Gemeinsames Kommuniqué 

zu den Eckpunkten einer weiterentwickelten Verbändevereinbarung über Kriterien zur Bestimmung von Netznutzungsentgelten für elektrische Energie

  • Bundesverband der Deutschen Industrie e. V., Köln
  • Vereinigung Deutscher Elektrizitätswerke - VDEW - e. V. Frankfurt/Main
  • VIK Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft e. V., Essen 

vom 28. September 1999, 20.30 Uhr 


Gemeinsames Kommuniqué
zu den Eckpunkten einer weiterentwickelten Verbändevereinbarung über
Kriterien zur Bestimmung von Netznutzungsentgelten für elektrische
Energie
vom 28. September 1999, 20.30 Uhr 
  • Bundesverband der Deutschen Industrie e. V., Köln
  • Vereinigung Deutscher Elektrizitätswerke - VDEW - e. V. Frankfurt/Main
  • VIK Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft e. V., Essen 


Die Verbände BDI, VIK und VDEW erklären, daß sie auf Grundlage des Energiewirtschaftsgesetzes die am 22. Mai 1998 abgeschlossene "Verbändevereinbarung über Kriterien zur Bestimmung von Durchleitungsentgelten" im Lichte der zwischenzeitlich gewonnenen Erfahrungen an die Marktentwicklung
anpassen und fortschreiben. Es besteht Einvernehmen, daß die weitere Belieferung der Tarifkunden auch künftig gewährleistet ist. Die Netzbetreiber werden die Details regeln. 

Erklärtes Ziel der Verbände ist es, die bisherigen Netznutzungsregeln und deren Entgeltermittlung zu vereinfachen und das alte "Transaktionsmodell" mit Entfernungskomponente durch ein "Netznutzungsmodell" ohne eine solche Entfernungskomponente zu ersetzen. Außerdem sollen die weiterentwickelten Regeln so ausgestaltet werden, daß sie mit EU-Netznutzungsregeln kompatibel sind und den Stromhandel über die Börse fördern. Sie ermöglichen den diskriminierungsfreien und transparenten Zugang zu den Netzen und damit Märkten.Nach den erforderlichen Prüfungen durch das Bundeswirtschaftsministerium, das
Bundeskartellamt und die EU-Kommission sollen die neuen Netznutzungsregeln baldmöglichst in Kraft gesetzt werden. 

Hierfür wurde in den Verhandlungen Einigkeit zu folgenden Eckpunkten erzielt, deren konkrete Ausgestaltung zügig vorangetrieben wird. 

1. Kostengrundlagen 

Die Ermittlung der Netznutzungsentgelte erfolgt auf Basis der kalkulatorischen Kosten. Dabei sollen zur Beurteilung der elektrizitätswirtschaftlich rationellen Betriebsführung die Konditionen von strukturell vergleichbaren Netzbetreibern herangezogen werden. 
 

2. Punkt-Modell 

2.1 Grundlage für die Entgeltfindung für die Netznutzung beim jeweiligen Netzbetreiber ist ein transaktionsunabhängiges Punktmodell (point of connection tariff). Damit werden die Nutzung der Spannungsebene, an die der Netznutzer angeschlossen ist, und alle überlagerten Spannungsebenen einschließlich "benachbarter" Netze abgegolten.
2.2 Alle Netznutzer - sowohl beziehende Kunden als auch Kraftwerke - werden über ein jährliches Netznutzungsentgelt an den Netzkosten beteiligt. Das Netznutzungsentgelt für Kraftwerke wird zunächst im Einklang mit den z.Z. diskutierten europäischen Regelungen auf Null gesetzt. 

2.3 Im jährlichen Netznutzungsentgelt der Netznutzer sind die Übertragungsverluste nach einem pauschalen Ansatz und die Systemdienstleistungen mit Ausnahme eventueller Erhöhungsbeiträge für erweiterte Toleranzbänder der Bilanzkreise enthalten. 

3. Kostenwälzung 

3.1 Zur Ermittlung der jährlichen Netznutzungsentgelte werden die Netzkosten vorgelagerter Netzebenen kostenverursachungsorientiert auf die nachgeordneten Netzebenen weitergewälzt. Die Kosten werden entsprechend der von der vorgelagerten Netzebene bezogenen Leistung (unter Berücksichtigung eines
Gleichzeitigkeitsgrades und ggf. einer bestellten Netzkapazität für Reservelieferungen bei dezentralen Erzeugungsanlagen) umgelegt. 

3.2 Netzkunden mit Stromerzeugung können beim Netzbetreiber Netzkapazität für Reservelieferungen bestellen. Soweit keine Netzkapazität ausdrücklich bestellt wird, gilt der im Vorjahr in Anspruch genommene Wert als bestellt. 

Die bestellte Netzkapazität ist Grundlage für die Abrechnung der Netzentgelte. Der Kunde zahlt mindestens 30 Prozent des vollen Leistungspreises für die bestellte Netzkapazität. Wird mehr als die bestellte Netzkapazität in Anspruch genommen, wird für diese Überschreitungsleistung ein Netzentgelt in Höhe von 100 Prozent des vollen Leistungspreises erhoben. Soweit der Netzbetreiber bei seinen übrigen Kunden eine Regelung über Mindestleistung anwendet, so gilt diese entsprechend. Der Netzbetreiber ist nicht verpflichtet, für die Kunden eine höhere Netzkapazität als die bestellte vorzuhalten. 

3.3 Dezentrale Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen mit einem Jahresnutzungsgrad entsprechend Art 2 Nr. 6 b des Gesetzes zum Einstieg in die ökologische Steuerreform und dezentrale "regenerative" Erzeugungsanlagen erhalten, sofern sie nicht durch das Stromeinspeisungsgesetz erfaßt sind, vom Netzbetreiber, in dessen Netz eingespeist wird, eine Gutschrift. Diese entspricht den durch die jeweilige
Einspeisung eingesparten Netznutzungsentgelten in den vorgelagerten Netzebenen. Für die Dauer dieser Vereinbarung wird diese Vorgehensweise auch auf bestehende, nicht unter die genannten Konditionen fallende Kraftwerke angewendet, die in untergelagerte Netze einspeisen. Die entsprechenden Einrichtungen werden zum Stichtag des Inkrafttretens der Verbändevereinbarung angemeldet.

4. Transportentgelt im Übertragungsnetz 

4.1 Alle Netzkunden sind jeweils einer Handelszone zugeordnet. Es werden zwei Handelszonen eingerichtet. Zone "Nord" umfaßt die Übertragungsnetze von VEAG, PreussenElektra, VEW Energie AG, HEW und BEWAG, Zone "Süd" die Gebiete von EnBW, RWE Energie AG und Bayernwerk AG. 

4.2 Bei einem Energieaustausch zwischen Handelszonen ist für den Saldo der ausgetauschten Energiemengen eines Bilanzkreises ein Transportentgelt von 0,25 Pf/kWh zu zahlen. Analoge Entgelte werden an den Kuppelstellen der deutschen Netze von und zum Ausland erhoben.

4.3 Für eigene Abnahmestellen oder Abnahmestellen verbundener Unternehmen des Bilanzkreisverantwortlichen kann ein eigener Bilanzkreis gebildet werden. Auf Wunsch des Bilanzkreisverantwortlichen saldiert der Netzbetreiber den für das Transportentgelt relevanten Energieaustausch für den einzelnen Bilanzkreis. 

Die Vereinbarungen zum Transportentgelt gelten bis zu einer europaeinheitlichen Regelung für Ferntransporte elektrischer Energie. 

4.3 Kurzzeitige Lieferungen sowie Spot- und Börsengeschäfte sind möglich. 

5. Abwicklung und Abrechnung von Bilanzkreisen 

5.1 Für den sicheren Betrieb der Übertragungsnetze bleiben aus technischen Gründen bis auf weiteres die Regelzonen der acht Übertragungsnetzbetreiber maßgeblich. Daraus resultiert kein wirtschaftlicher Nachteil für die Netzkunden. 

5.2 Alle Händler und Netznutzer haben das Recht, innerhalb einer Regelzone sogenannte Bilanzkreise zu bilden, innerhalb derer Einspeisungen und Entnahmen saldiert werden. Für Strombezug aus einem anderen Bilanzkreis oder Lieferungen in einen Bilanzkreis anderer Regelzonen sind Fahrpläne erforderlich. 

Die Modalitäten der Ausgleichsmechanismen inklusive Toleranzbänder werden noch vertieft. 

5.3 Fahrpläne sind in aller Regel nicht genehmigungspflichtig. Ausnahmen gelten für regelmäßig auftretende Engpässe und große Transaktionen zwischen Regelzonen, wenn sie die Sicherheit des Netzbetriebs gefährden können. 

5.4 Zur Umsetzung der im Gesetz verankerten Braunkohleschutzklausel gem. Art. 4 § 3 des Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts sind in der Regelzone der VEAG bei der Bilanzkreisanmeldung zusätzlich Art und Herkunft der in den Bilanzkreis gelieferten Energie sowie die durch diese Lieferung versorgten Kunden anzugeben. 

6. Vereinfachter Marktzutritt 

Für die Abwicklung der Stromlieferung an bestimmte Gruppen von Kleinkunden werden vereinfachte Methoden (Lastprofile) vorgesehen, die einen aufwendigen Austausch und Umbau der Meßeinrichtung entbehrlich machen. Der jeweilige Netzbetreiber gibt das Verfahren zur Bestimmung der in seinem Netz verwendeten Lastprofile vor. 
 

7. Schlichtung 

Zur Schlichtung von Streitfällen, die die Auslegung dieser Vereinbarung betreffen, richten die Beteiligten eine Clearing-Stelle ein. Zur Schlichtung sonstiger Streitfälle, z.B. über die Angemessenheit von Entgelten, einigen sich die Beteiligten jeweils auf eine unparteiische Clearing-Stelle. 
 

8. Laufzeit der Vereinbarung

Die Vereinbarung tritt am 01.01.2000 in Kraft und läuft bis zum 31.12.2001, vorbehaltlich der Zustimmung der Entscheidungsgremien der beteiligten Verbände und der Prüfung durch die zuständigen Behörden. 

BDI VIK  VDEW
RE  DVG VKU
 

Paraphiert wird dieses Eckpunktepapier von VKU nur unter den folgenden 3 Bedingungen: 

1. Bedingung ist, daß der Vorteil aus der 100 %-Nettowälzung allen dezentralen Kraftwerken zugute kommt.
2. Bedingung ist, daß das Anwendungsverfahren zu den Lastprofilen vor Inkrafttreten der noch vorzulegenden Verbändevereinbarung geregelt sein muß.
3. Im übrigen gilt der allgemeine Gremienvorbehalt. 
 
 

Münster, den 01.10.1999

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