25.01.2022, 09:27 Uhr

BDEW fordert Gewährleistung der Handlungsfähigkeit von Grundversorgern


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Berlin - In den letzten Wochen mussten Grundversorger hunderttausende betroffene Kunden von Strom- und Gasdiscountern, die ihre Lieferungen eingestellt hatten, in die Grundversorgung mit Strom und Gas aufnehmen. Die Bundesregierung will mit einer Gesetzesänderung gegensteuern.

Weil einige Strom- und Gas-Discounter sich an den Großhandelsmärkten verzockt haben und in die Insolvenz gegangen sind oder die Belieferung einfach eingestellt wurde, waren die Grundversorger gezwungen, diese Kunden aufzufangen. Die dafür benötigten Strom- und Gasmengen mussten die Unternehmen zum Teil zu extrem hohen Beschaffungspreisen einkaufen. Zum Teil waren die Versorger nach Angaben des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) mit kurzfristig um mehr als 400 Prozent höheren Beschaffungspreisen konfrontiert. Eine Gesetzesänderung soll derartige Entwicklungen künftig verhindern.

BDEW: Vorschlag zur Änderung des EnWG setzt an richtigen Stellschrauben an

Die Bundesregierung will angesichts der Verwerfungen am Strom- und Gasmarkt das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) ändern. Der Vorschlag zur Gesetzesänderung sieht unter anderem eine längere Frist zur Anzeige der Geschäftsaufgabe, eine Neuordnung bei den Tarifen der Grund- und Ersatzversorgung sowie die Schaffung von mehr Handlungsspielraum bei der Bundesnetzagentur vor, um unseriöse Wettbewerber herauszufiltern.

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) begrüßt die Initiative. „Der Vorschlag von Wirtschaftsstaatssekretär Oliver Krischer setzt grundsätzlich an den richtigen Stellschrauben an, um zukünftig ähnliche Situationen zu entschärfen“, so die Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung Kerstin Andreae. Eine längere Frist zur Anzeige der Geschäftsaufgabe gebe Verbraucherinnen und Verbrauchern Zeit, sich um eine alternative Strom- oder Gasversorgung zu kümmern, und schaffe Transparenz. „Damit werden Situationen vermieden, wie wir sie in den letzten Wochen gesehen haben: Hundertausende Kundinnen und Kunden fallen unerwartet in die Ersatzversorgung, weil unseriöse Unternehmen einfach die Versorgung eingestellt haben“, so Andreae weiter.

Der BDEW fordert, das EnWG dahingehend zu ändern, dass die „Aufgabe der Geschäftstätigkeit“ von unseriösen Discountern ohne Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen gegenüber den Kunden zukünftig verhindert bzw. erschwert wird. Hierzu sollten die Aufgaben und Befugnisse der Bundesnetzagentur wie angedacht erweitert werden.

Wichtig und im Interesse aller Kunden sei es, dass die Grundversorger sachgerecht auf unerwartete Neukundenzugänge in der Grund- und Ersatzversorgung und gleichzeitig extremen Steigerungen von Beschaffungskosten reagieren könnten. Das müsse die Bundesregierung unbedingt sicherstellen. „Um diesen Handlungsspielraum gewährleisten zu können, muss deshalb die Möglichkeit für einen angemessenen, zusätzlichen Tarif im Gesetz aufgenommen werden, der die aktuelle Beschaffungskostensituation berücksichtigt“, fordert Andreae.

Verbraucherzentrale NRW mahnt NRW-Grundversorger ab - VKU widerspricht

Die Verbraucherzentrale NRW sieht allerdings auch die Geschäftspraktiken von einigen Grundversorgern im Umgang mit den Turbulenzen an den Energiemärkten kritisch. Eine Marktstichprobe belege, dass ein Großteil der Grundversorger von Neukunden Preise verlange, die um ein Vielfaches höher liegen als die des bisherigen Kundenstamms. Das sei eine Ungleichbehandlung, die gegen geltende Vorschriften des Energierechts verstoße. Die Verbraucherzentrale NRW hat deshalb Abmahnungen an die Rheinenergie, die Stadtwerke Gütersloh und die Wuppertaler WSW Energie & Wasser AG verschickt und ruft die Energiekartellbehörde NRW zum Handeln auf.

„Bei allem Verständnis für die nicht ganz einfache Situation der Grundversorger - so geht es nicht. Die Benachteiligung von Verbraucher:innen, die ohne eigenes Verschulden in die Grundversorgung zurückfallen, ist rechtswidrig und widerspricht dem eigentlichen Schutzzweck der Grundversorgung“, so Wolfgang Schuldzinski, Vorstand der Verbraucherzentrale NRW.

Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU) sieht die Verbraucherzentrale NRW an dieser Stelle allerdings auf dem Holzweg. „Sie macht es sich zu leicht. Sie verwechselt Ursache und Wirkung. Der maßgebliche Anlass für die aktuellen Grund- und Ersatzversorgungspreise liegt bei den Energiediscountern, die ihren Verpflichtungen gegenüber ihren Kunden vertragswidrig nicht mehr nachkommen", so Liebing.

Quelle: IWR Online

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