität Münster


Die aktuellen Diskussionen und Spannungen um das Stromeinspeisungsgesetz StrEG belasten derzeit den Markt für erneuerbare Energien und insbesondere den der Windenergie. Aus der Sicht der regionalen Energieversorgungsunternehmen stellt dieses Gesetz aufgrund ausreichend vorhandener und vorgehaltener Kraftwerkskapazitäten eine Sonderbelastung dar. Auf der anderen Seite wird mit Blick auf die monopolistische Versorgungsstruktur auf dem Elektrizitätsmarkt eine stärkere Nutzung regenerativer Energien über gesetzliche Instrumente gefordert. Derzeit konzentriert sich der Streit auf die Höhe der Erzeugungskosten aus regenerativ erzeugten Strom und insbesondere die des Windstroms im Vergleich zur konventionellen Stromerzeugung. Der einzelne EVU-Kunde und Verbraucher hat bisher keine Möglichkeit einer direkten Einflußnahme auf dieses Marktgeschehen, und auch die EVU können sich beispielsweise nicht über den höheren Einsatz an regenerativ erzeugtem Strom profilieren oder neue Kunden gewinnen. Überlagert wird dieses Spannungsfeld derzeit noch von den anstehenden Bemühungen um eine Liberalisierung der Strom- und Gasmärkte und der damit verbundenen Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes. Nachfolgend soll das Modell "Verhandelbarer Ökostrom" vorgestellt werden, das die Gestaltung des ordnungspolitischen Handlungsrahmens im Hinblick auf die Integration des Stroms aus regenerativen Energien im Sinne des StrEGes ermöglichen soll und andererseits dem Wettbewerbsgedanken Rechnung tragen will. 

Grundlage und Geltungsbereich

Grundlage und Geltungsbereich des Modells ist der strittige Anteil der Stromerzeugung auf der Basis des Stromeinspeisungsgesetzes. Das Modell "verhandelbarer Ökostrom" verpflichtet danach alle EVU zu einer Basisaufnahme von Strom aus dem StrEG - festgelegt in einer konkreten Härteklausel - und Verteilung dieser Kosten auf alle Stromkunden. Der Strom auf der gesetzlichen Grundlage des StrEGes ist danach grundsätzlich frei verhandelbar. Der über den Basisanteil je EVU hinausgehende variable Strommengenanteil kann an ein anderes EVU verkauft oder Kunden als Energiedienstleistung über einen Ökostromtarif zu Marktpreisen angeboten werden. Zur Stärkung der erforderlichen Nachfragemacht erhalten jedoch alle diejenigen Kunden ein generelles EVU-Wahlrecht, die einen grünen Stromtarif auf der Basis des StrEGes zu Marktpreisen buchen. Die Erzeuger von Strom auf der Basis des StrEGes erhalten ebenfalls ein EVU-Wahlrecht. Das Modell führt im Ergebnis nicht zu speziellen EVU-Sonderlasten, sondern bietet neben dem Basisanteil als gesamtgesellschaftliche Verpflichtung für eine bestimmte Zielgruppe zu einem bestimmten Preis eine spezielle Energiedienstleistung an. Den "richtigen" Preis für den Ökostrom bestimmt der Markt. 

Die Auswirkungen des Modells für die Marktteilnehmer im einzelnen 

1. Kunden 

Zur Stärkung der Nachfragemacht erhalten lediglich alle diejenigen Kunden ein uneingeschränktes EVU-Wahlrecht, die sich für einen grünen Stromtarif auf der Basis des StrEGes entscheiden. 

2. EVU a) Freiwillige oder gesetzliche Festlegung eines max. Basisanteils von Strom aus dem StrEG in Höhe von x-Prozent an der EVU-Stromerzeugung unter Zugrundelegung eines angemessenen regenerativen Energieträgermixes und Umsetzung bis zum Zeitpunkt y. Die Verteilung dieses Basiskostenanteils erfolgt wie bisher auf alle Stromkunden b) Die EVU können zusätzlich grüne Stromtarife zu Marktpreisen anbieten und mit diesem Energiedienstleistungsangebot auch um neue Kunden werben. Die auf der Basis des StrEGes von Kunden über den grünen Stromtarif gebuchte Strommenge ist von dem Vertrags-EVU durch Ankauf von anderen EVU, Dritten oder durch zusätzliche Eigenerzeugung nachzuweisen und zu veröffentlichen. Der über den grünen Stromtarif gebuchte Stromanteil kann auf den Basisanteil angerechnet werden. 

3. Erzeuger 

Die Erzeuger von Strom im Sinne des StrEG können den erzeugten Strom an ein EVU ihrer Wahl verkaufen. 

Zusammenfassung

Das Modell "Verhandelbarer Ökostrom" hat zum Ziel, über einen ökonomisch-ökologischen Ansatz die Integration von regenerativ erzeugtem Strom auf der Basis des StrEGes zu ermöglichen. Neben einem begrenzten Basisanteil mit einer Kostenumlage auf alle Stromverbraucher ist der zusätzliche variable Anteil von der Kundennachfrage abhängig. Die Energieversorgungsunternehmen können über entsprechende Angebote neue Kunden gewinnen, während die Erzeuger regenerativen Stroms ein EVU-Wahlrecht erhalten. Der Preis für den Ökostrom dürfte sich nach einer gewissen Preisfindungsphase nach den Regeln von Angebot und Nachfrage herausbilden. Ob dieses Modell jedoch in der gewünschten Weise zur Geltung kommen wird, kann nur im Gesamtzusammenhang und nach endgültiger Festlegung des energiewirtschaftlichen Gesamtkonzeptes beurteilt werden. 

Abruck frei - Belegexemplar erbeten 

Münster, den 24.06.1997 

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