25.02.2016, 15:28 Uhr

EU-Kommission setzt bei "Wärme- und Kältestrategie" auf Erneuerbare

Karlsruhe - Die Europäische Kommission empfiehlt, Wärme und Kälte vermehrt aus erneuerbaren Energien zu erzeugen. Beim Vorschlag einer Wärme- und Kältestrategie für Europa hat die Kommission auf Ergebnisse eines Forschungsprojekts des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung ISI in Karlsruhe zurückgegriffen.

Angesichts des hohen Anteils von Erdgas an der Erzeugung von Raum- und Prozesswärme seien erneuerbare Energien die bessere Alternative. Das würde nicht nur die CO2-Emissionen senken, sondern auch die Abhängigkeit der Europäischen Union vom Erdgas reduzieren.

Fraunhofer ISI skizziert Wärme- und Kälteerzeugung in Europa

In dem vom Fraunhofer ISI koordinierten Forschungsprojekt „Mapping EU heat supply“ wurde erstmals die Höhe des Energieverbrauchs für verschiedene Anwendungszwecke des Industrie- und Dienstleistungssektors sowie der privaten Haushalte auf Ebene der einzelnen Mitgliedstaaten ermittelt. Die EU-weiten Anwendungsbilanzen geben ein detailliertes Bild der Wärme- und Kälteerzeugung in Europa und der Verwendung fossiler und erneuerbarer Energieträger für die Bereitstellung von Raumwärme, Warmwasser und Klimatisierung in Gebäuden sowie für Prozesswärme und Kälte im Industrie- und Dienstleistungsbereich.

Status quo: Erneuerbare hinken hinter Erdgas her

Projektleiter Dr. Tobias Fleiter vom Fraunhofer ISI fasst zusammen: "Die Hälfte des gesamten Endenergieverbrauchs der EU wird für die Wärme- und Kälteerzeugung verwendet. 50 Prozent davon entfallen auf die Bereitstellung von Raumwärme, zum Großteil in Wohngebäuden. Etwa ein Drittel wird für Prozesswärme in der Industrie benötigt. Die Klimatisierung und Prozesskühlung, vorwiegend in der chemischen Industrie sowie der Nahrungsmittelherstellung, hat mit etwa fünf Prozent nur einen relativ geringen Anteil. Die Klimatisierung weist jedoch das höchste Wachstum auf, sodass ihre Bedeutung in Zukunft deutlich zunehmen wird." Der Anteil erneuerbarer Energien sei aber noch zu gering: "Gemessen am Primärenergieverbrauch sind lediglich 18 Prozent durch erneuerbare Energien gedeckt, während Erdgas einen Anteil von etwa 45 Prozent ausmacht und somit der bedeutendste Energieträger ist", so Fleiter.

Veraltete Wärme-Techniken als zusätzliches Problemfeld

Gleichzeitig sind die zur Wärmeerzeugung genutzten Techniken laut Fraunhofer ISI häufig veraltet. Dr. Jan Steinbach, der das Projekt am Fraunhofer ISI zusammen mit Fleiter geleitet hat: „58 Prozent der Kohleheizungen, 45 Prozent der Ölkessel und 22 Prozent der Erdgaskessel sind älter als 23 Jahre und haben somit ihre technische Nutzungsdauer überschritten. Auch in der Industrie prägen alte Anlagen das Bild: Mehr als die Hälfte der für die Kraft-Wärme-Kopplung genutzten Dampfturbinen sind älter als 23 Jahre.“ Im zweiten Teil des Forschungsprojekts berechnet das Fraunhofer ISI mit den Projektpartnern Szenarien zur Entwicklung des Wärme- und Kältesektors bis zum Jahr 2030. Die Ergebnisse werden im Sommer 2016 veröffentlicht.

EU-Kommission für Förderung energieeffizienter Wärme- und Kältebereitstellung

Aus dieser Bilanz der Wärme- und Kälteerzeugung in Europa ist nun von der EU-Kommission ein Vorschlag zur Wärme- und Kältestrategie mit gezielten Politikempfehlungen formuliert worden. Unter anderem fordert die Kommission die Mitgliedsstaaten auf, energieeffiziente Wärme- und Kältebereitstellung konsequent zu fördern, besonders in Haushalten, die von Energiearmut betroffen sind. Weiterhin sollten Mitgliedsstaaten verstärkt Verbände einbeziehen, um Bürger mit besseren Informationen zu versorgen. Nicht zuletzt empfiehlt die Kommission, das Mieter-Vermieter-Dilemma anzugehen, da dies ein zentrales Hemmnis für Investitionen in Gebäudedämmung ist: Typischerweise hat hier der Vermieter die Kosten zu zahlen, während der Mieter vom niedrigeren Energieverbrauch profitiert.

Zudem will die Kommission ihre Richtlinien für Energieeffizienz, erneuerbare Energien und Gebäude überarbeiten und dabei mehr Elemente einer auf erneuerbaren Energien beruhenden Wärme- und Kälteversorgung einbringen. Beispiele sind der schnellere Austausch von alten Heizkesseln durch energieeffiziente Techniken auf Basis erneuerbarer Energien, die beschleunigte Renovierung von Gebäuden, die verstärkte Kopplung von Wärme- und Stromsektoren, die Stärkung der Rolle von Energieaudits sowie die Unterstützung von Städten und Kommunen dabei, industrielle Abwärme stärker zu nutzen.

Quelle: IWR Online

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