12.12.2017, 08:03 Uhr

Rohstoff Holz - wenn nachhaltige Forstwirtschaft an Grenzen stößt

München - Noch etwa zehn Jahre lang kann die nachhaltige Forstwirtschaft die immer größere Nachfrage nach Holz stillen. Doch was kommt danach?

In Deutschland und Europa werden neue Konzepte diskutiert, um die nachwachsende, aber dennoch begrenzte Ressource Holz industriell verantwortungsbewusster und effizienter zu nutzen. Wissenschaftler der Technischen Universität München (TUM) analysieren mit Daten aus einem europäischen Forschungsprojekt, wie effizient die Mehrfachnutzung zwischen Holzernte und Verbrennung sein könnte.

Führt die Kaskadennutzung zu einer höheren Ressourceneffizienz?

Diskutiert wird die Frage, ob es möglich ist, dass das Rohholz vor der direkten energetischen Nutzung im Wärmekraftwerk zunächst zu Konstruktionselementen, dann zu Lamellen für einen Tisch und schließlich zu Spänen einer Spanplatte genutzt werden kann. Für eine Antwort auf diese Frage hat sich Michael Risse zusammen mit Professorin Gabriele Weber-Blaschke und Professor Klaus Richter vom Lehrstuhl für Holzwissenschaft der TUM auf die Suche nach einer geeigneten Bewertungsmethodik gemacht.

Ganzheitlicher Lebenszyklus-Ansatz im Fokus

Um den charakteristischen Merkmalen der Kaskadennutzung gerecht zu werden, verwendete Holzwissenschaftler Michael Risse den ganzheitlichen Lebenszyklus-Ansatz und analysierte die Exergie sämtlicher verwendeter Materialien, der internen Recyclingprozesse und den Verbrauch weiterer primärer Ressourcen wie etwa der beanspruchten Flächen. Als Exergie wird der Teil der Energie bezeichnet, der in Arbeit umgewandelt werden kann.

Ergebnis: Einsparung vor allem zu Beginn der Produktionskette

Die Forscher der TUM verglichen in zwei Szenarien den Weg von einer Tonne Altholz mit der Bereitstellung derselben Funktionen aus Frischholz. Im ersten Szenario wurde das Altholz in einem Kaskadensystem zunächst zu Schnittholz und danach noch zwei weitere Mal zu Spanplatten verarbeitet. Im Referenzszenario wurden dieselben Produkte hergestellt, allerdings jeweils aus Frischholz. Das Ergebnis: Bei der Kaskadennutzung wird das Holz mit einer Quote von 46 Prozent deutlich effizienter verwendet als bei der einfachen Nutzung, die auf 21 Prozent kommt. Die größte Einsparung ist am Anfang der Produktionskette zu verzeichnen durch den reduzierten Einsatz von Frischholz und damit einhergehendem geringeren Flächenbedarf. Während der weiteren Verarbeitung des Holzes bleibt die Kaskadennutzung zwar effizienter, aber in deutlich geringerem Umfang.

Ressourceneffiziente Verarbeitung steckt noch in den Kinderschuhen

In der industriellen Praxis steckt die Kaskadennutzung noch in den Kinderschuhen, es fehlt an den notwendigen Logistikprozessen und der angepassten Verfahrenstechnik – und: „Die energetische Nutzung hat noch Vorrang vor der stofflichen Nutzung von Holz“, beklagt Lehrstuhlinhaber Professor Klaus Richter. Fast die Hälfte der jährlich geernteten 60 Millionen Tonnen Waldholz fließe direkt oder bei der industriellen Verarbeitung in die energetische Nutzung. Schäfer kritisiert die vorrangige energetische Nutzung durch die EEG-Anreize und Investitionszuschüsse für Heizungsanlagen, wie Holzpellet- oder Hackschnitzelheizungen. „Wir müssen den Rohstoff Holz mittelfristig effizienter, sprich mehrmals stofflich nutzen, bevor wir ihn verbrennen oder zu Pellets verarbeiten", so Richter.

Quelle: IWR Online

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