7 B 1591/98
4 L 1036/98 Arnsberg
B e s c h l u ß
In dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren
wegen baurechtlicher Nachbarstreitigkeit;
hier: Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes
hat der 7. Senat des
OBERVERWALTUNGSGERICHTS FÜR DAS LAND NORDRHEIN-WESTFALEN
am 9. September 1998
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht W i l l e k e
den Richter am Oberverwaltungsgericht S t e h r
den Richter am Verwaltungsgericht G i e ß a u
auf den Antrag der Antragsteller auf Zulassung der Beschwerde gegen
den Beschluß des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom
30. Juni 1998
beschlossen:
Die Beschwerde wird zugelassen.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich
der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen als Gesamtschuldner.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,--
DM fest gesetzt.
G r ü n d e
Die Beschwerde war gemäß §§ 146 Abs. 4, 124 Abs.
2 Nr. 2 VvGO wegen besonderer tatsächlicher Schwierigkeiten der Rechtssache
zuzulassen. Zwar haben die Antragsteller lediglich ernstliche Zweifel
an der Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses (Zulassungsgrund gemäß
§§ 146 Abs. 4, 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) behauptet. Die Beschwerde
kann jedoch in einem solchen Falle auch ohne ausdrückliche Ausführungen
des Antragstellers zu den besonderen tatsächlichen oder rechtlichen
Schwierigkeiten der Rechtssache zugelassen werden, wenn die konkreten Angriffe
des Rechtsmittelführers gegen die erstinstanzliche Entscheidung zwar
keine überwiegende Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg der Beschwerde
ergeben, diese Angriffe aber andererseits begründeten Anlaß
zu Zweifeln an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung wecken,
die sich nicht ohne weiteres im Zulassungsverfahren klären und deshalb
den Ausgang des Rechtsstreits als offen erscheinen lassen.
Vgl. für das Verfahren auf Zulassung der Berufung mit ausführlicher
Begründung: OVG NW, Beschluss vom 31. Juli 1998 - 10 A 1329/98 -.
Die Antragsteller haben mit dem Zulassungsantrag an entscheidungstragenden
Ausführungen des Verwaltungsgerichts Zweifel aufgeworfen, die im Beschwerdeverfahren
näherer Prüfung bedurften.
Der Senat entscheidet über den Antrag auf Zulassung der Beschwerde
und - im Hinblick auf die von den Antragstellern behauptete Eilbedürftigkeit
- zugleich über die Beschwerde. Die Beteiligten sind über
das beabsichtigte Verfahren in Kenntnis gesetzt worden und haben Gelegenheit
erhalten, hierzu und zur Sache auszufahren.
Die Beschwerde ist zulässig.
Für die Beschwerde ist das Rechtsschutzbedürfnis nicht entfallen.
Obwohl die Windkraftanlage zwischenzeitlich errichtet worden und in Betrieb
gegangen ist, haben die Antragsteller weiterhin ein rechtlich schützenswertes
Interesse daran, daß über den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden
Wirkung ihres Widerspruchs vom 27. Mai 1998 entschieden wird, da gerade
vom Betrieb der Windkraftanlage die behaupteten Nachbarbeeinträchtigungen
ausgehen, denen bei Erfolg des Rechtsmittels durch Stillegung der Anlage
begegnet werden könnte.
Die Beschwerde ist unbegründet.
Der zulässige Antrag ist unbegründet.
Die im Verfahren nach §§ 80a, 80 Abs. 5 VwGO gebotene Abwägung
führt zu dem Ergebnis, daß das Interesse des Beigeladenen, von
der Baugenehmigung durch Betrieb der Windkraftanlage weiterhin sofort Gebrauch
machen zu dürfen, das Interesse der Antragsteller daran, den Betrieb
zu verhindern, überwiegt. Nach der im vorliegenden Verfahren
nur möglichen summarischen Prüfung ist Überwiegend wahrscheinlich,
daß die Baugenehmigung keine die Antragsteller schätzenden,
hier nur in Rede stehenden Vorschriften des Bauplanungsrechts verletzt.
Soweit das Ausmaß einzelner Beeinträchtigungen auf Grundlage
des aktenkundigen Sachverhalts derzeit nicht exakt erfaßt werden
kann, sind Beeinträchtigungen nur in einem solchen Ausmaß wahrscheinlich,
daß sie den Antragstellern für die Dauer des Hauptsacheverfahrens
zugemutet werden können.
Da die Beteiligten aus die Errichtung von Windkraftanlagen betreffenden
Entscheidungen des Senats zitieren,
vgl. OVG NW, Urteil vom 29. August 1997 - 7 A 629/97 -, UPR 1998,
232 = BauR 1998, 110; Beschluß vom 23. Januar 1998 - 7 B 2984/97
-, UPR 1998, 237 = BauR 1998, 523; Beschluß vom 13. Juli 1998 - 7
B 956/98 -; vgl. auch Beschluß vom 22. Oktober 1996 - 10 B 2385/96
-, BRS 58 Nr. 177,
sei zur Klarstellung der folgenden Ausführungen vorangestellt,
daß die Frage, ob der Betrieb einer Windkraftanlage Nachbarn zumutbar
ist, nur nach Maßgabe der Umstände des jeweiligen Einzelfalls
beurteilt werden kann. In den Blick zu nehmen sind Emissionen des
konkreten Anlagentyps. Schon wegen der auch im Hinblick auf Nachbarbelange
fortschreitenden technischen Entwicklung kann das Maß in der Vergangenheit
ermittelter Umweltbelastungen einzelner Anlagen nicht ohne weiteres auf
neue Anlagen übertragen werden. Auch sind gegenüber der
baurechtlichen Genehmigung von Windkraftanlagen geltend gemachte Abwehrrechte
Dritter in ihrer Durchsetzungskraft wesentlich von der Qualifizierung der
jeweiligen Rechtsposition abhängig.
Vgl. zu entsprechenden Erwägungen auch OVG Schleswig, Beschluß
vom 20. Mai 1992 - 1 M 7/92 -, NuR 1994, 148; Nds. OVG, Beschluß
vom 28. Februar 1996 - 6 M 154/96 -.
Bei der rechtlichen Beurteilung des vorliegenden Falls geht der Senat
davon aus, daß das nicht vom Geltungsbereich eines Bebauungsplans
erfaßte Grundstück der Antragsteller im bauplanungsrechtlichen
Außenbereich (vgl. § 35 BauGB) gelegen ist. Die dem Senat vorliegenden
Karten und Fotos lassen auch ohne Ortsbesichtigung eine hinlänglich
verläßliche Einschätzung darüber zu, daß die
wenigen (nach Angaben der Antragsteller zehn) Häuser der Ansiedlung
K. eine Splittersiedlung im Außenbereich bilden. Die Baulichkeiten
lassen nach ihrer Zahl und Anordnung keine organischen Siedlungsstruktur
erkennen und haben nicht das nötige Gewicht, um bereits als Ortsteil
im Sinne des § 34 BauGB angesehen werden zu können. Daß
ihr Grundstück im Außenbereich gelegen ist, haben die Antragsteller
der Sache nach mit der Antragsschrift durch Bezugnahme auf sich vermeintlich
aus § 35 Abs. 3 BauGB ergebene Abwehrrechte im übrigen selbst
noch angenommen. Konkrete Anhaltspunkte, weshalb ihr Grundstück
("als allgemeines Wohngebiet und Kleinsiedlungsgebiet") einem Ortsteil
im Sinne des § 34 BauGB zugehören sollte, ergeben sich über
die auf die Zahl der Häuser gestützte Behauptung hinaus aus dem
Vorbringen der Antragsteller nicht.
Bei dieser Ausgangslage - die sich etwa von derjenigen des Verfahrens
7 B 956/98 unterscheidet - kommt ein Abwehrrecht der Antragsteller
gegenüber dem dem Beigeladenen genehmigten Vorhaben, wie bereits das
Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat, nur nach Maßgabe des
auch zugunsten eines im Außenbereich gelegenen Wohngrundstücks
zu beachtenden Gebots der Rücksichtnahme in Betracht. Nach summarischer
Prüfung führt der Betrieb der Windkraftanlage hiernach im vorliegenden
Fall nicht zu Beeinträchtigungen der Antragsteller, die ihnen gegenüber
als rücksichtslos, weil ihnen nach Maßgabe der Gewichtung der
Belange des Beigeladenen sowie der Antragsteller nicht zumutbar sind.
Die äußeren Dimensionen der Anlage als solche sind im Hinblick
auf den zum Grundstück der Antragsteller gegebenen Abstand von etwa
350 m ohnehin nicht von nachbarrechtlicher Bedeutung, insbesondere nicht
"erdrückender" Natur. Die von den Antragstellern ferner erhobenen
Rügen der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes sind nicht nachbarschützend.
Ebensowenig können sie eine eigene Rechtsverletzung aus der Situation
anderer Wohngrundstücke herleiten. Angesichts der Entfernung der Anlage
zu ihrem Grundstück ist die Anlage ungeachtet ihrer Höhe wegen
der verhältnismäßig geringfügigen Baumasse zudem schwerlich
geeignet, die von den Antragstellern befürchteten Beeinträchtigungen
von Radio, Fernseh- und Mobilfunkempfang auszulösen; die dahingehenden
Befürchtungen haben die Antragsteller zudem nicht konkretisiert.
Im übrigen schützt weder das Grundrecht auf Informationsfreiheit
aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG noch die Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs.
1 GG davor, daß sich die Umgebung ändert und infolgedessen die
bisherige Möglichkeit des Rundfunk- und Fernsehempfangs den neuen
Gegebenheiten technisch angepaßt werden muß und hierfür
gegebenenfalls finanzielle Aufwendungen getätigt werden müssen,
vgl. BGH, Urteil vom 21. Oktober 1982 - V ZR 166/82 -, BGHZ 88, 344.
Ebensowenig hat der Besitzer eines Mobilfunktelefons aus Art. 5 Abs.
1 GG oder aus Art. 2 Abs. 1 GG eine eigene Rechtsposition, kraft derer
er Veränderungen in der Umgebung verhindern könnte, welche die
Benutzung eines Mobilfunktelefons auf seinem Grundstück erschweren.
Allenfalls sind Interessen, nicht jedoch Rechte des Betreibers des Netzes
tangiert, dessen Sache es ist, durch entsprechende technische Maßnahmen
die Funktionsfähigkeit des Netzes sicherzustellen.
Vgl. OVG MW, Beschluß vom 24. April 1998 - 10a B 550/98
. NE -.
Daß von der Windkraftanlage Eisbrocken oder Rotorteile auf das
Grundstück der Antragsteller fallen könnten, kann schon angesichts
der Entfernung ausgeschlossen werden.
Der Betrieb der Windkraftanlage läßt keine den Antragstellern
jedenfalls für die Dauer des Hauptsacheverfahrens nicht zumutbare
Beeinträchtigungen durch Schattenwurf, Reflexionen des Sonnenlichts
oder durch Lärm erwarten. Da die Anlage nahezu nördlich
des Grundstücks der Antragsteller errichtet worden ist, sind Beeinträchtigungen
durch Schattenwurf praktisch ausgeschlossen. Eine nennenswerte Beeinträchtigung
durch von den Rotorflügeln reflektierte Sonnenstrahlen ist ebenfalls
nicht zu erwarten. Ausweislich der Bescheinigung der Firma A. R.GmbH vom
30. Oktober 1997 wird durch eine Beschichtung der Rotorblätter der
hier in Rede stehenden Windkraftanlage erreicht, daß der Reflektormeterwert
nach DIN 67530 (sog. "Glanzgrad") unter einem Einfallswinkel von
60 Grad noch ca. 10 beträgt. Dies bedeutet, daß lediglich
beim direkten Blick auf die Anlage noch eine leichte Reflexion der Sonneneinstrahlung
erkannt werden kann. Die Spiegelungen vermeidende Wirkung der Beschichtung
von Rotorblättern ist im übrigen auch im gemeinsamen Runderlaß
des Ministeriums für Bauen und Wohnen, des Ministeriums für Umwelt,
Raumordnung und Landwirtschaft und des Ministeriums für Wirtschaft
und Mittelstand, Technologie und Verkehr vom 29. November 1996, MBl.
NW 1864 (Runderlaß) bestätigt worden (vgl. Gliederungsziffer
2.4 des Runderlasses). Die Behauptung der Antragsteller (Schriftsatz
vom 28. August 1998, S. 12), daß eine reflexionsarme Beschichtung
tatsächlich nicht existiere; eine vollständig reflexionsunterbindende
Oberfläche müßte derart rauh und grob gestaltet sein, daß
diese Oberfläche wiederum zu erheblich größeren Lärmimmissionen
führen würde, verkennt die mit der Rotorbeschichtung verfolgte
Absicht. Diese ist, wie sich aus der Bescheinigung der A. Rotorblattfertigung
GmbH ergibt, darauf gerichtet, das die Nachbarschaft störende "Blinken"
der Rotorblätter bei Sonneneinstrahlung zu vermeiden. Ob eine
den Antragstellern nicht hinnehmbare Belästigung dann gegeben ist,
wenn lediglich "beim direkten Blick auf die Anlage...noch eine leichte
Reflexion der Sonneneinstrahlung erkannt werden (kann)", bedarf hier keiner
Entscheidung, da derartige Auswirkungen den Antragstellern jedenfalls vorübergehend
zuzumuten sind. Dies gilt umso mehr, als nach den Angaben in der
Antragsschrift im Haus der Antragsteller zur Windkraftanlage das Schlafzimmer
und damit ein Raum gelegen ist, in dem sich die Bewohner eines Hauses gewöhnlich
nachts, also zu Zeiten aufhalten, wo Sonnenstrahlreflexionen nicht auftreten.
Schon wegen dieser individuellen Gegebenheiten sowie dem Abstand zwischen
Windkraftanlage und Wohnhaus der Antragsteller ist die Drehbewegung des
Rotors für die Antragsteller nicht unzumutbar. Für das
vorliegende Eilverfahren kommt es daher letztlich auch nicht entscheidend
darauf an, in welchen Entfernungen das einer Windkraftanlage eigentümliche
Moment aufmerksamkeitserregender Wirkung sich bewegender Rotorblätter
- das im abstandrechtlichrelevanten Bereich zu dort nicht hinzunehmenden
Auswirkungen des Betriebs einer Windkraftanlage beiträgt-,
vgl. OVG NW, Urteil vom 29. August 1997 - 7 A 629/97 -,
a. a. O.,
an entscheidungserheblicher Bedeutung verliert. Immerhin ist -
worauf auch das Verwaltungsgericht bereits hingewiesen hat - auch in diesem
Zusammenhang zugunsten des Anlagenbetreibers zu berücksichtigen, daß
Windkraftanlagen im bauplanungsrechtlichen Außenbereich privilegiert
zulässig sind (vgl. § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB) und im Außenbereich
Wohnende daher grundsätzlich mit der Errichtung von Windkraftanlagen
in der Nachbarschaft rechnen müssen.
Der Anlagenbetrieb wird auf dem Grundstück der Antragsteller mit
überwiegender Wahrscheinlichkeit auch nicht zu unzumutbaren Lärmbelästigungen
führen. Die Antragsteller als Eigentümer eines im Außenbereich
gelegenen Grundstücks können zwar damit rechnen, daß in
der Umgebung ihres Grundstücks keine Nutzung zugelassen wird, die
die Belange der Wohnnutzung nicht unzumutbar beeinträchtigt. Der Maßstab
der Zumutbarkeit ergibt sich jedoch hier nicht anhand der Richtwerte für
reine Wohngebiete. Für ein in einem reinen Wohngebiet, jedoch
in Randlage zum Außenbereich gelegenes Wohnhaus hat der Senat hierzu
bereits ausgeführt, daß einer solchen Wohnnutzung Geräusche,
die nach den Richtwerten der VDI-Richtlinie 2058 oder der TA-Lärm
beurteilt werden können, mit einem Beurteilungspegel von 55 dB(A)
tagsüber und 40 dB(A) nachts zuzumuten sind,
vgl. OVG NW, Beschluß vom 6. November 1989 - 7 B 2966/87
-, BRS 49 Nr. 205.
Eine weitere Minderung dieses Schutzmaßstabes ist hier deshalb
geboten, weil derjenige, der im Außenbereich wohnt, keinen Anspruch
darauf hat, daß seine Umgebung von weiterer Bebauung frei bleibt.
Er muß, wie sich aus § 35 Abs. 1 BauGB ergibt, unter Umständen
auch mit belastenden Anlagen rechnen und ist insoweit situationsbelastet.
Dem Verwaltungsgericht ist daher auch darin zuzustimmen, daß sich
der im Außenbereich Wohnende bezüglich etwaiger
Lärmbeeinträchtigungen allenfalls auf die Einhaltung der
für Mischgebiete erarbeiteten Schallgrenzwerte, also auf Werte von
60 dB(A) tags sowie 45 dB(A) nachts berufen kann, die gemäß
Auflage 00001 zur Baugenehmigung vom 13. August 1997 als Immissionsrichtwert
insbesondere für das deutlich näher als das Haus der Antragsteller
zur Windkraftanlage gelegene Wohnhaus D. 1 festgeschrieben sind und deshalb
eingehalten werden müssen, aber auch - wie noch auszuführen ist
- voraussichtlich eingehalten werden können.
Vgl. zur Frage des maßgebenden Immissionspegels: BayVGH, Beschluß
vom 9. November 1992 - 2 CS 92.1869 -, BRS 54 Nr. 196; VGH Baden-Württemberg,
Beschluß vom 25. Juni 1996 - 10 S 200/96 -, BRS 58 Nr.
176.
Der von den Antragstellern nach Ziffern 6.1 d-f, 6.5 der TA-Lärm
in der Fassung des Entwurfs vom 19. März 1998, Bundesrats-Drucksache
254/98 geforderte Zuschlag auf den maßgebenden Beurteilungspegel
von 6 dB(A) würde voraussetzen, daß das Grundstück der
Antragsteller in einem reinen oder einem allgemeinen Wohngebiet und nicht
- wie hier tatsächlich - im Außenbereich liegt.
Ob der Entwurf der TA-Lärm vom 19. März 1998 im vorliegenden
Verfahren hinsichtlich des genannten Zuschlags von 6 dB(A) überhaupt
von rechtlicher Bedeutung ist, bedarf daher keiner Entscheidung.
Der Betrieb der Windkraftanlage läßt vor dem Wohnhaus der
Antragsteller keine über die in der Auflage 00001 der Baugenehmigung
vom 13. August 1997 festgesetzten Immissionsrichtwerte hinausgehenden
Lärmimmissionen erwarten.
Beim Betrieb der hier in Rede stehenden Anlage vom Typ Enercon E-40
mit 65 m Nabenhöhe entsteht nach den Messungen des Dipl.- Ing.
T., K.beratende Ingenieure GmbH, vom 3. März 1998 bei einer Referenzgeschwindigkeit
von v (10) = 8 m/s (in 10 m Höhe) ein immissionsrelevanter Schalleistungspegel
von 99,5 dB(A). Weder im Luftschallspektrum noch vom subjektiven
Höreindruck aus konnten deutlich hervortretende Einzeltöne festgestellt
werden. Bei dieser Ausgangslage - die sich von der anderer (älterer)
Anlagen unterscheidet,
vgl. zum Fall einer Windkraftanlage, deren Betrieb einen monotonen Dauerton
verursachte, der durch herausgehobene Einzeltöne begleitet wurde:
OVG NW, Beschluß vom 22. Oktober 1996 - 10 B 2385/96 -,
BRS 58 Nr. 177 -
ist dem Verwaltungsgericht im Rahmen des vorliegenden, seinem Charakter
nach vorläufigen Verfahrens ferner in der auch, von den Antragstellern
geteilten Auffassung zuzustimmen, daß die Messung und Bewertung der
Lärmbeeinträchtigungen in Anlehnung an die Regelungen der TA-Lärm
(vom 16. Juli 1968) erfolgen kann, da bisher genauere Erkenntnisse
über die spezifischen akustischen Wirkungen der von Windkraftanlagen
ausgehenden Lärmemissionen nicht vorhanden sind.
Im Hinblick auf die Messung des vom Betrieb einer Windkraftanlage ausgehenden
Lärms muß allerdings den Betriebsbesonderheiten Rechnung getragen
werden. So liegt es nahe, die Lärmauswirkungen in den Blick zu nehmen,
mit denen in einer für Nachbarbelange nicht unbeachtlichen Häufigkeit
zu rechnen ist, und daher auf die Lärmemissionen abzustellen, die
die Windkraftanlage bei höheren, aber nicht seltenen Windgeschwindigkeiten
als v (10) = 8 m/s verursacht. Der Stellungnahme des Umweltamts Nordrhein-Westfalen
vom 5. Juni 1998 an das Ministerium für Umwelt und Raumordnung ist
daher in der Forderung zuzustimmen, der Immissionsprognose die Geräuschemissionen
zugrundezulegen, mit denen im gesamten Arbeitsbereich der Windkraftanlage
gerechnet werden muß. Von dieser Ausgangslage ist aber auch
das Lärmschutzgutachten ausgegangen. Auf Grundlage der vom Gutachter
T. anhand der akustischen Vermessung einer bereits errichteten Anlage des
streitgegenständlichen Typs Enercon E-40 ermittelten Lärmemissionen
sind im Lärmschutzgutachten die Lärmimmissionen auf die Situation
bei einer Windstärke von v(10) = 10 m/s die einer Windstärke
von v = 13,5 m/s in Nabenhöhe und damit der Windgeschwindigkeit entspreche,
bei der die Windkraftanlage Enercon E-40 ihre Nennleistung erreicht - umgerechnet
worden (vgl. S. 3 Abs. 4 Satz 2 des Lärmschutzgutachtens); auf
dieser Grundlage ergebe sich ein Schalleistungspegel von 101 dB(A).
Durchgreifende Zweifel an der Richtigkeit der Berechnungen des Gutachters
ergeben sich aus dem Vorbringen der Antragsteller nicht und sind auch sonst
nicht ersichtlich. Das Umweltamt Nordrhein-Westfalen bestätigt in
der schon zitierten Stellungnahme vom 5. Juni 1998, daß es moderne
Windkraftanlagen der Leistungsklasse von 500 kW bis 1,5 MW gibt, deren
Schalleistungspegel in allen Betriebszuständen bis zum Erreichen der
elektrischen Nennleistung 101 dB(A) nicht überschreiten (und deren
Geräusche zudem im gesamten Arbeitsbereich keine auffälligen
Einzeltöne enthalten). Auf die Fragen, ob Geräusche einer
Windkraftanlage bei höheren Windgeschwindigkeiten durch windbedingte
Umgebungsgeräusche vollständig maskiert werden können (so
die Stellungnahme des Landesumweltamtes Nordrhein Westfalen vom 5. Juni
1998) und ob die für eine dahingehende Lärmbewertung vorausgesetzten
Umweltgegebenheiten in der hier maßgebenden Örtlichkeit festzustellen
sind, kommt es nicht an. Die Schallimmissionsprognose geht von der den
Antragstellern ungünstigsten, sie nämlich mit Lärm am stärksten
belastenden Situation freier Schallausbreitung ohne Berücksichtigung
von Abschirmung oder Dämpfung durch Bebauung und Bewuchs aus und unterstellt
eine die Schallausbreitung begünstigende Windrichtung. Dafür,
daß sich die Messungen des Dipl.- Ing. T. in W.- M. nicht auf eine
der hier errichteten Anlage baugleiche Anlage bezogen haben könnten,
fehlt jeder Anhalt. Die vom Standort in W. verschiedenen Geländeverhältnisse
sind im Lärmschutzgutachten berücksichtigt worden. Angesichts
des vom Standort der Windkraftanlage zum Wohnhaus der Antragsteller überwiegend
stetig abfallenden Geländes sowie der relativ geringfügigen Höhendifferenz
von ausweislich der topographischen Karten etwa 15 m, nach Angaben
der Antragsteller etwa 20 m, spricht auch wenig dafür, daß die
nach den Untersuchungen von K. im gebirgigen, gegenüber einem flachen
Gelände festgestellten veränderten
Schallausbreitungsvorgänge auf die Berechnungen des Lärmschutzgutachtens
nicht nur nicht übertragen werden konnten, sondern ferner zu deutlichen
Korrekturen Anlaß geben könnten. Die Forderung der Antragsteller
nach einem "Sicherheitszuschlag" von 2 dB(A) findet allerdings eine Stütze
in den Messungen des Dipl.-Ing T. der (S. 19 seines Berichts) Meßuntersicherheiten
mit kleiner +/- 2 dB(A) abgeschätzt hat. Selbst wenn dieser auf den
immissionsrelevanten Schalleistungspegel bezogene Wert dem für das
Wohnhaus der Antragsteller prognostizierten Immissionspegel von 39,3 dB(A)
hinzugerechnet würde, bliebe der maßgebende Beurteilungspegel
mit 41,3 dB(A) so deutlich unter der den Antragstellern zumutbaren Lärmbelastung,
daß gewisse verbleibende Unsicherheiten zur Frage, ob der Betrieb
der Windkraftanlage Lärm in der prognostizierten Größenordnung
auch tatsächlich verursacht, jedenfalls derzeit hinzunehmen sind.
Dies gilt auch hinsichtlich der Frage etwaiger Beeinträchtigungen
durch tieffrequente Geräuschimmissionen.
Nach den dem Lärmschutzgutachten allerdings nur auszugsweise beigefügten
Messungen der W. K. -W. -K. GmbH aus September 1995 sind Infraschallemissionen
der Enercon E-40 im Frequenzbereich unter 90 Hz nur deutlich unterhalb
des "Schwellwerts" von 20 dB ermittelt worden. Werte dieser Größenordnung
blieben nach dem dem Lärmschutzgutachten noch zugrundeliegenden Entwurf
der DIN 45680 aus Januar 1992, Beiblatt 1 (Ziffer 2.3) ohnehin unberücksichtigt
und bleiben es auch nach der zwischenzeitlich vorliegenden Fassung der
DIN 45680 aus März 1997. Die von den Antragstellern überreichte
Graphik einer nicht datierten Messung der Infraschallabstrahlung der Enercon
E-40 von M. bestätigt im wesentlichen die Angaben der W. K. -W. -K.
GmbH. Danach liegt die Infraschallabstrahlung fast im gesamten gemessenen
Frequenzbereich unterhalb der Hörschwelle und ist schon deshalb ohne
Bedeutung. Lediglich im Bereich von etwa 45 Hz liegt der in 200 m
Entfernung zur Windkraftanlage von M. gemessene Schalldruckpegel oberhalb
der Hörschwelle. Daß sich die in diesem Bereich festgestellte
hörbare Schallabstrahlung mit einem Schalldruckpegel von abgegriffen
etwa 5 dB oberhalb der Hörschwelle auch noch am Grundstück der
Antragsteller nennenswert auswirken oder gar zu jedenfalls vorübergehend
nicht hinnehmbaren Beeinträchtigungen führen könnte, ist
nicht ersichtlich. Letztlich ist ergänzend zu berücksichtigen,
daß der Betrieb der Windkraftanlage der Auflage 0001 zur Baugenehmigung
unterworfen ist. Die Auflage ist geeignet, den aus Nachbarsicht erforderlichen
Lärmschutz zu bewirken. Allerdings regelt die Baugenehmigung selbst
nicht, wie die Einhaltung der Lärmwerte sicherzustellen ist.
Dies ist deshalb von Bedeutung, weil nach dem Lärmschutzgutachten
an immerhin sieben Stunden des Jahres zu erwarten ist, daß zur Nachtzeit
(die im Hinblick auf die einzuhaltenden Immissionswerte allenfalls problematisch
sein kann) die dem Gutachten zugrundeliegenden Windgeschwindigkeiten die
Geschwindigkeit von v(10) = 10 m/s überschreiten. Ob in einem
solchen Fall mit einer nennenswerten Lärmbelastung zu rechnen ist,
läßt sich den vorliegenden Unterlagen nicht zweifelsfrei entnehmen.Gegebenenfalls
wird der Anlagenbetrieb bezogen auf diese Situation entsprechend gedrosselt
werden müssen, aber auch gedrosselt werden können, wie zum einen
die Herstellererklärung der Firma Enercon belegt und zum anderen von
den Antragstellern der Sache nach selbst nicht in Zweifel gezogen wird
(vgl. S. 7 des Schriftsatzes vom 28. August 1998).
Die von den Antragstellern befürchtete Übertragung von Körperschall
über den Felsboden, auf dem das aus der Antragsteller und die
Windkraftanlage errichtet sind, ist allerdings schon angesichts des Abstandes
zwischen Windkraftanlage und Haus fernliegend.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 159, 162
Abs. 3 VwG0.
Die Streitwertfestsetzung stützt sich auf §§ 20 Abs.
3, 13 Abs. 1 GKG.
Willeke
Stehr
Gießau
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