26.07.2013, 10:10 Uhr

Photovoltaik: Warum China jetzt den Binnenmarkt entdeckt

Münster – Lange Zeit hat China den heimischen Photovoltaik(PV)-Markt vernachlässigt, obwohl das Land weltweit die meisten PV-Module produziert. Doch nun will das Reich der Mitte bei der Installation von PV-Anlagen aufholen – und das in großem Stil. Anfang Juli erklärte der Staatsrat, dass das Solarziel bis 2015 von 21.000 Megawatt (MW) auf 35.000 MW erhöht wird. Zurzeit liegt die installierte Kapazität noch bei ca. 10.000 MW. Damit versucht die chinesische Regierung, die heimische Solarindustrie vor einer Krise zu bewahren. Zudem hat China ein ernstes Problem mit der Luftverschmutzung.

Chinas PV-Industrie braucht neue Absatzmöglichkeiten

China ist das führende Land bei der Produktion von Solarmodulen. Von den im ersten Halbjahr weltweit umgesetzten Modulen mit einer Leistung von 15.000 MW wurden 60 Prozent (ca. 9.000 MW) in China produziert. Die PV-Industrie des Landes ist dabei stark vom Export abhängig. Der ehemalige chinesische Handelsminister, Chen Deming, geht davon aus, dass ca. 90 Prozent der Produktion in andere Länder exportiert werden. Die Hauptmärkte im Jahr 2012 liegen mit einem Anteil von 70 Prozent in Europa, gefolgt von den USA mit 10 Prozent.

Exportprobleme: Strafzölle setzen der Industrie zu

Die anhaltende Solarkrise und die Einführung von Strafzöllen in den USA und in Europa haben der chinesischen Solarindustrie stark zugesetzt. Nach den Boom-Exportjahren sitzen die chinesischen Modul-Hersteller nun auf ihren hohen Überkapazitäten. Jetzt rächt sich die hohe Exportabhängigkeit der chinesischen Solarbranche. Um der Industrie im Land eine Perspektive zu geben, versucht die Regierung als Gegenreaktion den heimischen Markt zu beleben. Mit einem geplanten Zubau von jährlich 10.000 MW bis 2015 kann zwar die Produktionskapazität des Landes von etwa 32.000 MW (weltweit ca. 54.000 MW) nicht ausgelastet werden, dennoch kann die Abhängigkeit von schrumpfenden Exportmärkten deutlich gesenkt werden.

Klimaschutz: Luftverschmutzung fordert in China tausende Tote

Neben den wirtschaftlichen Gründen für den Ausbau der Solarenergie geben auch die Umweltprobleme Anlass, verstärkt auf saubere Energie zu setzen. China ist der weltweit größte Emittent von klimaschädlichen CO2. 2011 hat das Land ca. 9 Mrd. Tonnen CO2 ausgestoßen und lag damit weit vor den USA auf Rang zwei(6 Mrd. Tonnen). Was die Verantwortlichen im Land aber viel stärker beschäftigen dürfte, ist die extreme Feinstaubbelastung in der Luft. Die Weltbank teilte mit, dass in China 16 der 20 Städte mit der höchsten Luftverschmutzung liegen. Eine gemeinschaftliche Studie der Universität Peking und Greenpeace schätzt, dass es im Jahr 2012 in den vier größten Städten des Landes allein durch die hohe Luftverschmutzung ca. 8.500 Todesfälle gegeben hat. Der wirtschaftliche Schaden wird auf etwa eine Milliarde US-Dollar beziffert.

Kurswechsel in chinesischer Politik - Absatzförderung oder Umweltschutz?

Aber welcher der beiden Gründe ist maßgeblich für den Kurswechsel hin zu einem enormen Ausbau des Binnenmarktes? Für Li Shuo, Energieexperte von Greenpeace East Asia, ist es die Mischung aus beiden Faktoren, die ein Umdenken in China ausgelöst hat. Für Milan Nitschke, den Präsident der europäischen Solar-Hersteller-Vereinigung EU ProSun, die für eine Einführung der Strafzölle in Europa gesorgt hat, ist die Sache hingegen klar: "Die PV-Förderung in China entspringt nicht dem Umweltgedanken, sondern ist als Absatzförderprogramm für die an Überkapazitäten leidende chinesische Solarindustrie gedacht.“

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