Windenergie in Österreich 

Entwicklung der Windenergie im ersten Halbjahr 1997 
(von Hans Winkelmeier, Energiewerkstatt, Österreich)

Österreich gelang es im Jahr 1996, mit einem Zuwachs von 11 Megawatt die installierte Windkraftleistung von 0,8 MW (Ende 1995) auf 11,8 MW zu erhöhen. Leider konnte sich dieser Trend aufgrund der fehlenden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen bisher nicht fortsetzen. Im Jahr 1997 wurden erst vier Windkraftanlagen mit einer installierten Leistung von insgesamt 1,41 MW installiert. Mit Ende September 1997 waren somit insgesamt 40 Windkraftanlagen mit einer installierten Leistung von 13,21 MW und einem Jahresarbeitsvermögen von 22.400 MWh am Netz. 

Bild 1: Entwicklung der Windkraftnutzung in Österreich (Stand: 30. September 1997)

Auch wenn zu Jahresbeginn 1997 die Grundzüge des neuen Generalübereinkommens zur „Förderung“ von Stromerzeugungsanlagen auf der Basis erneuerbarer Energieträger schon absehbar waren, klammerten sich die Hoffnungen der Windenergieszene bis zuletzt an ein mögliches Einlenken des Wirtschaftsministers zugunsten der Betroffenen: 125 Windkraftanlagen mit einer installierten Leistung von 75 MW und einem prognostizierten Jahresarbeitsvermögen von 105.000 MWh waren zum Jahreswechsel in Planung. Ihre Jahresarbeit hätte ausgereicht, gemeinsam mit den bereits errichteten Anlagen 0,3% des österreichischen Elektrizitätsbedarfes abzudecken. Mit einer Einsparung von 80.000 Tonnen CO2 hätte der Kohlendioxydausstoß Österreichs innerhalb weniger Monate um 0,3% reduziert werden können. Nun sind die Hoffnungen zerstört: Das neue Generalübereinkommen wird bestenfalls die jährliche Neuinstallation von 5 Windkaftanlagen erlauben. Die „oberste Energiebehörde“ im Wirtschaftsministerium wollte nicht wahrhaben, daß der Wirtschaft ein Investitionsvolumen von mehr als einer Milliarde Schilling zur Verfügung gestanden wäre. Vielmehr hat man sich dem Druck der Elektrizitätswirtschaft gebeugt und ein „Fördermodell“ entwickelt, das seinen Namen nicht verdient.

Entwicklung der Wirtschaftlichkeit von Windkraftanlagen

Die Dynamik des Windkraftanlagenmarktes hat trotz der widrigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen auch an den Grenzen Österreichs nicht Halt gemacht. Effizienzsteigerung der Anlagen, größere Nabenhöhen und die Reduktion der Anlagenpreise, haben in den letzten 5 Jahren eine Reduktion der Erzeugungskosten für Windstrom in Österreich um 25% bewirkt. Windstrom kann heute an gut geeigneten Standorten in Österreich (z.B. Nordburgenland, Marchfeld, Weinviertel) bereits um ÖS 1,30/kWh erzeugt werden. Ausgehend von der bisherigen Investitionsförderung der Österreichischen Kommunalkredit AG in der Höhe von 28% wäre für einen kostendeckenden Betrieb der Anlagen nur mehr ein Einspeisetarif von ca. ÖS 1,00 bis 1,10/kWh erforderlich. 

Bild 2: Erzeugungskosten für Windstrom in Abhängigkeit von der Anlagengröße (Zinssatz: 7%, Berechnungszeit: 15 Jahre)

Bild 3: Erzeugungskosten für Windstrom bei 28 %& ÖKK-Förderung (Zinssatz: 7 %, Berechnungszeit: 15 Jahre)

Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des neuen Generalübereinkommens

Das neue „Generalübereinkommen betreffend die Förderung von Stromerzeugungsanlagen auf Basis der Energieträger Biomasse, Biogas, Wind, Sonne“ wurde am 28. Juli 1997 von Minister Farnleitner und Generaldirektor Gruber unterzeichnet. Vertragspartner des Generalübereinkommens sind die Republik Österreich, vertreten durch den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten (BMwA) und der Verband der Elektrizitätswerke Österreichs (VEÖ) für seine Mitgliedsunternehmen. Mit der Abwicklung der Förderungen wurde die Österreichische Kommunalkredit AG (ÖKK) betraut. Die Dotation der Fördereinrichtung ist wie folgt vorgesehen: Das BMwA wird jährlich ÖS 20 Mio. zur Verfügung stellen, die Höhe des VEÖ-Beitrags richtet sich nach der Anzahl der tatsächlich beigetretenen Mitgliedsunternehmen (max. ÖS 60 Mio.). Die Mittel sollen zu gleichen Teilen an die vier zur Förderung vorgesehenen Technologien vergeben werden:

  • Biomasseanlagen bis maximal 2000 kW elektrische Engpaßleistung
  • Biogasanlagen bis maximal 2000 kW elektrische Engpaßleistung
  • Windenergieanlagen bis maximal 2000 kW elektrische Engpaßleistung
  • Photovoltaikanlagen bis maximal 10 kW Leistung
Die Budgetverteilung hat im Fall mangelnder Antragstellung einzelner Technologien so zu erfolgen, daß zumindest 5%, maximal jedoch 50% des Gesamtbudgets für eine Technologiegruppe reserviert werden.

Die Geltungsdauer des Übereinkommens beginnt am 1. August 1997 und endet am 31. Dezember 1999. Als vorrangiges Ziel des Generalübereinkommens wurde „...das Heranführen der genannten Anlagen an die Marktreife...“, sowie die „Sicherung des effizienten Betriebs dieser Stromerzeugungsanlagen“ durch die ausschließliche Gewährung von Investitionszuschüssen formuliert. Die Vergabe der Förderung ist vom Grundsatz „höchster Fördereffizienz“ getragen und wird in Form eines Wettbewerbs ausgeschrieben. Die Förderwerber müssen sich einem einheitlichen, über 15 Jahre garantierten Tarif unterwerfen und dürfen darüber hinaus keine Tarifzuschüsse oder gesetzlich verordnete höhere Einspeisetarife in Anspruch nehmen. Die Tarife sind über 15 Jahre vertraglich fixiert, d.h. es erfolgt keine Indexanpassung. 
 
Arbeitspreise:
Winter HT 64,80 g/kWh  Sommer HT 42,60 g/kWh
Winter NT 54,60 g/kWh  Sommer NT  37,90 g/kWh

Um in der Frage der Höhe der Einspeisetarife mögliche Kollisionen mit diversen Landesverordnungen zu vermeiden, wurde ein sehr kühner Absatz in das Generalübereinkommen aufgenommen: „Es werden die notwendigen rechtlichen Vorkehrungen getroffen, daß die Kompetenz für die Festsetzung von Preisen für die Lieferungen elektrischer Energie aus Anlagen zur Nutzung von Biomasse, Biogas, Windenergie und Photovoltaik an die EVU beim BMwA liegt“. Das heißt im Klartext: Der Wirtschaftsminister wird die Gelegenheit nutzen, sich die Tarifhoheit von den Landeshauptleuten zurückzuholen um die derzeit länderweise unterschiedlichen Einspeisetarife bundesweit auf ein für die Elektrizitätswirtschaft verträgliches Maß zu senken.

Die IG Windkraft und der BVEE (Bundesverband Erneuerbare Energie) wurden nicht in die Verhandlungen über das vorliegende Fördermodell einbezogen. An verschiedenen Stellen haben beide Verbände, gemeinsam mit den Umweltorganisationen bereits vor Inkrafttreten des neuen Fördermodelles massive Kritik geübt. Es dürfte wohl der Öffentlichkeitsarbeit zuzuschreiben sein, daß sich Umweltminister Bartenstein nicht bereit erklärt hat, das neue Generalübereinkommen in der vorliegenden Form zu unterfertigen. Es scheint nämlich offensichtlich, daß die Elektrizitätswirtschaft die von ihr zur Verfügung gestellten Fördermittel über die massive Kürzung der Einspeisetarife bei weitem wieder kompensiert und in ihre Tasche zurückwirtschaftet.

Das massivste Argument gegen ein reines Investitionsfördermodell ist vor allem der fehlende Anreiz zu einem effizienten Betrieb der Anlagen. Bei einem Einspeisetarif von wenig mehr als 50 Groschen werden vor allem bei kleinen Anlagen kaum die Betriebskosten abgedeckt. Die „Betriebskostenschere“ wirkt sich dramatisch aus: Während bei den Ausgaben für Betriebskosten mit einer jährlichen Steigerung von 3% gerechnet werden muß, sind die Einspeisetarife über 15 Jahre einzementiert, was bedeutet, daß im 15. Betriebsjahr mit 50 Groschen Einspeisetarif kaum mehr die laufenden Ausgaben gedeckt werden können.

Bei einem Einspeisetarif von 50 Groschen und einem Förderbedarf von 60 bis 100 % der Anlagenkosten werden die Betreiber auch nicht motiviert, gute Standorte zu wählen. Die untenstehenden Grafiken zeigen deutlich, daß bei höheren Einspeisetarifen (ÖS 1,00/kWh) die Steigungsgeraden des Förderbedarfes in Abhängigkeit von der Standortqualität und der Anlagengröße wesentlich markanter ausgeprägt sind, als bei einem Einspeisetarif von ÖS 0,53/kWh.

Bild 4: Förderbedarf für Windkraftanlagen bei einem Einspeisetarif von ÖS 0,53/kWh (Zinssatz: 7%, Berechnungszeit: 15 Jahre)

Bild 5: Förderbedarf für Windkraftanlagen bei einem Einspeisetarif von ÖS 1,00/kWh (Zinssatz: 7%, Berechnungszeit: 15 Jahre)


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