Der Kommentar 

Mittwoch, 26. März 1997

  Die industrielle Entwicklung braucht günstige Rahmenbedingungen

   von Norbert Allnoch


Als Ende der achtziger Jahre der Bund und die Länder mit einem ganzen Maßnahmebündel die regenerativen Energien gefördert haben, hat wohl kaum jemand die Dimension und das Entwicklungspotential dieser politischen Initiative geahnt. Das gemeinsame und parteiübergreifende Ziel, den Klima- und Umweltschutz auch durch die Förderung regenerativer Energien zu erreichen, führte 1991 mit Zustimmung der Stromwirtschaft zur Einführung des Stromeinspeisungsgesetzes. Heute  kann man feststellen, daß dieses Gesetz trotz nicht zu übersehender Schwächen das bisher erfolgreichste Instrument zum verstärkten Einsatz erneuerbarer Energien ist. Während aber beispielsweise bei der Photovoltaik trotz Stromeinspeisungsgesetz kaum nennenswerte Impulse ausgelöst wurden, hat bei der Windenergie der gewünschte technisch-innovative Entwicklungssprung stattgefunden. Die Kostensenkungseffekte durch größere und leistungsfähigere Maschinen, der Serienfertigungseffekt und der Herstellerwettbewerb haben zu kontinuierlich geringeren Stromerzeugungskosten geführt. Wenn heute und in der noch nicht
abgeschlossenen technischen Entwicklungsphase der regenerativen Energien der Spitzenverband der Stromwirtschaft das StrEG als verfassungsrechtlich bedenklich und energiewirtschaftlich verfehlt einstuft, so dürfte diese Kehrtwende vor allem der Fehleinschätzung über das bisherige Ausbautempo zuzuschreiben
 sein. Vor dem Hintergrund der anstehenden Liberalisierung des Energiemarktes erscheint jedenfalls die Befürchtung zu hoher nationaler Sonderlasten der Stromwirtschaft in einem Wettbewerbsmarkt überzogen. Zum einen ist der internationale Wettbewerb beispielsweise unter den WKA-Herstellern schon heute
ungleich härter als dies auf dem Strommarkt bis zum Jahr 2005 zu erwarten ist und zum anderen läßt die Brüsseler EU-Richtlinie eine Bevorzugung von erneuerbaren Energien in den einzelnen Mitgliedsstaaten ausdrücklich zu. Vielmehr gilt es, den ordnungspolitischen Handlungsrahmen in Deutschland so zu
gestalten, daß eine technologische und industriewirtschaftliche Entwicklung der erneuerbren Energien gedeihen kann. Der Erfolg der weltweit führenden Windindustrie in Dänemark ist letztendlich nur auf die rechtzeitige Besetzung eines neuen Industriefeldes in einem frühen technologischen Entwicklungsstadium
zurückzuführen. Angesichts der Globalisierung und Internationalisierung der Märkte erscheint es notwendiger denn je, mit hoher Flexibilität und Schnelligkeit auch auf Nischenmärkten rechtzeitig Flagge zu zeigen, um den industriellen Anschluß auf einem technologischen Zukunftsfeld nicht zu verpassen. Aufgabe der Politik ist es, die entsprechenden Rahmenbedingungen hierfür zu schaffen.

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