Privilegierung von Wind- und Wasserkraftanlagen in § 35 Bau GB

Forschungsgruppe Windenergie, Universität Münster 
Deutscher Bundestag
Drucksache 13/4978
13. Wahlperiode
Sachgebiet 213
Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (18. Ausschuß)
a: zu dem Gesetzentwurf
der Abgeordneten Dietrich Austermann, Dr. Peter Ramsauer, Meinrad Belle, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Birgit Homburger, Jürgen Koppelin, Hildebrecht Braun (Augsburg), Dr. Klaus Röhl und der Fraktion der F.D.P.
- Drucksache 13/1733 -
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Baugesetzbuches

b: zu dem Gesetzentwurf
der Abgeordneten Dietmar Schütz (Oldenburg), Volker Jung (Düsseldorf), Achim Großmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
- Drucksache 13/1736 -
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Baugesetzbuches

c: zu dem Gesetzentwurf des Bundesrates
- Drucksache 13/2208 -
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Baugesetzbuches

A. Problem
Aufgrund eines Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Juni 1994 sind rechtliche Probleme bei der Genehmigung von Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien im baulichen Außenbereich entstanden. Dadurch wird der aus klimaschutz-, energie- und umweltpolitischen Gründen notwendige Ausbau verzögert bzw. erschwert. Ohne eine Beseitigung der eingetretenen baurechtlichen Hemmnisse ist es nicht möglich, den Anteil erneuerbarer Energien an der Energieversorgung zu steigern.

Die vorliegenden Gesetzentwürfe dienen dieser Zielsetzung mit unterschiedlicher Ausgestaltung. Während der Gesetzentwurf des Bundesrates die zusätzliche Privilegierung im Außenbereich auf Vorhaben zur Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie beschränkt, beziehen sich die Gesetzentwürfe der Fraktionen von CDU/CSU und F.D.P. und der SPD-Fraktion sonstige erneuerbare Energien mit ein. Andererseits enthalten die Gesetzentwürfe der SPD-Fraktion und des Bundesrates im Gegensatz zum Gesetzentwurf der Koalitionsfraktion einen umfassenden Planvorbehalt. Nur der Bundesratsentwurf sieht schließlich eine Übergangszeit bis zum Inkrafttreten vor, um den Gemeinden einen Planungsvorlauf zu ermöglichen.
B. Lösung
Der Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau empfiehlt einstimmig, die drei Gesetzentwürfe mit folgendem Inhalt anzunehmen:

  • Privilegierung der Vorhaben zur Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wind- oder Wasserenergie in § 35 Abs. 1 Nr. 7 BauGB
  • umfassender Planvorbehalt in § 35 Abs. 3 BauGB
  • Aussetzung von Baugesuchen auf Antrag der Gemeinde bis 31.12.1998
  • Inkrafttreten am 1. Januar 1997
Einstimmigkeit im Ausschuß
C. Alternativen
wurden im Ausschuß zwar erörtert, aber nicht in die Beschlußempfehlung übernommen.

D. Kosten
Keine.
Beschlußempfehlung:

Der Bundestag wolle beschließen,

die Gesetzentwürfe in den Drucksachen 13/1733, 13/1736 und 13/2208 in folgender Fassung anzunehmen:

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Baugesetzbuchs



Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Das Baugesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. Dezember 1986 (BGBl. I. S. 2253), zuletzt geändert durch Artikel 2 Abs. 2 des Gesetzes vom 23. November 1994 (BGBI. I. S. 3486), wird wie folgt geändert:

  1. § 35 wird wie folgt geändert:

  2. a) In Absatz 1 wird nach Nummer 5 das Wort "oder" durch ein Komma und nach Nummer 6 der Punkt durch das Wort "oder" ersetzt sowie folgende Nummer 7 angefügt:

    7. der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wind- oder Wasserenergie dient.

    b) Dem Absatz 3 wird folgender Satz angefügt:
    "Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nr. 4 bis 7 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung und Landesplanung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist."

  3. Nach § 245a wird folgender § 245b eingefügt:

  4. "§ 245b
    Überleitungsvorschrift für Entscheidungen über die
    Zulässigkeit von Windenergieanlagen

    Auf Antrag der Gemeinde hat die Baugenehmigungsbehörde die Entscheidung über die Zulässigkeit von Windenergieanlagen im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 7 bis längstens zum 31. Dezember 1998 auszusetzen, wenn die Gemeinde beschlossen hat, einen Flächennutzungsplan aufzustellen, zu ändern oder zu ergänzen und beabsichtigt zu prüfen, ob Darstellungen zu Windenergieanlagen im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 4 in Betracht kommen. Satz 1 gilt entsprechend für einen Antrag der für Raumordnung zuständigen Landesbehörde, wenn diese die Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Zielen der Raumordnung und Landesplanung zu Windenergieanlagen eingeleitet hat."

    Artikel 2
    Inkrafttreten



    Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 1997 in Kraft.
    Bonn, den 19. Juni 1996

    Der Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau

    Werner Dörflinger
    Vorsitzender

    Peter Götz
    Berichterstatter

    Walter Schöler
    Berichterstatter
     
     

Bericht der Abgeordneten Peter Götz und Walter Schöler

I.

Der Deutsche Bundestag hat in seiner 44. Sitzung am 22. Juni 1995 den Gesetzentwurf in Drucksache 13/1733 im vereinfachten Verfahren an den Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau zur federführenden Beratung und an den Rechtsausschuß, den Auäschuß für Wirtschaft, den Ausschuß für Umwelt-, Naturschutz und Reaktorsicherheit sowie an den Ausschuß für Bildung, Wissenschaft, Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung überwiesen.

In derselben Sitzung wurde der Gesetzentwurf in Drucksache 13/1736 im vereinfachten Verfahren an den Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau zur federführenden Beratung sowie an den Ausschuß für Wirtschaft und an den Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zur Mitberatung überwiesen.

In seiner 55. Sitzung am 21. September 1995 hat der Bundestag schließlich den Gesetzentwurf in Drucksache 13/2208 im vereinfachten Verfahren an den Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau zur federführenden Beratung und an den Ausschuß für Wirtschaft, den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie an den Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zur Mitberatung überwiesen.

Der Rechtsausschuß hat die drei Gesetzentwürfe einstimmig bei Stimmenthaltung der Gruppe PDS in einer nunmehr aus der Beschlußempfehlung im wesentlichen ersichtlichen Fassung zur Annahme empfohlen.

Der Ausschuß für Wirtschaft hat die Gesetzentwürfe am 22. November 1995 beraten. Er empfiehlt mit der Stimmen der Fraktion der CDU/CSU, SPD und F.D.P. gegen die Stimmen der Fraktion Bündnis 90/Die GRÜNEN und der Gruppe PDS, den Gesetzentwurf in Drucksache 13/1733 anzunehmen. Mit demselben Stimmenverhältnis hat der Ausschuß für Wirtschaft den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die GRÜNEN zum Gesetzentwurf in Drucksache 13/1736 abgelehnt, wonach für die neuen Länder das Inkrafttreten um ein Jahr hinausgeschoben werden sollte. Der Ausschuß für Wirtschaft hat diesen Gesetzentwurf der SPD-Fraktion mehrheitlich gegen eine Stimme aus der F.D.P.-Fraktion und bei Stimmenthaltung der Fraktion Bündnis 90/Die GRÜNEN und der Gruppe PDS gebilligt. Schließlich hat der Ausschuß für Wirtschaft den Gesetzentwurf in Drucksache 13/2208 mehrheitlich gegen 4 Stimmen aus den Reihen der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. und bei 3 Enthaltungen seitens der Fraktion der CDU/CSU und Bündnis 90/Die Grünen sowie der Gruppe PDS zur Annahme empfohlen.

Der Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat den Gesetzentwurf der Koalitionsfraktion in Drucksache 13/1733 gutachtlich beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Koalitionsfraktion bei Enthaltung der Fraktion der SPD, der Fraktion Bündnis 90/Die GRÜNEN und der Gruppe der PDS, die die Landwirtschaft betreffenden Teile anzunehmen. Der Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat auch den Gesetzentwurf der SPD-Fraktion gutachtlich beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Koalitionsfraktion gegen die Stimmen der SPD-Fraktion bei Stimmenthaltung der Fraktion Bündnis 90/Die GRÜNEN und der Gruppe PDS, den die Landwirtschaft betreffenden Texten des Gesetzentwurfes nicht zuzustimmen. Der Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten empfiehlt schließlich mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und Teilen der SPD-Fraktion gegen die Stimmen der Fraktion Bündnis 90/Die GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Mehrheit der SPD-Fraktion un der Gruppe PDS, den Bundesratsentwurf in Drucksache 13/2208 abzulehnen.

Der Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit hat die drei Gesetzentwürfe einstimmig in der nunmehr aus der Beschlußempfehlung ersichtlichen Fassung zur Annahme empfohlen.Der Ausschuß für Fremdenverkehr und Tourismus schlägt dem federführenden Ausschuß gutachtlich mit den Stimmen der Mitglieder der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die GRÜNEN gegen die Stimme eines Mitglieds der Fraktion der CDU/CSU und der F.D.P. bei Abwesenheit des Mitgliedes der PDS vor, die Gesetzentwürfe in der nunmehr aus der Beschlußempfehlung ersichtlichen Fassung zu empfehlen.Der Ausschuß für Bildung und Wissenschaft, Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung hat den Gesetzentwurf in Drucksache 13/1733 in einer nunmehr in der Beschlußempfehlung im wesentlichen vorliegenden Fassung mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, F.D.P., SPD und Bündnis 90/Die GRÜNEN beo Stimmenthaltung der Gruppe PDS angenommen.

Der Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau hat in seiner 22. Sitzung am 25. Oktober 1995 eine nichtöffentliche Anhörung von Sachverständigen durchgeführt. Dabei prallten die Ansichten der Landschafts- und Naturschützer und die Vertreter der Fremdenverkehrsbelange auf der einen Seite und der Befürworter der erneuerbaren Energien auf der anderen Seite aufeinander. Was die vorgeschlagene Privilegierung betrifft, reichte das Meinungsspektrum von der Verneinung eines Handlungsbedarfs - diese Meinung vertrat die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände unter Hinweis auf die auch nach dem Urteil des BVerwG vom 16.6.1994 noch ansteigende Zahl von Windkraftanlagen, über die Meinung, die Privilegierung müsse unbedingt verhindert werden, weil es sich bei Windkraftanlagen nicht mehr um Einzelerscheinungen, sondern um ein Massenphänomen handele, das nur noch durch Planung bewältigt werden könne - diese Meinung vertraten der Landrat von Nordfriesland sowie die Vertreter des Bundesverbandes Landschaftsschutz und des Naturschutzbundes Deutschland - bis zur Meinung, die Privilegierung müsse kommen, jedoch durch einen Planvorbehalt begrenzt werden - diese Ansicht vertraten Prof. Schlichter und die Fachbeamten aus drei Bundesländern sowie die Vertreter des Interessenverbandes Windkraft Binnenland, des Bundesverbandes Erneuerbare Energien und des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V.. Strittig blieb auch die Frage, ob sich die Privilegierung auf die Windkraft beschränken solle - sie wurde von Prof. Schlichter und den Fachbeamten aus den Bundesländern dezidiert bejaht - oder auf sonstige erneuerbare Energien erstreckt werden solle - hiefür traten vor allem der Bundesverband Erneuerbare Energien und der Bundesverband Deutscher Wasserkraftwerke ein. Schließlich gab es auch zur Frage, ob ein zeitlicher Vorlauf für die Planung notwendig sei, unterschiedliche Auffassungen. Während Prof. Schlichter, die Fachbeamten der Bundesländer, die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände und der Landrat des Kreises Nordfriesland einen Planungsvorlauf von zwei Jahren als eher zu knapp bezeichneten, baten die Vertreter des Interessenverbands Windkraft Binnenland e.V., des Bundesverbandes Erneuerbare Energien und des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. um eine zügige Inkraftsetzung, da dieser junge Wirtschaftszweig einen Stillstand von zwei oder drei Jahren nicht überleben könne.

Der Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau hat die Gesetzentwürfe in seiner 23. und 24. Sitzung am 22. und 29. November 1995, in seiner 27. Sitzung am 31. Januar 1996, in seiner 28. Sitzung am 7. Februar 1996 sowie in seiner 37. Sitzung am 19. Juni 1996 beraten.

Er empfiehlt einstimmig, die drei Gesetzentwürfe in der aus der Beschlußempfehlung ersichtlichen Fassung anzunehmen.

II.
Der Ausschuß ist übereinstimmend der Ansicht, daß nach der restriktiven Auslegung von § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB durch das Urteil des BVerwG vom 16.6.1994 ein dringender Handlungsbedarf vorliegt. Der Staat darf es bei der Frage der Reduzierung des CO2-Ausstoßes nicht bei Appellen an di e Vernunft aller Beteiligten belassen, er muß auch selbst alles tun, um Hindernisse für die Entwicklung und Anwendung erneuerbarer Energien zu beseitigen. Die Windenergie kann einen wichtigen positiven Beitrag zum Klimaschutz leisten und muß daher planungsrechtlich so gestellt werden, daß sie an geeigneten Standorten auch eine Chance hat. Der Ausschuß verkennt nicht, daß es im Einzelfall zu Konflikten mit anderen schützenswerten Belangen kommen kann. Zu diesen Belangen zählen z.B. der Fremdenverkehr, der Naturschutz und der Landschaftsschutz. Welchen Belangen der Vorrang gebührt, kann nicht pauschal und auf Bundesebene, sondern nur im Einzelfall und vor Ort abgewogen und entschieden werden. Hier sind die gemeindliche Planung und die Landes- bzw. Regionalplanung gefordert.

Der Ausschuß hat neben der Windenergie auch die Wasserenergie in die besondere Privilegierung des § 35 Abs. 1 Nr. 7 BauGB aufgenommen, obwohl § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB bei richtiger Auslegung bereits eine solche Privilegierung für ortsfeste Anlagen im Außenbereich enthält. Der Ausschuß will damit eine angesichts der vielen administrativen Schwierigkeiten für Wasserkraftanlagen notwendige Klarstellung erreichen.

Dagegen hat sich der Ausschuß nicht dazu durchringen können, alle erneuerbaren Energien zu privilegieren, wie dies die Gesetzentwürfe der Koalitionsfraktionen und der SPD-Fraktion vorgesehen haben. Maßgebend dafür ist, daß der Begriff der erneuerbaren Energien für eine klare Abgrenzung zum Schutz des Außenbereichs zu ungenau ist und daß ein Teil der sonstigen erneuerbaren Energien außer Wind- und Wasserkraftanlagen auf den Außenbereich nicht angewiesen ist. Dies gilt insbesondere auch für Solaranlagen. Der Ausschuß ist der Auffassung, daß Solaranlagen im lnnenbereich - auf Flachdächern und an Fassaden; diese Möglichkeiten sind noch längst nicht ausgeschöpft - möglich sind. Im übrigen nehmen z.B. Biogasanlagen, wenn sie zu einem landwirtschaftlichen Betrieb im Außenbereich gehören, an dessen Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB teil.

Der Ausschuß ist einmütig der Auffassung, daß die im Bundesratsentwurf vorgesehene Frist von zwei Jahren bis zum Inkrafttreten nicht günstig wäre. Angesichts des großen Antragsstaus soll das Gesetz bereits am 1. Januar 1997 in Kraft treten. Um aber den Gemeinden und der Landes- bzw. Regionalplanung die Möglichkeit zu geben, alle Vorkehrungen für das Wirksamwerden des Planvorbehalts zu treffen, können die Baugesuche auf Antrag der Gemeinde bis zum 31. Dezember 1998 zurückgestellt worden. Der Ausschuß sieht hierin einen geeigneten Kompromiß, der die Interessen aller Seiten wahrt.

III.
Die in Artikel 1 enthaltene Aufnahme von Anlagen, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wind- oder Wasserenergie dienen, in den Katalog der privilegierten Vorhaben nach § 35 Abs. 1 BauGB soll die Zulassung dieser Anlagen unter Beachtung des Planungswillens der Gemeinde im Außenbereich erleichtern. Trotz der Privilegierung kann die Zulassung einer derartigen Anlage dann versagt werden, wenn öffentliche Belange entgegenstehen. Einen Beispielskatalog möglicher entgegenstehender Belange enthält § 35 Abs. 3 BauGB.

In den Regionen, die bereits jetzt schon einem hohen Antragsdruck für Windenergieanlagen ausgesetzt sind, bedarf es flankierend einer planerischen Steuerungsmöglichkeit, um den nach wie vor gebotenen Außenbereichsschutz zu gewährleisten und zugleich auch eine Bündelung von Anlagen (als "Windenergieparks") zu ermöglichen. Dies erfolgt durch Aufgreifen der Rechtsprechung zu den sogenannten "Abgrabungskonzentrationszonen". Durch Positive Standortzuweisungen an einer oder auch mehreren Stellen im Plangebiet erhalten die Regionalplanung und die Gemeinden die Möglichkeit, den übrigen Planungsraum von den durch den Gesetzgeber privilegierten Anlagen freizuhalten. Die planende Gemeinde, die zugunsten bestimmter Schutzgüter (Landschaftsschutz, Fremdenverkehr, Anwohnerschutz) die Nutzung der Windenergie nicht im gesamten Planungsgebiet eröffnen will, muß dann mit dem Ziel der Steuerung ein schlüssiges Planungskorizept vorlegen, in welchem sie einerseits durch Darstellungen im Flächennutzungsplan positiv geeignete Standorte für die Windenergienutzung festlegt, um damit andererseits ungeeignete Standorte im übrigen Planungsgebiet auszuschließen. Demgegenüber reicht eine ausschließlich negativ wirkende "Verhinderungsplanung" einer Gemeinde ohne gleichzeitig positive Ausweisung eines der Windenerglenutzung dienenden Standorts im Plangebiet grundsätzlich nicht. Kommt die Gemeinde jedoch nach sachgerechter Prüfung zum Ergebnis, daß im Gemeindegebiet für Windenergie geeignete Flächen nicht vorhanden sind, kann sie dem Antrag auf Zulässigkeit einer Anlage das nach § 36 Abs. 1 BauGB erforderliche Einvernehmen versagen. Die Regionalplanung, aber auch ein gemeinsamer Flächennutzungsplan mehrerer Gemeinden sind in der Lage, das Gebiet einer gesamten Gemeinde (bei Darlegung der besonderen Gründe, die das Gebiet besonders schutzwürdig erscheinen lassen) von jeglicher Windenergienutzung freizuhalten. Für die Regionalplanung besteht insoweit die Einschränkung, daß sich ihre Aussagen auf raumbedeutsame Windenergieparks oder raumbedeutsame einzelne Windenergieanlagen an besonders hervorgehobenen Standorten beschränken müssen.

Die zur ausdrücklichen Regelung dieser planerischen Steuerungsmöglichkeit in Absatz 3 des § 35 angefügte Formulierung erstreckt sich auf alle privilegierten Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 bis 7, da diese in Fällen besonderen Planungsdrucks einer planerischen Steuerungsmöglichkeit im Außenbereich bedürfen. Eine Beschränkung nur auf Windenergieanlagen würde zu dem nicht gewollten Umkehrschluß verleiten, daß der zu regelnde "Planvorbehalt" bei anderen privilegierten Vorhaben künftig keine Geltung mehr beansprucht. Für land- und forstwirtschaftliche Betriebe im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 kommt eine Anwendung des "Planvorbehalts" in aller Regel nicht in Betracht; er bedarf daher dort keiner ausdrücklichen Regelung.

Damit die vorgeschlagene planerische Steuerungsmöglichkeit greifen kann, müssen vorhandene Flächennutzungspläne geändert oder auch neu aufgestellt werden. Um den für die Flächennutzungsplanung zuständigen Gemeinden ausreichend Vorlauf für die erforderliche Planung zu ermöglichen, wird übergangsweise in § 245 b den Gemeinden ein Antragsrecht an die Baugenehmigungsbehörde eingeräumt, auf dessen Grundlage die Baugenehmigungsbehörde die Entscheidung über die Zulässigkeit von Windenergieanlagen bis längstens zum 31. Dezember 1998 bereits dann auszusetzen hat, wenn eine Gemeinde beschlossen hat, ihren Flächennutzungsplan aufzustellen, zu ändern oder zu ergänzen, und der Beschluß inhaltlich Bezug auf mögliche Darstellungen zu Windenergieanlagen nimmt. In Anwendung des geltenden § 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB wird es dabei erforderlich sein, daß der Beschluß über die Aufstellung oder Änderung des Flächennutzungsplans ortsüblich bekannt gemacht wird.

Durch die Regelung des § 245 b wird die Planungshoheit der Gemeinden nicht eingesrchränkt. Wenn daher eine Gemeinde nach sorgfältiger Prüfung im Flächennutzungsplanverfahren zu dem Ergebnis kommt, daß eine Darstellung von Flächen zugunsten der Windenergienutzung mangels Eignung der vorhandenen Flächen ausscheidet, kann sie auf eine Änderung des Flächennutzungsplans verzichten. Es bleibt dann bei der Privilegierung der Windenergieanlagen gemäß § 35 Abs. 1; die von ihr getroffene Entscheidung, daß im Gemeindegebiet keine geeigneten Flächen für die Windenergienutzung vorhanden sind, wird im Rahmen der nach § 35 Abs. 1 und 3 gebotenen Prüfung durch die Baugenehmigungsbehörde, ob öffentliche Belange entgegenstehen, eine Rolle spielen.

Unbeschadet der nach § 35 Abs. 3 BauGB gebotenen Prüfung ist bei jedem Vorhaben im Außenbereich die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung des § 8 BnatSchG anzuwenden. Dies kann auch zur Folge haben, daß bei unvermeidbaren und nicht voll ausgleichbaren Eingriffen eine Genehmigung zu versagen ist, weil die Belange von Naturschutz- und Landschaftspflege vorrangig sind. Die Naturschutzbehörden sind bei diesen Entscheidungen sowie bei Maßnahmen zum Ausgleich unvermeidbarer Eingriffe zu beteiligen. Insoweit sind weitere Privilegierungen im Naturschutzrecht nicht notwendig und sachgerecht.

Die Überleitungsvorschrift des § 245 b gibt zudem die Möglichkeit einer Zurückstellung von Genehmigungsanträgen, wenn die Landesplanungsbehörde eine Aufstellung von Zielen der Raumordnung und Landesplanung zur Planung von Windenergieanlagen eingeleitet hat.
Bonn, den 19. Juni 1996
Peter Götz
Berichterstatter

Walter Schöller
Berichterstatter

e-mail an: fgwind@uni-muenster.de