Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.06.1994

Privilegierung von Windenergieanlagen

BauGB § 35 Abs. 1 Nrn. 1, 4 u. 5, Abs. 2 u. 3; ENWG § 2 Abs. 2; Stromeinspeisungsgesetz § 2

  • 1. Eine Windenergieanlage, deren Strom zu einem Fünftel der Versorgung eines landwirtschaftlichen Betriebs dienen und zu vier Fünfteln ins öffentliche Netz eingespeist werden soll, ist im Außenbereich nicht nach § 35 Abs. 1 Nrn. 1, 4 oder 5 BauGB privilegiert zulässig. 
  • 2. Die Zulassung als sonstiges Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 2 BauGB kann nicht mit dem Argument versagt werden, für solche Anlagen lägen Genehmigungsanträge in einer Größenordnung vor, die ein Bedürfnis nach förmlicher Planung auslöse. 
  • BVerwG, Urteil vom 16.06.1994 - 4 C 20.93 - (OVG Schleswig) 
In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 16. Juni 1994 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Gaentzsch , die Richter Hien und Dr. Lemme1s die Richterin Heeren und den Richter Halama für Recht erkannt:
Das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 5. August 1993 wird aufgehoben. Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen. Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlußentscheidung vorbehalten.


Gründe:

I .


Der Kläger bewirtschaftet am Rande der Ortslage von W. auf Föhr einen landwirtschaftlichen Betrieb. Er begehrt einen Bauvorbescheid für die Errichtung einer Windkraftanlage mit einer Leistung von 280 kW an einem Standort am Geestrand in einer Entfernung von 150 m, hilfsweise 100 oder 50 m, von seiner Hofstelle, deren Strom zu etwa einem Fünftel der Versorgung seines Betriebs dienen und im übrigen ins öffentliche Netz eingespeist werden soll. 

Der Beklagte lehnte den Antrag ab. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos. Die daraufhin erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Zugunsten des Klägers greife kein Privilegierungstatbestand ein, da das Vorhaben weder der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, noch dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers diene. Als sonstiges Vorhaben sei die Anlage unzulässig, da ihre Ausführung öffentliche Belange beeinträchtige. Dahinstehen könne, ob sie die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtige. Ein Zulassungshindernis ergebe sich jedenfalls daraus, daß die steigende Anzahl von Genehmigungsanträgen für Windenergieanlagen im Gebiet des Kreises Nordfriesland zu einem Mengendruck geführt habe, der ohne Maßnahmen der Bauleitplanung oder der Raumordnung nicht mehr bewältigt werden könne. 

Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht die Entscheidung des Verwaltungsgerichts geändert und den Beklagten verpflichtet die Bauvoranfrage positiv zu bescheiden. Zur Begründung hat es ausgeführt: Das Vorhaben des Klägers sei bauplanungsrechtlich zulässig. Es sei nach § 35 Abs. 1 Nrn. 1 und 4 BauGB privilegier. Allerdings lägen, jeweils isoliert betrachtet, die Voraussetzungen dieser Best-immungen nicht vor. Das Vorhaben erfülle aber jeweils teilweise die Privilegierungsmerkmale der Nr. 1 und der Nr. 4 des 35 Abs. 1 BauGB. Eine individualisierende Antwort darauf, warum die Anlage gerade an der vom Kläger ins Auge gefaßten Stelle errichtet werden solle, ergebe sich aus dem Standort des landwirtschaftlichen Betriebs. Durch die Tatsache, daß ein solcher Betrieb vorhanden sei, dem die Anlage, teilweise privilegiert, dienen solle, sei der Standort bestimmt. Die jeweils für sich genommen nicht vollständig gegebenen Privilegierungen ergänzten einander. Öffentliche Belange stünden dem Vorhaben nicht entgegen. Die Errichtung der Anlage scheitere nicht an dem unbestreitbar vorhandenen Planungsbedürfnis; denn die konkrete Standortbezogenheit setze voraus, daß die Planung so verfestigt sei, daß eine hinreichend sichere Aussicht auf Verwirklichung in absehbarer Zeit bestehe. Davon könne nur ausgegangen werden, wenn die entgegensehende Planung rechtsverbindlich sei. Dafür, daß sonstige öffentliche Belange nicht bloß beeinträchtigt seien, sondern dem Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 1 BauGB ausnahmsweise entgegenstünden, sei nichts ersichtlich. 

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision rügt der Beklagte die Verletzung des materiellen Rechts. Der Kläger ist der Revision entgegengetreten. Der Oberbundesanwalt hat sich am Verfahren beteiligt. Er vertritt die Auffassung, Windkraftanlagen seien im Außenbereich nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB privilegiert zulässig.

II. 

Die Revision des Beklagten hat mit dem Ergebnis der Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Zurückverweisung der Sache Erfolg. Das Berufungsgericht geht zu Unrecht davon aus, daß eine Windkraftanlage, deren Strom zu einem Fünftel der Versorgung eines landwirtschaftlichen Betriebs dienen und zu vier Fünfteln ins öffentliche Netz eingespeist werden soll, im Außenbereich privilegiert zulässig sei. 

Das Berufungsgericht räumt selbst ein, daß § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB tatbestandlich nicht eingreift. Die geplante Windenergieanlage dient nicht dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers. Eine im Sinne dieser Vorschrift dienende Funktion hat ein Vorhaben nur dann, wenn es dem Betrieb unmittelbar zu- und untergeordnet ist und durch diese Zu- und Unterordnung auch äußerlich erkennbar geprägt wird (vgl. BVerwG, Urteile vom 3. November 1972 - BVerwG 4 C 9.70 - BVerwGE 41, 138, und vom 19. Juni 1991 - BVerwG 4 C 11.89 - Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 273). Hieran fehlt es, wenn es nach seiner Zweckbestimmung nicht überwiegend im Rahmen der landwirtschaftlichen Betriebsführung genutzt werden soll (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Januar 1967 - BVerwG 4 C 41.65 - BVerwGE 26, 121, und vom 14. April 1978 - BVerwG 4 C 85.75 - Buchholz 406,11 § 35 BBauG Nr. 148). 

Einen unmittelbaren Bezug zum landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers weist die Anlage nur insoweit auf, als sie dafür dienstbar gemacht werden soll, das Wohngebäude und das Altenteilerhaus mit Strom zu versorgen. Gemessen an der Gesamtkapazität der Anlage fällt der betriebsbezogene Anteil der Energieerzeugung indes nicht erheblich ins Gewicht. Der weit überwiegende Teil ist von vornherein zur Einspeisung in das öffentliche Netz bestimmt. Die fehlende Zuordnung im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB läßt sich entgegen der Auffassung des Klägers nicht deshalb als unbeachtlich qualifizieren, weil sich eine Windenergieanlage, deren Kapazität auf den Strombedarf des landwirtschaftlichen Betriebs abgestimmt wäre, was das äußere Erscheinungsbild angeht, nicht erheblich von der Anlage unterscheiden würde, die den Gegenstand der Bauvoranfrage bildet. Ob die Zulassungsvoraussetzungen des § 35 BauGB gegeben sind, ist anhand des konkreten Vorhabens zu beurteilen. Es kommt nicht darauf an, ob mit mehr oder minder großen Änderungen den Privilegierungsanforderungen entsprochen werden könnte. Es ist Sache des Bauherrn, das Vorhaben so zu konzipieren, daß es als solches genehmigungsfähig ist. 

Soweit der Kläger sich unter Hinweis darauf, daß die Erlöse aus der Einspeisung ins öffentliche Netz zur Aufbesserung der durch fallende Erzeugerpreise in der Landwirtschaft veränderten Ertragslage dienen sollen, auf die Rechtsprechung des Senats beruft, wonach auch die Angliederung eines landwirtschaftsfremden Betriebsteils an der Privilegierung des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB teilhaben kann, verkennt er die Grenzen, die einer solchen Erstreckung der Privilegierung gesetzt sind. Auch im Falle der Erweiterung der betrieblichen Betätigung darf der Zusammenhang mit der für die Landwirtschaft charakteristischen Bodenertragsnutzung nicht aufgelöst werden. Ein nichtlandwirtschaftlicher Betriebszweig wird nur dann von der Privilegierung "mitgezogen", wenn er seinerseits einen Bezug zur Erzeugung und zum Absatz landwirtschaftlicher Güter aufweist (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. November 1984 BVerwG 4 C 27.81 - UPR 1985, 295). Dagegen bietet § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB keine Handhabe dafür, einen landwirtschaftlichen Betrieb unter erleichterten Voraussetzungen um einen von der landwirtschaftlichen Nutzung unabhängigen gewerblich-kaufmännischen Betriebsteil zu erweitern. Ob ein solches Vorhaben privilegiert zulässig ist, beurteilt sich nach § 35 Abs. 1 Nrn. 4 bis 6 BauGB. 

Entgegen der Auffassung des Oberbundesanwalts ergibt sich eine Privilegierung auch nicht aus § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB.Freilich sind Windkraftanlagen der vom Kläger beabsichtigten Art Vorhaben, die im Sinne dieser Vorschrift der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität dienen. Der Senat hat im Urteil vorn 18. Februar 1983 - BVerwG 4 C 19.81 - (BVerwGE 67, 33 = UPR 1983, 305) dargelegt, daß der Begriff der öffentlichen Versorgung in § 35 Abs. 1 Nr. 4 BBauG 1976 (= § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB) in demselben Sinne zu verstehen ist, wie ihn das Energiewirtschaftsgesetz verwendet. Zu den Energieanlagen zählen, wie aus § 2 Abs. 1 Satz 1 ENWG zu ersehen ist, nicht zuletzt Anlagen, die der Erzeugung von Elektrizität dienen. Daß die Windkraftanlage, die der Kläger zu errichten gedenkt, nicht unmittelbarer Bestandteil eines Versorgungsnetzes ist, macht sie für die öffentliche Versorgung mit Elektrizität im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB nicht von vornherein ungeeignet. Nach § 2 des Stromeinspeisungsgesetzes vom 7. Dezember 1990 (BGBl. 1 S. 2633) sind die Elektrizitätsversorgungsunternehmen verpflichtet, den in ihrem Versorgungsgebiet erzeugten Strom aus erneuerbaren Energien abzunehmen. Daß von dieser Regelung auch Strom erfaßt wird, der aus Windkraft gewonnen wird, ergibt sich aus § 1 Abs. 1 des Gesetzes vom 7. Dezember 1990. Unschädlich ist, daß Vorhabenträger ein Privater ist und der durch die Windkraftanlage erzeugte Strom auch der Eigenversorgung dienen soll. Für die Qualifizierung als öffentliche Energieversorgung kommt es weder auf die Rechtsform noch auf die Eigentumsverhältnisse an. Auch reicht es aus, daß die Windkraftanlage eine Überschußproduktion gewährleistet, die es dauerhaft ermöglicht, andere mit Elektrizität zu versorgen. Entgegen der Ansicht des Beklagten gehört es nicht zu den Anwendungsvoraussetzungen des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB, daß die Energieaufsichtsbehörde eine Entscheidung nach § 2 Abs. 2 Satz 3 ENWG getroffen hat. Entscheidungsbedarf auf der Grundlage dieser Vorschrift besteht nur dann, wenn zweifelhaft ist, ob und inwieweit ein Unternehmen ein Energieversorgungsunternehmen im Sinne des Energiewirtschaftsgesetzes ist. In dieser Richtung gibt der Betrieb der vom Kläger geplanten Windkraftanlage keinen Anlaß zu Zweifeln. 

Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil vom 2 1. Januar 1977 - BVerwG 4 C 28.75 - Buchholz 406.11 § 19 BBauG Nr. 39) ist die Zulässigkeit von Energieversorgungsanlagen indes an ähnliche Voraussetzungen geknüpft, wie sie für die in § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB ebenfalls genannten ortsgebundenen gewerblichen Betriebe gelten. Ortsgebunden im Sinne dieser Bestimmung ist ein Gewerbe nur dann, wenn es nach seinem Gegenstand und seinem Wesen ausschließlich an der fraglichen Stelle betrieben werden kann. Hierfür genügt nicht, daß sich der Standort aus Gründen der Rentabilität anbietet oder gar aufdrängt. Erforderlich ist vielmehr, daß der Betrieb auf die geographische oder die geologische Eigenart der Stelle angewiesen ist, weil er an einem anderen Ort seinen Zweck verfehlen würde (vgl. BVerwG, Urteile vom 5. Juli 1974 - BVerwG 4 C 76.71 - Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 1 1 2 und vom 7. Mai 1976 - BVerwG 4 C 43.74 BVerwGE 50, 346). Entsprechendes gilt, allenfalls graduell abgeschwächt, für die öffentliche Energieversorgung. Auch Anlagen dieser Art haben an der Privilegierung des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB nach der Rechtsprechung des Senats nur dann teil, wenn sie einen spezifischen Standortbezug aufweisen. Dieser ist bei den in § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB genannten Anlagen der öffentlichen Versorgung vor allem insoweit gegeben, als sie leitungsgebunden sind; denn insoweit könnte ohne Berührung des Außenbereichs die den Versorgungsunternehmen obliegende umfassende Versorgungsaufgabe nicht erfüllt werden. An einer solchen spezifischen Gebundenheit fehlt es, wenn der Standort im Vergleich mit anderen Stellen zwar Lagevorteile bietet, das Vorhaben aber nicht damit steht oder fällt, ob es hier und so und nirgend woanders ausgeführt werden kann. 

Das Urteil des Senats vom 21. Januar 1977 ist in der Literatur freilich zum Teil auf Kritik gestoßen. Nach Ansicht der Gegenmeinung ist die Ortsgebundenheit nur Voraussetzung für die Privilegierung gewerblicher Betriebe, nicht jedoch öffentlicher Versorgungsanlagen (vgl. Dyong, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Kommentar zum Baugesetzbuch, § 35 RdNr. 55; Dürr, in: Brügelmann, Kommentar zum Baugesetzbuch, § 35 RdNr. 51; Krautzberger, in: Bartis/Krautzberger/Löhr, Kommentar zum Baugesetzbuch, § 35 RdNr. 36; Büdenbender, Energierecht, RdNr. 1034; Dolde, Zulässigkeit von Kraftwerken im Außenbereich, NJW 1983, S. 792; Ogiermann, Rechtsfragen der Errichtung von Windkraftanlagen, S. 101). Die für diese Auffassung vorgebrachten Argumente geben dem Senat indes keine Veranlassung, von seiner Rechtsprechung abzurücken. Es sind keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, daß der Gesetzgeber den Außenbereich allgemein für Anlagen der öffentlichen Versorgung hat öffnen wollen. Die Materialien (vgl. BT-Drucks. 3/336 zu § 40 Abs. 1 Nr. 3) sind insoweit unergiebig. Es trifft nicht zu, daß sich die Standortfrage bei der öffentlichen Versorgung anders als bei gewerblichen Betrieben deshalb nicht stellt, weil der Gesetzgeber die Außenbereichsadäquanz dieser Anlagen als selbstverständlich vorausgesetzt hat. Gerade Kraftwerke und sonstige Anlagen der Energieerzeugung gehören nach der erkennbaren Gesetzeskonzeption nicht typischerweise zum Erscheinungsbild des Außenbereichs. § 9 Abs. 1 Nr. 12 BauGB verbietet es ebenso wie § 8 Abs. 2 Nr. 1 bzw. § 9 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO, die in § 35 Abs. 1 Nr. 4 getroffene Regelung als Ausdruck der gesetzgeberischen Absicht zu deuten, Anlagen der öffentlichen Versorgung generell einen Standort im Außenbereich zuzuweisen. Die restriktive Auslegung des Senats begegnet nicht deshalb Bedenken, weil sie dazu führt, daß der Kreis der Vorhaben, denen die Privilegierung zugute kommt, begrenzt wird. Hierin liegt keine Systemwidrigkeit. Denn die gegenteilige Auffassung führt in Widerspruch zu der Zielvorgabe, den Außenbereich weitestgehend zu schonen, im praktischen Ergebnis dazu, daß Anlagen der öffentlichen Versorgung, soweit nicht öffentliche Belange entgegenstehen, auch dann im Außenbereich errichtet werden können, wenn dies zur Zweckverwirklichung nicht zwingend geboten ist. Dem Erfordernis des Dienens kommt im Rahmen des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB nicht das Maß an Steuerungsfähigkeit zu, das ihm zum Teil zugeschrieben wird (vgl. Dolde, a.a.O., S. 793; Ogiermann, a.a.O., S. 101). Der Begriff des Dienens hat in der Nr. 4 dieselbe Bedeutung wie in der Nr. 1 (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. Mai 1976 BVerwG 4 C 43.74 - a.a.O.). Der Senat hat im Urteil vom 19. Juni 1991 - BVerwG 4 C 11.89 - (a.a.O.) klargestellt, daß das Gebot größtmöglicher Schonung des Außenbereichs als Leitgedanke, der den gesamten § 35 BauGB beherrscht, zwar die Richtung vorgibt, in der die einzelnen Regelungen dieser Vorschrift auszulegen sind, sich aber nicht als eigenständiges Tatbestandsmerkmal gegen die Zulässigkeit eines privilegierten Vorhabens ins Feld führen läßt. Ferner ist dem Urteil vom 19. Juni 1991 zu entnehmen, daß der Begriff des "Dienens" keine Handhabe dafür bietet, die Standortwahl zu korrigieren. Was bleibt, ist die Prüfung, ob ein vernünftiger Unternehmer ein Vorhaben mit etwa gleichem Verwendungszweck und etwa gleicher Gestaltung und Ausstattung für einen entsprechenden Betrieb ausführen würde und ob die geplante Anlage durch ihre Zuordnung zum konkreten Betrieb auch äußerlich erkennbar geprägt wird. Die eigentliche Zielrichtung des Erfordernisses des Dienens geht nach der Rechtsprechung des Senats dahin, Vorhaben zu verhindern, die zwar vordergründig zur Verwirklichung eines der in § 35 Abs. 1 BauGB bezeichneten Privilegierungstatbestände geeignet erscheinen, in Wahrheit aber anderen Zwecken dienen. Zwar mag sich auch bei Vorhaben, die die Merkmale öffentlicher Versorgung im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB aufweisen, die Notwendigkeit, Mißbrauchsversuchen entgegenzuwirken, nicht von vornherein von der Hand weisen lassen, doch dürfte hierzu allenfalls in seltenen Ausnahmefällen Anlaß bestehen. Dies gilt auch für Windenergieanlagen. 

Der Senat hat bereits im Urteil vom 21. Januar 1977 aus der systematischen Stellung des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB hergeleitet, daß das Merkmal der Ortsgebundenheit, auch wenn dies im Wortlaut nicht eindeutig zum Ausdruck kommt, nicht nur bei gewerblichen Betrieben, sondern auch bei der öffentlichen Versorgung eine Rolle spielt. Er hat darauf aufmerksam gemacht, daß die in dieser Vorschrift getroffene Regelung sich in ihrer Zielrichtung deutlich von der des § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB abhebt. Wären Anlagen, die der öffentlichen Versorgung dienen, unabhängig davon bevorzugt zulässig, ob sie auf einen bestimmten Standort im Außenbereich angewiesen sind, so würden die Grenzen der Anwendungsbereiche der Nr. 4 und der Nr. 5 des § 35 Abs. 1 BauGB weitgehend verwischt. Als nachträgliche Bestätigung dafür, daß die Ortsgebundenheit ein Merkmal darstellt, das den in § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB genannten Vorhaben gemeinsam ist, läßt sich überdies § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB werten. Diese Bestimmung ist durch das Baugesetzbuch eingeführt worden. Unter der Geltung des Bundesbaugesetzes bestand zwar weitgehend Einigkeit darüber, daß Kernkraftwerke privilegierte Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 1 BBauG waren, doch war umstritten, woraus sich die Privilegierung ergab (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Dezember 1985 - BVerwG 7 C 65.82 - BVerwGE 72, 300 <326> = UPR 1986, 107). Der Sinn der Neuregelung war es, diese Zweifel auszuräumen. Den Anstoß hierzu gab die Stellungnahme des Bundesrates zum Regierungsentwurf des Baugesetzbuchs (BT-Drucks. 10/5027). Hierin wurde angeregt, § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB wie folgt zu fassen: "4. dem Fernmeldewesen, der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme, Wasser, der Abfall- oder Abwasserwirtschaft, der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken, der Entsorgung radioaktiver Abfälle oder einem ortsgebundenen gewe[B[B[Brblichen Betrieb dient." Die Bundesregierung griff diesen Vorschlag zwar grundsätzlich auf, wandelte ihn aber insofern ab, als sie den Entwurf des § 35 Abs. 1 BauGB um eine Nr. 6 ergänzte, die der jetzt geltenden Fassung der Vorschrift entsprach. Danach ist ein Vorhaben bevorrechtigt zulässig, wenn es der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient. Die Tatsache, daß kerntechnische Anlagen abweichend vom Votum des Bundesrates nicht auf eine Stufe mit den in § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB genannten Anlagen der öffentlichen Versorgung gestellt wurden, sondern ihren Platz in einem eigenständigen neuen Privilegierungstatbestand fanden, in dem das Merkmal der Ortsgebundenheit keine Rolle spielt, läßt darauf schließen, daß für sie eine Privilegierungsmöglichkeit hat sichergestellt werden sollen, für die der Rückgriff auf § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB wegen der Bedeutung, die in dieser Vorschrift dem Gesichtspunkt der Standortabhängigkeit zukommt, nicht ausreicht. 

Der Senat folgt auch nicht den Stimmen in der Literatur, die ihm zwar beipflichten, daß die öffentliche Versorgung dem Erfordernis der Ortsgebundenheit unterworfen sei, sich jedoch auf den Standpunkt stellen, daß Windkraftanlagen die Voraussetzung, zu dem in Anspruch genommenen Standort im Sinne der Senatsrechtsprechung in einer spezifischen Beziehung zu stehen, regelmäßig erfüllten, da bei ihnen in dieser Hinsicht weniger strenge Maßstäbe anzulegen seien als bei gewerblichen Betrieben (vgl. Söfker, Ferienwohnungen und Windkraftanlagen im Außenbereich nach dem Städtebaurecht, ZFBR 1989, S. 91, 95; Peine, Energiesparen - Bau- und planungsrechtliche Aspekte, DVBl. 1991, S. 965, 970; von Mutius, Rechtliche Voraussetzungen und Grenzen der Erteilung von Baugenehmigungen für Windenergieanlagen, DVBI. 1992, S. 1469, 1475). Das Urteil vom 2 1. Januar 1977 - BVerwG 4 C 28.75 - (a.a.O.) läßt sich nicht als Beleg dafür werten, daß Anlagen, die der öffentlichen Versorgung dienen, prinzipiell einem großzügigeren Regime unterliegen als gewerbliche Betriebe. Der Senat hat vielmehr lediglich zum Ausdruck gebracht, daß bei ihnen eine "kleinliche" Prüfung der Ortsgebundenheit nicht angebracht ist. Spezifischer Standortbezug ist nicht gleichbedeutend mit einer gleichsam quadratmetergenau erfaßbaren Zuordnung des Vorhabens zu der in Anspruch genommenen Örtlichkeit. So sehr es sich verbietet, bei der Auslegung des Merkmals der Ortsgebundenheit engherzig zu verfahren, so sehr verbietet es sich indes auch, von dem Erfordernis abzusehen, daß sich die räumliche Beziehung, auf die das Vorhaben seiner Funktion nach angewiesen ist, nur an einer näher eingrenzbaren Stelle und nicht beliebig anderswo im Außenbereich herstellen läßt. Wird bei Anlagen der öffentlichen Versorgung der bei gewerblichen Betrieben maßgebliche kleinräumliche Bezugsrahmen verlassen, so verliert der Begriff der Ortsgebundenheit jegliche Konturen. Von einer individualisierenden Antwort auf die Frage der Lokalisierung kann dann keine Rede mehr sein, wenn der gesamte Außenbereich einer Gemeinde oder einer Vielzahl von Gemeinden als potentiell geeigneter Standort in Betracht kommt. Dies trifft insbesondere für Windkraftanlagen zu. Günstige Windverhältnisse herrschen auf nahezu sämtlichen Außenbereichsflächen der Gemeinde W., der Insel Föhr, in weiten Teilen des Kreises Nordfriesland, überhaupt im gesamten Küstenbereich, aber auch in vielen anderen Gegenden, wie etwa in der Norddeutschen Tiefebene. Reichte der Gesichtspunkt der Windhöffigkeit aus, um den von § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB geforderten Standortbezug her-zustellen, so könnten - unter dem Vorbehalt, daß an dem konkreten Standort keine öffentlichen Belange entgegenstehen - Windkraftanlagen, die Strom für das öffentliche Netz erzeugen, in Deutschland weithin im Außenbereich errichtet werden. Die in ihrer Gesamtkonzeption auf das Ziel größtmöglicher Schonung des Außenbereichs ausgerichtete Privilegierungsregelung des § 35 Abs. 1 BauGB würde bei einem solchen Verständnis aus den Angeln gehoben. 

Das Berufungsgericht versucht den erforderlichen Ortsbezug dadurch herzustellen, daß es § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB mit Tatbestandselementen auffüllt, die es dem § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB entnimmt. Die Berechtigung für diese Vorgehensweise leitet es daraus her, daß die an sich fehlende Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB durch die"teilweise gegebene" Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB voll ausgeglichen werden können. Dies begegnet schon vom Grundansatz her durchgreifenden Bedenken. Die Nrn. 1 bis 6 des § 35 Abs. 1 BauGB sind als jeweils eigenständige Privilegierungsregelungen mit genau umrissenem Anwendungsbereich auseinanderzuhalten. Aus einzelnen Elementen dieser gesetzlichen Privilegierungstatbestände einen neuen Privilegierungstatbestand zusammenzufügen, würde die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung überschreiten. Abgesehen hiervon bietet die Auffassung des Berufungsgerichts Anlaß für einen weiteren gewichtigen Einwand. Der Senat hat mehrfach hervorgehoben, daß für eine Privilegierung dort kein Raum ist, wo eine Zulassung nach § 35 Abs. 1 BauGB darauf hinauslaufen würde, einen einzelnen oder eine Personengruppe unter Verletzung des Gleichheitssatzes zu bevorzugen (vgl. BVerwG, Urteile vom 4. November 1977 - BVerwG 4 C 30.75 - und vom 10. November 1978 - BVerwG 4 C 80.76 - Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nrn. 143 und 152). Wäre der Ansicht des Berufungsgerichts zu folgen, so würde dies bedeuten, daß diejenigen, die auf der Grundlage der Nrn. 1 bis 3 und der Nrn. 5 und 6 des § 35 Abs. 1 BauGB oder des § 35 Abs. 2 BauGB im Außenbereich zulässigerweise Vorhaben verwirklichen, sich damit automatisch die Anwartschaft erwerben, in der Nachbarschaft Anlagen zu errichten, die der öffentlichen Versorgung dienen, ohne als solche einen Bezug zu der ausgeübten Nutzung aufzuweisen. 

Aus alledem folgt, daß die geplante Windenergieanlage nicht nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB privilegiert zulässig ist. Aus der Sicht des Klägers mag es vernünftig sein, das Vorhaben in der unmittelbaren Nachbarschaft seiner Hofstelle zu verwirklichen. Bei dem in Aussicht genommenen Standort handelt es sich indes nicht um einen Zwangspunkt. Der vom Kläger bevorzugte Standort stellt die nach seiner Einschätzung wirtschaftlich zweckmäßigste Wahl dar. Dies kann indes nicht mit dem Begriff der Ortsgebundenheit gleichgesetzt werden; denn es liegt auf der Hand, daß die Windenergieanlage auch an einem anderen Ort errichtet werden könnte, ohne den ihr zugedachten, für den Privilegierungstatbestand des § 35 Abs. 1 Nr. 4 relevanten Zweck zu verfehlen. 

Die Privilegierung des § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB kommt der geplanten Windenergieanlage ebenfalls nicht zugute. Diese Bestimmung stellt einen Auffangtatbestand für solche Vorhaben dar, die von den Nrn. 1 bis 4 und 6 nicht erfaßt werden, nach den Grundsätzen städtebaulicher Ordnung, wenn überhaupt, sinnvoll aber nur im Außenbereich ausgeführt werden können, weil sie zur Erreichung des mit ihnen verfolgten Zwecks auf einen Standort außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile angewiesen sind (vgl. BVerwG, Urteile vom 3. November 1972 - BVerwG 4 C 9.70 - a.a.O., und vom 7. Mai 1976 - BVerwG 4 C 62.74 Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 127; Beschluß vorn 9. Oktober 1991 - BVerwG 4 B 176.91 - UPR 1992, 28). Von den übrigen Privilegierungstatbeständen unterscheidet sich diese Regelung insofern erheblich, als sie, ohne den Gegenstand bzw. die Funktion des Vorhabens oder die durch das Vorhaben geförderte Betätigung zu umschreiben, allein darauf abstellt, ob nach Lage der Dinge die Verwirklichung im Außenbereich geboten ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 14. März 1975 - BVerwG 4 C 41.73 BVerwGE 48, 109, und vom 28. April 1978 - BVerwG 4 C 53.76 - Buchholz 406.11 §35 BBauG Nr. 150). Diese bloße formale Ausrichtung führt zu einer tatbestandlichen Weite, die durch erhöhte Anforderungen an die übrigen Privilegierungsvoraussetzungen ausgeglichen werden muß, da sich nur so die Gefahr abwenden läßt, daß das gesetzgeberische Ziel, den Außenbereich vor einer unangemessenen Inanspruchnahme zu schützen, verfehlt wird (vgl. BVerwG, Urteile vom 14. Mai 1969 - BVerwG 4 C 19.68 - BVerwGE 34, 1, und vom 3. Mai 1974 - BVerwG 4 C 10.71 - Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 109). Denn auch mit der Privilegierung auf der Grundlage dieser Vorschrift verbindet sich ein im Vergleich zu § 35 Abs. 2 BauGB erheblich gesteigertes Durchsetzungsvermögen gegenüber hinderlichen öffentlichen Belangen. Die potentiell stärkere Belastung, die sich hieraus für die jeweils berührten öffentlichen Belange ergibt, muß sich aus der Art des in Rede stehenden Vorhabens rechtfertigen lassen. Die Tatsache, daß § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB nicht ausdrücklich und positiv bestimmte bevorzugte Gegenstände benennt, darf nicht dahin mißverstanden werden, daß bei seiner Anwendung der Gegenstand und die Funktion des Vorhabens überhaupt keine Rolle spielen (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. März 1975 - BVerwG 4 C 41.73 - a. a. 0.). Nicht jedes Vorhaben, das zur Umgebung eine der gesetzlich näher umschriebenen Beziehungen aufweist, soll allein aus diesem Grunde im Außenbereich privilegiert ausgeführt werden dürfen. Im Tatbestandsmerkmal des Sollens ist vielmehr eine Wertung enthalten. Unabhängig davon, ob der Ast. auch auf einen Standort im Innenbereich verwiesen werden könnte, ist zu prüfen, ob das Vorhaben überhaupt im Außenbereich zugelassen werden soll. 

Mit diesem wertenden Merkmal wird ein Bezug zu der dem Außenbereich vornehmlich zukommenden Funktion, nämlich der Land- und Forstwirtschaft sowie der Erholung für die Allgemeinheit zur Verfügung zu stehen, hergestellt. Vorhaben, die zwar wegen ihrer besonderen Anforderungen an die Umgebung eine spezifische Außenbereichspräferenz aufweisen, aber wegen einer Vielzahl entsprechender Bauwünsche, die bei einer Privilegierung an beliebiger Stelle im Außenbereich grundsätzlich realisierbar wären, zu einer nicht nur vereinzelten Bebauung im Außenbereich führen könnten, sollen nicht ohne förmliche Bauleitplanung im Außenbereich ausgeführt werden. § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB ist nicht Privilegierungstatbestand für Vorhaben, für die üblicherweise bei einer die"voraussehbaren Bedürfnisse" (§ 5 Abs. 1 Satz 1 BauGB) berücksichtigenden Bauleitplanung in einem Bauleitplan Standorte ausgewiesen zu werden pflegen. Er will vielmehr Vorhaben der dort näher bezeichneten Art privilegieren, die singulären Charakter haben, jedenfalls nicht in einer größeren Zahl zu erwarten sind, und für die deshalb nicht planerisch vorausschauend geeignete Standorte ausgewählt werden müssen, sondern eine Beurteilung des Einzelfalls am Maßstab öffentlicher Belange den Erfordernissen einer geordneten städtebaulichen Entwicklung genügt. Als Privilegierungstatbestand ist § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB kein geeignetes Instrument, im Außenbereich Bauwünsche zu steuern, die "Vorbildwirkung" für weitere gleichartige Bauwünsche haben. 

Dieser Gedanke liegt auch der Rechtsprechung des erkennenden Senats zugrunde, wonach ein Rechtfertigungsgrund für die mit einer Privilegierung verbundenen Durchbrechung der Gleichbehandlung dann nicht gegeben ist, wenn das Vorhaben vornehmlich dazu dient, individuelle Bedürfnisse zu befriedigen. Die Verfolgung individueller Interessen schließt eine Privilegierung freilich nicht aus, wenn die Verwirklichung des Vorhabens zugleich auch im überwiegenden allgemeinen Interesse liegt (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. November 1977 - BVerwG 4 C 30.75 a.a.O.). Hiervon kann indes noch keine Rede sein, wenn der mit dem Vorhaben verfolgte Zweck zwar billigenswert, ja sogar allgemein erwünscht, die damit verbundene bauliche Verfestigung jedoch als außenbereichsinadäquat zu qualifizieren ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. März 1975 - BVerwG 4 C 4 1.73 a.a.O.), insbesondere dann, wenn jedermann, der über ein Grundstück an beliebiger Stelle im Außenbereich verfügt, ihn sich zur Errichtung einer baulichen Anlage dort zunutze machen könnte. 

Nach diesen Grundsätzen läßt sich die geplante Windenergieanlage nicht den Vorhaben zurechnen, die im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB im Außenbereich ausgeführt werden sollen. Zwischen den Beteiligten ist unbestritten, daß die Insel Föhr so gut wie im ganzen Außenbereich sehr günstige Voraussetzungen für den Betrieb von Windenergieanlagen bietet und daß es auch zahlreiche entsprechende Bauwünsche gibt. Nicht die einzelne Anlage ist es indes, die - im Sinne eines entgegenstehenden Belangs z. B. die Aufgabe der Insel als Erholungslandschaft beeinträchtigen würde, sondern die mögliche Vielzahl weiterer Anlagen, die bei Annahme einer Privilegierung je für sich genommen kaum anders zu beurteilen wären als die hier streitige. Zwar ließe sich eine gewisse Koordination, die ohne Zweifel geboten ist, auch durch Darstellung von Flächen für Windenergieanlagen in einem regionalen Raumordnungsplan (vgl. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB) oder im Flächennutzungsplan erreichen. Jedoch würde dies, selbst wenn solche Darstellungen hier bereits vorhanden wären, solche Anlagen nicht zu privilegierten im Sinne des § 35 Abs. 1 BauGB machen, sondern die öffentlichen Belange in einer Weise konkretisieren, die die Zulassung gemäß § 35 Abs. 2 BauGB an den planerisch ausgewiesenen Standorten erheblich erleichtert und auf den dafür nicht bestimmten oder anderweitig ausgewiesenen Flächen grundsätzlich hindert. 

Der Kläger räumt auch ein, daß er die Anlage in erster Linie als ein Mittel ansieht, die aufgrund fallender Erzeugerpreise von ihm als unbefriedigend eingeschätzte Ertragslage seines landwirtschaftlichen Betriebs verbessern zu können. Diesem Individualinteresse steht kein gewichtiges Gemeinwohlinteresse gegenüber, das es rechtfertigt, Windkraftanlagen der von ihm geplanten Art an der Privilegierung des § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB teilhaben zu lassen. Das Stromeinspeisungsgeserz läßt sich insoweit nicht als Indiz für einen Privilegierungswillen des Gesetzgebers werten. Es wirkt weder unmittelbar noch auch nur mittelbar auf die bauplanungsrechtliche Situation ein. Es beschränkt sich darauf, eine Abnahmeverpflichtung der Elektrizitätsversorgungsunternehmen zu begründen und die Höhe der Vergütung für den abgenommenen Strom in einer Weise zu regeln, die einen Anreiz dafür bietet, erneuerbare Energiequellen zu nutzen. Die Privilegierungstatbestände des § 35 Abs. 1 BauGB sind auf das mit dem Stromeinspeisungsgesetz verfolgte Ziel nicht abgestimmt. Sie nehmen es nicht in sich auf. Das Gesetz erklärt den mit der Nutzung von Windenergieanlagen angestrebten Schutz des Klimas und der natürlichen Ressourcen nicht zu einem Privilegierungsgrund. Er spielt allenfalls auf der nachfolgenden Stufe der Gewichtung der mit dem Vorhaben verfolgten Interessen und der öffentlichen Belange eine Rolle. Anknüpfungspunkt für eine etwaige Privilegierung einer Windenergieanlage im Außenbereich ist nicht der Beitrag einer solchen Anlage zum Umweltschutz, sondern nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB die Zuordnung zu einer landwirtschaftlichen Hauptnutzung, nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB der Zweck, die öffentliche Energieversorgung sicherzustellen, oder nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB die fehlende Innenbereichsadäquanz. Den Gesichtspunkt des Umweltschutzes bei der Zulässigkeitsentscheidung schon auf der Tatbestandsseite des § 35 Abs. 1 BauGB zum Tragen kommen zu lassen, ist nicht ohne normative Korrekturen möglich (so auch von Mutius, a.a.O., S. 1477; Ogiermann, a.a.O., S. 168 ff.). Insoweit mag ein Regelungsbedarf vorhanden sein. Es würde jedoch die Grenzen zulässiger Auslegung und richterlicher Rechtsfortbildung sprengen, § 35 Abs. 1 BauGB in seiner jetzigen Fassung so weit anzureichern, daß für Windkraftanlagen oder sonstige Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien die bauplanungsrechtlichen Rahmenbedingungen sichergestellt werden, die erforderlich sind, damit das Stromeinspeisungsgesetz voll zur Geltung kommt, ohne daß der Schutz des Außenbereichs hierunter spürbar leidet. 

§ 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB stellt in dieser Hinsicht kein taugliches Instrument dar. Den Außenbereich auf der Grundlage dieser Vorschrift für die Errichtung von Windkraftanlagen zu öffnen, liefe dem Anliegen des Gesetzgebers, eine geordnete städtebauliche Entwicklung auch im Außenbereich sicherzustellen (vgl. BTDrucks. 3/336 zu § 40), erkennbar zuwider. Bei Windenergieanlagen handelt es sich nicht um singuläre Erscheinungen. Vor dem Hintergrund der Zahlenangaben des Beklagten zeichnet sich bei ihnen weithin eine Entwicklung mit erheblicher Breitenwirkung ab, die sich nicht allein mit Hilfe des beschränkt durchschlagskräftigen Korrektivs entgegenstehender öffentlicher Belange in städtebaulich geordnete Bahnen lenken läßt. Ob, wo und in welchem Umfang Windkraftanlagen im Außenbereich gehäuft errichtet werden sollen, bleibt gemeindlicher oder regionaler Planungsentscheidung vorbehalten. Solange - aus welchen Gründen immer - kein Gebrauch von dem planerischen Instrumentarium gemacht wird, richtet sich die Zulassung im Einzelfall nach § 35 Abs. 2 BauGB ... 

Als sonstiges Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 2 BauGB ist die vom Kläger geplante Windenergieanlage zuzulassen, wenn ihre Errichtung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt. 

Das VG ist in Übereinstimmung mit dem Beklagten davon ausgegangen, daß die Zulassung scheitere, weil der Massendruck, der sich in einer Vielzahl von Genehmigungsanträgen dokumentiere, geeignet sei, auf der Ebene der Bauleitplanung oder der Raumordnung ein Planungsbedürfnis auszulösen. Ein solcher vermeintlicher Belang rechtfertigt indes nicht die Versagung des beantragten Vorbescheides. Der Senat hat die Planungsbedürftigkeit als einen die Zulässigkeit eines Außenbereichsvorhabens hindernden öffentlichen Belang anerkannt, wenn das Vorhaben eine spezifisch planerische und für das Ergebnis auch gleichsam amtlich einstehende Abwägung erfordert. Ein solcher Fall ist in aller Regel nur dann gegeben, wenn das Vorhaben so umfangreich ist, daß es einer Koordination der Interessen nach innen bedarf (vgl. BVerwG, Urteile vom 26. November 1976 - BVerwG 4 C 69.74 - Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 58, und vom 22. Juni 1990 BVerwG 4 C 6.87 - UPR 1990, 439). Für eine derartige Innenkoordination besteht bei einer einzelnen Windenergieanlage offensichtlich keine Notwendigkeit. Soweit bei einem Vorhaben im Außenbereich eine Koordination nach außen notwendig ist, bedarf es regelmäßig keiner förmlichen Planung, die sich als Zulassungshindernis erweisen könnte. Denn die Außenkoordination wird grundsätzlich durch die in § 35 Abs. 3 BauGB angeführten öffentlichen Belange gewährleistet, zu denen nicht zuletzt die Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen, der Naturschutz sowie das Verbot der Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart oder der Erholungsfunktion der Landschaft gehören (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. April 1987 - BVerwG 4 C 43.84 - UPR 1987, 383; vgl. auch Beschluß vom 27. Juni 1983 - BVerwG 4 B 201.82 - Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 204). Daß es nach den Angaben des Beklagten in einem weiteren Umkreis in großer Zahl Bauinteressenten gibt, die, sei es im Gemeindegebiet, sei es in den benachbarten Gemeinden, die Errichtung vergleichbarer Anlagen beabsichtigen, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung der Frage der Planungsbedürftigkeit. Der Maßstab, der an das einzelne, zur Genehmigung gestellte Vorhaben anzulegen ist, verändert sich nicht dadurch, daß die Genehmigungsbehörde sich mit zahlreichen Vergleichsfällen konfrontiert sieht. Im Rahmen des vom Kläger eingeleiteten Verfahrens ist die bebauungsrechtliche Zulässigkeit eines konkreten Einzelvorhabens zu beurteilen, das sich nicht, wie wenn es Teil eines Anlagenkomplexes wäre, die Wirkungen sonstiger zur Prüfung gestellter Windenergieanlagen zurechnen lassen muß. Ein anderes Verständnis ließe außer acht, daß § 35 Abs. 2 BauGB unter den dort genannten Voraussetzungen Vorhaben im Außenbereich gerade unabhängig von förmlicher Planung unmittelbar kraft Gesetzes gestatten will. Daß eine Vielzahl von Genehmigungsanträgen der Gemeinde im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB Veranlassung geben kann, einen Bauleitplan aufzustellen, darf nicht mit einem Planungserfordernis als öffentlicher Belang im Sinne des § 35 Abs. 3 BauGB gleichgesetzt werden. Sieht die Gemeinde planerischen Handlungsbedarf, so kann sie sich der Sicherungsmittel bedienen, die ihr die Vorschriften des Zweiten Teils des Ersten Kapitels des Baugesetzbuches zur Verfügung stellen. Macht sie hiervon keinen Gebrauch, so läßt sich der Sicherungserfolg nicht durch eine erweiternde Auslegung des § 35 Abs. 3 BauGB herbeiführen. Auch der vom VG und vom Beklagten angesprochene Handlungsbedarf auf der Ebene der Landesplanung läßt sich nicht als öffentlicher Belang einstufen, an dem das Vorhaben des Klägers scheitern kann. § 35 Abs. 3 Satz 3 1. Halbsatz BauGB setzt landesplanerische Vorgaben mit Zielqualität voraus. Daran fehlt es derzeit noch. Ist die Aufstellung von Zielen der Raumordnung und Landesplanung eingeleitet, so kann die für die Raumordnung zuständige Landesbehörde nach § 7 Abs. 1 ROG raumbedeutsame Planungen, die Gemeinden als sonstige Stellen im Sinne des § 4 Abs. 5 ROG beabsichtigen, für eine bestimmte Zeit untersagen, wenn zu befürchten ist, daß die Durchführung der Ziele unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert wird. Eine solche Untersagung erzeugt indes keine unmittelbare Rechtswirkung gegenüber einzelnen Bauinteressenten. Für sonstige Maßnahmen der für die Landesplanung zuständigen Behörde im Stadium der Zielerarbeitung trifft dies erst recht nicht zu. Derartige Planungsaktivitäten sind nicht geeignet, sich im Rahmen des § 35 BauGB positiv oder negativ auf die Zulassung eines Einzelvorhabens auszuwirken. 

Das Berufungsgericht hatte wegen der von ihm angenommenen Privilegierung keine Veranlassung, der Frage nachzugehen, ob durch das geplante Vorhaben einer der in § 35 Abs. 3 BauGB benannten öffentlichen Belange beeinträchtigt wird. Diese Prüfung wird es nachzuholen haben. Das Berufungsgericht hat es mit der Feststellung bewenden lassen, daß dem Vorhaben keine öffentlichen Belange entgegenstünden. Dies schließt eine Beeinträchtigung nicht aus; denn privilegierte Vorhaben zeichnen sich durch ein gesteigertes Durchsetzungsvermögen gegenüber öffentlichen Belangen aus, das ihnen eine Zulassung auch in Fällen sichert, in denen sonstige Vorhaben unter gleichen Voraussetzungen bereits unzulässig sind (vgl. BVerwG, Urteile vom 24. August 1979 BVerwG 4 C 3.77 - und vom 1 8. März 1983 - BVerwG 4 C 17.81 - UPR 1983, 332, sowie vom 20. Januar 1984 BVerwG 4 C 43.81 - BVerwGE 68, 31 1 = UPR 1984, 221). Die Vorinstanzen haben sich insbesondere nicht mit dem von der Baugenehmigungsbehörde ins Feld geführten Argument auseinandergesetzt, das Vorhaben des Klägers sei schon deshalb nicht genehmigungsfähig, weil es die natürliche Eigenart und die Erholungsfunktion der Landschaft beeinträchtige. Unter diesem Blickwinkel wird das Berufungsgericht das folgende zu erwägen haben: 

Der Außenbereich erfüllt nicht zuletzt die Funktion, für die naturgegebene Bodennutzung sowie als Erholungslandschaft der Allgemeinheit zu dienen. Dies schließt grundsätzlich das Ziel ein, das Eindringen wesensfremder und der Erholungseignung abträglicher Nutzung zu verhindern (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Januar 1967 - BVerwG 4 C 33.65 - BVerwGE 26,111, sowie vom 3. Mai 1974 - BVerwG 4 C 10.71 - und vom 25. Januar 1985 - BVerwG 4 C 29.81 - UPR 1985, 337). Hieraus folgt freilich nicht, daß Windkraftanlagen schlechthin oder auch nur regelmäßig als mit der funktionellen Bestimmung des Außenbereichs unvereinbare störende Fremdkörper einzustufen sind. Der naturgegebenen Bodennutzung oder als Erholungslandschaft zu dienen, ist zwar für den Außenbereich typisch, versteht sich aber keineswegs von selbst für alle Außenbereichsflächen. Nicht jeder für eine Windenergieanlage in Aussicht genommene Standort erhält seine Prägung durch die vorgegebene Bodennutzung oder die Erholungsrelevanz. Ist er wegen seiner natürlichen Beschaffenheit ohnehin weder für das eine noch das andere geeignet oder hat er seine Schutzwürdigkeit durch bereits erfolgte anderweitige Eingriffe eingebüßt, so kann von einer Beeinträchtigung im Sinne des § 35 Abs. 2 BauGB keine Rede sein (vgl. BVerwG, Urteile vom 24. August 1979 - BVerwG 4 C 8.78 - und vom 19. April 1985 - BVerwG 4 C 54.82 UPR 1985, 425; Beschluß vom 8. September 1977 - BVerwG 4 B 41.77 - Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 140). Soweit zu klären ist, ob sich die Errichtung einer Windkraftanlage auf die Qualität der Umgebung nachteilig auswirken kann, ist überdies zu berücksichtigen, daß die Neuartigkeit dieser Anlagen allein sich nicht als Beleg oder auch nur als Indiz dafür werten läßt, daß die natürliche Eigenart oder die Erholungsfunktion der Landschaft beeinträchtigt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Februar 1983 - BVerwG 4 C 18.81 - BVerwGE 67, 23 = UPR 1983, 301). 

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