Wachstumsmarkt Windenergie am Scheideweg?!

Von Norbert Allnoch

 

Der weltweite Windenergiemarkt befindet sich seit Jahren auf einem kontinuierlichen Wachstumskurs. Rund um den Globus werden Ende 2001  erstmals mehr als 20.000 MW  Windkraftleistung (2000: 17.500 MW [1]) installiert sein. Hauptmotor dieser Entwicklung ist weiterhin der europäische Markt. Allein in Deutschland steigt die installierte Windkraft-leistung von ca. 6.000 MW (Tab.1) zu Beginn dieses Jahres auf über 8.000 MW zum Jahresende an. Die tatsächliche Windstromproduktion im Jahr 2001 erreicht voraussichtlich rd. 13 Mrd. kWh, während sich in Deutschland das jährliche Stromerzeugungspotential mit dem Zubau neuer Windenergieanlagen auf rd. 15 Mrd. kWh erhöht.

 

Der deutsche Windkraftanlagenmarkt befindet sich aktuell in der Phase V (Wachstumsphase II in Abb.1). Die Nachfrage übersteigt das Angebot deutlich mit der Folge, dass trotz der Ausweitung  der WEA-Produktionskapazitäten von den Investoren lange Lieferzeiten in Kauf genommen werden müssen. Eine vorübergehende Marktdämpfung könnte von der UVPG-Novelle vom 27.07.2001 ausgehen, wonach u.a. Windparkprojekte ab 3 Anlagen jetzt der Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz unterliegen. Längerfristig dürfte das neue Verfahren allerdings allen Beteiligten eine höhere Planungssicherheit geben.

 

Die weiteren WEA-Marktperspektiven sind vor dem Hintergrund national und international z.T. gegenläufiger Einflussfaktoren zu zeichnen. Positive Unterstützung erhält der Markt derzeit durch die nationalen Rahmenbedingungen auf der Grundlage des EEG, der Entscheidung des europäischen Gerichtshofes zur Rechtmäßigkeit des Stromeinspeisungs-gesetzes sowie der verabschiedeten EU-Richtlinie 2001/77/EG vom 27.09.2001 zur Förderung der Stromerzeugung aus regenerativen Energien. Insgesamt ist auf der Grundlage dieser Richtlinie vorgesehen, durch den Zubau an regenerativen Kraftwerkskapazitäten die jährliche Stromerzeugung in der EU im Jahr 2010 um weitere 200 Mrd. kWh zu erhöhen. Ausgangspunkt der EU-Richtlinie ist die regenerative Energieerzeugung in der EU im Bezugsjahr 1997 [3]. Auf dieser Grundlage wurden die jeweiligen nationalen Ziele für das Jahr 2010 in Bezug auf den Anteil aller erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch definiert (Tab.2). Danach muss Deutschland beispielsweise den Anteil der regenerativen Stromerzeugung von 4,5 Prozent auf 12,5 Prozent im Jahr 2010 erhöhen.

 

Trotz der dieser insgesamt erfreulichen Entwicklung besteht nach wie vor ein hohes latentes Risiko für die WEA-Hersteller auf Grund der Tatsache, dass 40 – 50 Prozent der weltweiten Jahresproduktion derzeit in Deutschland abgesetzt werden. Die hohe Abhängigkeit vom deutschen Markt dürfte sich dann negativ auf die Hersteller und den WEA-Gesamtmarkt  auswirken, wenn die nationalen Aufstellungszahlen auf dem Festland rückläufig und nicht zeitgleich durch die Realisierung von Offshore-Projekten bzw. durch Exporte kompensiert werden. Weitere Unterstützungsimpulse für den WEA-Markt könnten allerdings auch beispielsweise von der internationalen Staatengemeinschaft kommen, wenn ein stärkeres klima- und umweltpolitisches Engagement als erforderlich erachtet wird. Nach einem weltweiten regenerativen Energieszenario des Internationalen Wirtschaftsforums Regenerative Energien (IWR) zeichnet sich bis zum Jahr 2010 ab, dass der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung trotz hoher Zubauraten regenerativer Stromerzeugungskapazitäten bei 20 Prozent stagniert. So wird für die Windenergie im IWR-Trendszenario Ende 2010 eine globale Windkraftleistung in Höhe von 107.000 MW erwartet [3](Abb.2)

 

Der globale Zuwachs regenerativer Leistungskapazitäten und der weltweite Anstieg des Stromverbrauchs führen in der laufenden Dekade ohne zusätzliche weitere politische Maßnahmen lediglich zu einer Stabilisierung des Anteils erneuerbarer Energien am Strommarkt. Eine aus umwelt- und klimapolitischen Gesichtspunkten wünschenswerte globale Anteilserhöhung wird mit der derzeit erkennbaren Zeichensetzung kaum erreicht werden können.


Fazit:

Die derzeitige stürmische Entwicklung auf dem deutschen WEA-Markt überdeckt das sich aufbauende Risikopotential für die Windkraftanlagenhersteller. Der dominante heimische Markt absorbiert aktuell rd. 50 Prozent der weltweit neu errichteten Windkraftkapazität. Zwar zeichnen sich auf Grund der positiven Signale aus der EU und durch weitere Sondereinflüsse wie beispielsweise die Energiekrise in Brasilien entsprechende neue Märkte am Horizont ab. Rückenwind für den WEA-Markt kommt ebenfalls durch die EU-Richtline, in der eine deutliche Erhöhung des regenerativen Stromanteils bis zum Jahr 2010 vorgesehen ist. Bleibt allerdings abzuwarten, ob die neuen Absatzmärkte im Ausland oder der Offshore-Bereich mögliche rückläufige Aufstellungszahlen auf dem deutschen Festland tatsächlich volumenmäßig und vor allem zeitnah kompensieren können.

 

Literatur:

 

(1)   Allnoch (2001): Der Trend zu sauberen Energien ist ein Gewinn für die gesamte Industrie – In: VDI-nachrichten vom 22. Juni 2001, Nr. 25, S. 2

(2)   EU-Richtlinie 2001/77/EG. In: Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften L 283/33 vom 27.10.2001

(3)   Allnoch (2000): Zur weltweiten Entwicklung der regenerativen Energien. In: Energiewirtschaftliche Tagesfragen, Heft 5, S. 344 – 348.



Münster, im Oktober 2001 – Vortrag zur „Windtech 2001“a. 27.u. 28. 11. 2001, Grevenbroich

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