Australien
will 5.000 MW
Canberra/Melbourne.
– (ah) Ende Juli fand in Canberra das Forum der Australian Wind Energy
Association (AusWEA) statt. An
zwei Tagen berichteten 35 Redner über ihre Aktivitäten, Pläne und die
Randbedingungen des Windenergiemarktes auf dem fünften Kontinent. Die unerwartet grosse Anzahl von 160 Teilnehmern aus Industrie,
Forschung und Politik nutzte die willkommene Gelegenheit neben den Konferenzvorträgen
sich an Messeständen sowie den sozialen Veranstaltungen zu informieren
und zu „networken“. Das
bisherige Ziel der AusWEA von 1.000 MW installierter Windleistung im
Jahre 2010 wurde auf 5.000 MW hochgesetzt. Grund hierfür sind die gerade
verbesserten gesetzlichen Rahmenbedingungen und das sehr stark angestiegene
allgemeine Interesse an Windkraftprojekten, das sowohl australische
als auch internationale Firmen beschäftigt. Greenpeace Australia nahm
die Veranstaltung zum Anlass, im Schulterschluss mit der Industrie die
Kampagne „Wind Force 10“ (10% des Weltstrombedarfs im Jahre 2020 aus
Wind), auf Australien auszuweiten und das AusWEA-Ziel zu unterstützen. Wind-Chronik
Während
seit Beginn der europäischen Besiedlung im Land tausende Windräder die
Wasserversorgung von Farmen stützen, wurde der erste moderne Windpark
mit 2 MW (9 V27) im Jahre 1993 im Staat Western Australia in Betrieb
genommen. Aufgrund der
niedrigen Energiepreise in Australien, das 85% seiner Elektroenergie
aus heimischer Kohle gewinnt, wurden lange Zeit lediglich vereinzelte
Windkraftanlagen aufgestellt, so dass Anfang 1998 im gesamten Land weniger
als 4 MW installiert waren. Ein
Grossteil hiervon waren Wind-Diesel-Systeme zur Inselnetzversorgung.
Wie aus folgender Auflistung ersichtlich, wuchs die australische
Windkraft seit dem langsam aber stetig an:
Derzeit
sind 72 MW Windkraftleistung in Betrieb, in einem Land, das zwar bloss
rund ein Viertel der Bevölkerung, jedoch etwa 21 mal die Fläche von
Deutschland besitzt. Marktanreize
Bei
Windgeschwindigkeiten zwischen 7 und 9 m/s hat Australien vorzügliche
Windbedingungen; insbesondere gelten die Küstenregionen am Südpazifik
als äusserst windhöffig. Hauptanreiz für den momentan wachsenden Windmarkt
in Australien ist ein Gesetz, das zu Beginn des Jahres in Kraft trat.
Es verlangt, dass Stromhändler
ihren Beitrag an erneuerbaren Energien bis zum Jahre 2010 sukzessive
von derzeit rund 10% auf 12% erhöhen. Während auch Biomasse und sogar
Holzhackschnitzel als „erneuerbar“ im Sinne des Gesetzes gelten, wird
davon ausgegangen, dass Windparks zur Deckung von mindestens 30% dieses
Marktsegmentes herangezogen werden.
Ein gerade erwachender Markt für „Grünen Strom“ sowie der Handel
mit CO2-Zertifikaten wird künftig das Interesse an Windkraft
weiter erhöhen. Marktstruktur
Während in Nordeuropa die „Windkraftrevolution“ sehr stark von privaten Betreibern und Kooperativen initiiert wurde, wird der junge australische Windmarkt von professionellen (staatlichen und privaten) Stromproduzenten bestimmt. Aufgrund des deregulierten Strommarktes muss ein Betreiber nicht nur einen Stromliefervertrag nebst Energie- und ggf. Leistungspreis, sondern auch einen Anschluss- und Netznutzungsvertrag frei aushandeln. Dies ist sowohl mit Risiken wie bspw. der Rückwirkung schwacher Netze auf den Windparkbetrieb oder hoher Netznutzungskosten, als auch mit Chancen wie der Möglichkeit zur Anrechnung windpark-induzierter Verminderung von anstehenden Netzverstärkungskosten durch den Netzbetreiber oder günstiger Windangebot-/Lastgangverteilung verbunden. Eine Finanzierung muss weitgehend ohne Fördermittel am freien Geldmarkt aufgebaut werden. Nur wenige private („kleine“) Betreiber nehmen den Kampf durch diesen Vertragsdschungel auf sich. Insbesondere die genannten komplizierten Randbedingungen, aber auch die Tatsache, dass es sich im Gegensatz zu den europäischen Entwicklungen der frühen 90er Jahre stets um Millionenprojekte handelt, bedarf dem Know-how und der Kapazität professioneller Unternehmen. Im Bereich der Genehmigungsverfahren wurde ebenfalls Neuland betreten, was sich für einige Projekte als sehr einfaches, für andere ein äusserst schwieriges und teures Unterfangen darstellte. So wurde vor einigen Monaten ein Prozess um einen Windpark am Südzipfel des Kontinents nach Einsprüchen von Nachbarn erst durch enormen juristischen und technischen Beistand vor dem Verwaltungsgericht des Staates Victoria zugunsten des Windparks entschieden. „Issues“
Derzeit
ist eine enorme Aktivität im Windkraftbereich zu vermerken.
Während noch kein verlässlicher Windatlas vorliegt, versuchen
Windmessteams, Projektentwickler, Berater, „Claim-Abstecker“ die besten
Standorte zu finden und sich gemeinsam mit
Herstellern, Baufirmen und Finanzierern am Markt zu etablieren.
Obwohl das Land über enorm grosse unbesiedelte Flächen verfügt,
sind viele Projekte in besiedelten Bereichen geplant. Hauptgrund hierfür ist das nur auf die besiedelten Gebiete
ausgedehnte Stromnetz. Die
Weiten des australischen Kontinents, die derzeit für netzparallelbetriebene
Windparks in Frage kommen, sind durch die enorme Grösse von Farmen oftmals
dennoch nicht gänzlich unbesiedelt, was den Einbezug von Geräuschemissionen
und Beeinträchtigung des Landschaftbildes im Rahmen des Genehmigungsprozesses
erforderlich macht. Uneinheitliche
Genehmigungsverfahren und –anforderungen in den acht Staaten sowie verwaltungsbezirk-spezifische
Richtlinien einerseits, und bisher noch nicht vorhandene Standards (Geräuschemissionen
von WKA, Abstandsregelungen) andererseits, stellen genehmigungstechnische
Hürden dar. Studien, Berichte
aber auch Märchen aus vorwiegend angelsächsischem Sprachraum über das
Leben mit Windkraftanlagen stellen mangels eigener Erfahrungen manchmal
die einzigen Informationsquellen dar.
In Betrieb genommene Projekte in mittlerweile vier Staaten dienen als bestes Mittel gegen Falschinformation und helfen der Windindustrie ein positives Image aufzubauen bzw. es zu bewahren. Mehr als 16.000 Besucher haben in den ersten drei Betriebsmonaten sogar den im abgelegenen Nordqueensland installierten Windpark besichtigt. Die Einweihungsfeier des Windparks Codrington (Foto), der etwa 3,5 Autostunden von Melbourne entfernt liegt, wurde im Juli von über 6.000 Gästen besucht. Windpark Codrington: 14 AN Bonus 1.3MW (Foto: Stephan Fischer) Ausblick
Im
September gehen zwei V44 in New South Wales in Betrieb.
Gleichzeitig beginnen die Arbeiten zum Bau eines Windparks mit
12 V66 (21 MW) in Victoria, etwa 200 km östlich von Melbourne.
Derzeit laufen mehrere Ausschreibungsverfahren und kündigen die
nächsten Projekte an, deren Grösse die bestehenden Parks teilweise weit
überbieten wird. Aufgrund
der allgemein besseren Windbedingungen in den südlichen Festlandstaaten
New South Wales, Victoria und South Australia, wird hier an Projekten
von insgesamt über 1.500 MW gearbeitet.
Im Inselstaat Tasmanien, der sich in den von den Passatwinden
begünstigten „Roaring Forties“ (40+ Grad südliche Breite) befindet,
werden in Kürze 6 V66 aufgestellt.
Dies stellt die erste Stufe von insgesamt 130 MW geplanter Windparkleistung
an diesem Standort im Nordwesten des Staates dar.
Auch
wenn aufgrund technischer und kommerzieller Probleme nur ein Teil der
geplanten Projekte in den kommenden Jahren Realisationsreife erreicht,
so könnte Australien ein in der südlichen Hemisphäre nie dagewesener
Windboom blühen. Derzeit
analysieren mehrere internationale Hersteller den Markt dahingehend,
ob sich eine lokale Produktion rentieren würde.
Dies wäre sowohl für die Eliminierung des Wechselkurzrisikos
als auch für die effektive Bedienung dieses Marktes von grosser Bedeutung.
Dipl-Ing
Achim Höhne (HoehneA@pbworld.com) PB Power, Melbourne, Australia (www.pbpower.net) |
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