02.08.2022, 10:20 Uhr

Deutsche Flugsicherung reduziert Abstände - Mehr Flächen für Windenergie an Land


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Berlin - Ein großes Hindernis für den schnellen Ausbau der Windenergie Land sind Anlagen zur Flugsicherung. Nachdem sich das Bundesverkehrsministerium und das Bundeswirtschaftsministerium im Frühjahr auf ein umfassendes Maßnahmenpaket verständigt haben, hat die Deutsche Flugsicherung GmbH (DFS) nun wichtige Eckpunkte daraus umgesetzt.

Seit dem 1. August 2022 verkleinert die DFS ihre Anlagenschutzbereiche rund um Drehfunkfeuer. So kann weiteres Flächenpotenzial für den Ausbau der Windenergie an Land geschaffen werden. Möglich wurde dies durch die Zusammenarbeit der beteiligten Ministerien BMDV und BMWK, das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF), die DFS und die Physikalisch-Technische-Bundesanstalt (PTB).

Flugsicherung verkleinert Anlagenschutzbereiche ihrer Drehfunkfeuer

Zur besseren Vereinbarkeit von Flugsicherung und Windenergie haben das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV), das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF) und die DFS Deutsche Flugsicherung in den vergangenen Monaten umfangreiche Maßnahmen auf den Weg gebracht. Gemeinsame Ziel war es, mehr Flächen für den Ausbau der Windenergie an Land zur Verfügung zu stellen, ohne den Betrieb von Flugsicherungsanlagen zu beeinträchtigen.

Dabei wurden wesentliche Aspekte durch die Physikalisch-Technische-Bundesanstalt (PTB) im Rahmen des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) geförderten Forschungsprojekts WERAN (Wechselwirkung Windenergieanlagen und Radar/Navigation) entwickelt. Zugleich werden mit den jetzt von der Flugsicherung ergriffenen Maßnahmen wichtige Teile der Eckpunkte vom 5. April 2022 umgesetzt, auf die sich das BMDV und das BMWK verständigt hatten.

„Mehr Flächen für Windenergie bei gleicher Sicherheit der Funknavigation: Das ist ein Riesenschritt und entscheidend für den Ausbau der Windkraft. Die erfolgreiche Zusammenarbeit mit den Luftverkehrsbehörden und dem Verkehrsministerium ist ein sehr gutes Beispiel dafür, wie wir auf allen Ebenen Hemmnisse abbauen, um den Ausbau der erneuerbaren Energien zu beschleunigen“, so Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck.

Anlagenschutzbereiche bei Doppler-Drehfunkfeuern werden verkleinert

BMWK und BMDV hatten sich im April 2022 darauf verständigt, ausgehend von den im Projekt WERAN neu gewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnissen, die Schutzbereiche von Flugsicherungsanlagen zu überprüfen. Auf der Basis von neuen Kriterien hat die DFS nun die Möglichkeit, die Anlagenschutzbereiche der Doppler-Drehfunkfeuer (DVOR) neu zu bewerten und festzulegen, ob diese auf einen Radius von 7 Kilometer verkleinert werden können. Die PTB hat aufgrund der in 2020 erlassenen Formel Simulationen angestellt und hierdurch ermittelt, dass sich Störungen über 7 Kilometer hinaus gegenseitig aufheben und zu keiner relevanten Gesamtstörung für die Navigationssysteme addieren.

Die Neubewertung der Anlagenschutzbereiche soll bis Ende 2022 abgeschlossen werden. Die vorliegenden Ergebnisse erlauben schon jetzt die Verkleinerung der Anlagenschutzbereiche der DVOR Klasdorf, DVOR Gedern und DVOR Fulda zum 1. August 2022. Die DFS erwartet, dass in vielen weiteren Fällen die Verkleinerung erfolgen kann und somit eines der Hemmnisse für die Planung von Windenergieanlagen entfällt.

Neue Berechnungsformel auch für Funkfeuer herkömmlicher Bauart (CVOR)

Über die neue Berechnungsformel für DVOR wird die mögliche Störung der vom Funkfeuer bereitgestellten Navigationsinformationen durch Windenergieanlagen, der sogenannte Winkelfehler, ermittelt. Nach dem erfolgreichen Einsatz der neuen Formel für die robusteren Doppler-Drehfunkfeuer, soll voraussichtlich ab Ende September 2022 auch eine neue, gemeinsam von DFS und PTB entwickelte Berechnungsformel für Funkfeuer herkömmlicher Bauart (CVOR) vorliegen, die auch in diesem Bereich zu einer höheren Zustimmungsquote führen dürfte, so die Einschätzung von BMDV und BMWK sowie den beteiligten Institutionen.

Künftig höherer Winkelfehler akzeptiert

Durch eine Neubewertung der für die Flächennavigation erforderlichen Leistungsanforderungen einerseits und technische Modifikationen an den Navigationsanlagen andererseits kann ab sofort ein höherer Winkelfehler, wie z.B. durch Windenergieanlagen hervorgerufen wird, akzeptiert werden. Dadurch kann das zur Verfügung stehende Fehlerbudget von heute 1,0° auf - je nach Anlagentyp - 1,5° bzw. 2,1° teilweise mehr als verdoppelt werden. Dies erlaubt den Aufbau zusätzlicher Windenergieanlagen auch innerhalb der Anlagenschutzbereiche von Drehfunkfeuern.

Rückbau und Umbau von Drehfunkfeuern

Von Vorteil für den weiteren Ausbau der Windenergie dürfte zudem sein, dass die DFS im Zuge der Einführung moderner, vermehrt satellitengestützter Navigationsverfahren die aktuell rund 2.600 Flugverfahren im gesamten deutschen Luftraum überprüft. Ergebnis: Die neuen Verfahren ermöglichen vielerorts den Abbau von Funkfeuern. Seit 2002 wurden bereits 17 Anlagen abgebaut; von den heute 51 im Eigentum der DFS befindlichen Anlagen werden bis 2032 voraussichtlich weitere 20 Anlagen zurückgebaut, so die DFS. Außerdem wurde durch Unterstützung des BMWK die Umrüstung von acht CVOR in weniger störanfällige DVOR ermöglicht.

Quelle: IWR Online

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